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Keine Panik, liebe Raucher: Ihr dürft auf E-Zigis umsteigen

Schadstoffe in E-Zigaretten: Alles halb so wild.
Schadstoffe in E-Zigaretten: Alles halb so wild.Bild: KEYSTONE
Studie #unfucked

Keine Panik, liebe Raucher: Ihr dürft auf E-Zigis umsteigen

Elektrische Zigaretten enthalten die zehnfache Menge eines krebserregenden Stoffes von normalen Kippen. Darauf kam eine japanische Studie – angeblich.
03.12.2014, 10:3104.12.2014, 11:34
Roman Rey
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«E-Zigaretten sind schädlicher als klassischer Tabak» titelte watson vergangene Woche – nicht als einziges Medium. Die News, dass eine getestete Marke zehnmal so viel krebserregendes Formaldehyd wie normale Zigaretten enthält, ging um die Welt. Sie verleitete viele Medien zum Schluss, dass elektrische Glimmstängel wohl doch um Einiges schlimmer sind als gedacht. Auch uns. 

Dafür bekamen wir von aufmerksamen Lesern viel Kritik zu hören – was uns dazu bewegte, noch einmal genauer hinzuschauen. Und tatsächlich: Die Meldung entpuppt sich als Sturm im Wasserglas. Sorry für die unnötige Aufregung und danke für die Hilfe, liebe Leser.

watson-User kritisieren Falschmeldung über E-Zigis

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watson-User kritisieren Falschmeldung über E-Zigis
"E-Zigaretten sind schädlicher als klassischer Tabak" – so titelte watson am 27. November 2014. Die News stellte sich später als Falschmeldung heraus.
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Aussage aus einem Interview

Schaut man sich die Studie aus Japan genauer an, ist der besagte Wert nirgends zu finden. Zehnmal so viel krebserregendes Formaldehyd? Die Resultate ergeben, dass die getesteten E-Zigaretten bis zu 50 Mal weniger (!) Formaldehyd enthalten als Pyro-Zigaretten. Die E-Zigarette mit dem höchsten Wert des Stoffes hat immer noch sechsmal weniger Formaldehyd als herkömmliche Zigaretten, wie der renommierte Kardiologe Dr. Konstantinos Farsalinos in seinem Blog festhält. Farsalinos ist bei der Studie als «externer Lektor» aufgeführt. 

Doch wie konnte es zu der Falschmeldung kommen? Die Schlagzeile kommt von einer Aussage, die Studien-Autor Kanae Bekki in einem Interview gemacht hat: «Bei einer E-Zigaretten-Marke fand das Team mehr als zehnmal so viel Karzinogene [krebserregende Stoffe, Anm. der Red.] wie bei einer normalen Zigarette.» Dieses Experiment fand jedoch nicht im Rahmen der Studie statt und wurde möglicherweise unter ganz anderen Bedingungen durchgeführt. Das Resultat wurde nicht von anderen Wissenschaftlern bestätigt.

Die Studie sagt das Gegenteil

Die Publikation hingegen deutet sehr wohl darauf hin, dass E-Zigaretten weniger schädlich als herkömmliche Kippen sind, zumindest was den Schadstoff Formaldehyd angeht. Bei zehn Zügen ergab sich ein Durchschnittswert von 4 Mikrogramm. Die E-Zigarette mit dem höchsten Wert wies 34 Mikrogramm auf. 

Zum Vergleich nehmen wir eine Studie mit herkömmlichen Zigaretten aus dem Jahr 1989. Diese ergab, wie in der Grafik ersichtlich, deutlich höhere Werte. Der höchste Wert der E-Zigi kommt nicht mal an den Durchschnittswert der herkömmlichen Zigarette heran.

Ein vergleich zweier Studien zeigt: Bei zehn Zügen nimmt man bei der E-Zigarette deutlich weniger Formaldehyd auf.
Ein vergleich zweier Studien zeigt: Bei zehn Zügen nimmt man bei der E-Zigarette deutlich weniger Formaldehyd auf.Grafik: watson/Petar Marjanovic 

Dies bestätigen weitere Publikationen: Gemäss einer aktuellen Studie von 2014 hat eine E-Zigarette durchschnittlich 13 Mal weniger Formaldehyd als eine herkömmliche Zigarette. Auch eine kanadische Studie aus dem Jahr 2008 zeigt bei klassischen Zigaretten deutlich mehr.

Die Menge macht das Gift

Dazu kommt, dass Formaldehyd allgegenwärtig und in geringen Mengen harmlos ist: Es existiert in unserem Körper und wird zur Herstellung von Süsstoffen, Düngemitteln und Klebstoffen verwendet. «Erst im Zusammenhang mit anderen Rauchstoffen wie Teer, Kohlenmonoxid und polycyclischen Kohlenwasserstoffen wird es schädlich», sagt Jean-François Etter von der Uni Genf zu watson. Diese seien in E-Zigaretten nicht nachgewiesen worden.

«Weniger Raucher steigen um. Und wenn weniger umsteigen, sterben mehr.»
Jean-François Etter, Uni Genf

Der Suchtforscher findet es bedenklich, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die E-Zigarette bekämpft. Dass das gesundheitliche Risiko dort kleiner sei, sei in Expertenkreisen unumstritten. Gemäss einer Umfrage in Grossbritannien denken immer mehr Menschen, dass die E-Zigaretten mindestens so schädlich sind wie die normalen. «Das führt dazu, dass weniger Raucher umsteigen», ist Etter überzeugt. «Und wenn weniger umsteigen, sterben mehr an den Folgen des Rauchens.»

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stefan Taubert
03.12.2014 14:18registriert Dezember 2014
Danke liebe Redaktion & an Herrn Rey !
Auch von mir aus Berlin meinen Respekt für das Eingestehen eines Fehlers und dessen erklärender Korrektur. Kein Mensch ist vor Fehlern gefeit. Das was nach einem Fehler geschieht, ist allerdings mindest genauso wichtig und hier hat WATSON dann eindeutig Chatrakterstärke gezeigt. Diese Form von Journalismus empfinde ich als richtig ! Schade, dass - für mich als Deutschen - ich mich auf ein schweizer Medium berufe, anstatt das auf ein bundesdeutsches Medium tun zu können.
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ausgang14
03.12.2014 20:02registriert Dezember 2014
Eine Falschmeldung kann ja in der Hitze des Gefechts mal durchrutschen ohne daß dann mal reflektiert wird, was man da eigentlich so schreibt. Man greift halt auf dpa-Meldungen zurück, andere auf - wie wir das in unserer Branche so nennen (Druckbranche) - Stehsatz zurück.

Wenn aber watson.ch den Irrtum (Falschmeldung) erkennt, und das dann wieder absolut korrekt und ehrlich zurück nimmt und richtig darstellt, dann haben sie von mir den höchsten Respekt!!!

Wir Dampfer (in aller Regel Exraucher) wissen das zu schätzen. Wir wissen, was wir jetzt tun und auch warum!

Vape-on ausgang14
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Rudi66
03.12.2014 13:19registriert November 2014
Hut ab das Ihr da ein Korrigendum macht!!!
Dazu noch ein ausführliches!
Danke und Chapeau!
Rudi
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