Das Vorhaben erscheint radikal: Um 25 Prozent sollen die Privathaushalte im US-Bundesstaat Kalifornien ihren Wasserverbrauch senken – und zwar binnen eines Jahres. Seit vier Jahren leidet das Land unter einer Dürre. «Die Leute sollten sich klarmachen, dass wir in einem neuen Zeitalter leben», erklärte Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown am Mittwoch. Das verdeutlichen auch die Zeitraffer-Karten der kalifornischen Dürre (siehe folgende Diashow):
Über die Wassersparpläne wird in den USA lebhaft debattiert. Es geht schliesslich um den mit Abstand bevölkerungsreichsten Bundesstaat des Landes. Für sich genommen ist Kalifornien mit seinen fast 40 Millionen Einwohnern die achtgrösste Volkswirtschaft der Welt. Und ausgerechnet dort ergreift die Regierung nun Massnahmen, die man sonst nur aus unterentwickelten Ländern kennt.
Dass Kalifornien seinen Umgang mit Wasser radikal verändern muss, daran zweifelt kaum noch jemand. Denn die Wasserknappheit und der kalifornische Lifestyle setzen dem Staat immer mehr zu. Die renommierte New York Times schreibt von einem Test der «Geschichte des endlosen Wachstums» und zeigt eindrückliche Bilder, auf denen saftig grüner Rasen bewässerter Eigenheime inmitten trostloser Dürre liegen. Setzt die Natur Kaliforniens Lifestyle ein Ende?
Browns Pläne stossen jedenfalls auf Widerstand. Dass in erster Linie Privathaushalte in die Pflicht genommen werden - und nicht die Landwirtschaft -, empört die Menschen. Sie sollen ihren Verbrauch drastisch senken, Grossverbraucher werden geschont.
Die Kürzungen gelten ausdrücklich auch für Golfplätze, öffentliche Parks und Grünanlagen, Mittelstreifen auf Strassen und Friedhöfe. Auf dem East Lawn Memorial Cemetery in Sacramento macht man sich deshalb Sorgen: «Die Leute erwarten grünes Gras, wenn sie die Gräber ihrer Angehörigen besuchen», sagt Lisa West vom Management des Friedhofs in der Zeitung «The Sacramento Bee». Man habe eine Verantwortung den Familien gegenüber, den Ort würdevoll zu gestalten.
Für den Wasserexperten Jonas Minton von der Umweltschutzorganisation Planning and Conservation League kommt Browns Initiative «viel zu spät». Vor allem aber sei sie wenig effektiv, weil der Staat nicht gegen das Abpumpen von Grundwasser und bewässerungsintensive Pflanzen in der Landwirtschaft vorgehe, sagte er der «Los Angeles Times».
Auch die Agrarlobby kritisiert Browns Pläne, obwohl sie vergleichsweise glimpflich davonkommt. So bemängeln Farmer mit alten Wasserrechten, dass sie schon im zweiten Jahr in Folge keine Lieferungen aus dem staatlichen kalifornischen Bewässerungsprojekt mehr bekämen. 400'000 Hektar Fläche habe man nicht bewirtschaften können, dies bedeute einen Umsatzverlust von zwei Milliarden Dollar.
Für Empörung sorgt Browns Aufforderung, es doch mit Pflanzen zu versuchen, die weniger Wasser benötigen. Eine solche Regulierung von Pflanzen störe den freien Markt und habe unerwünschte ökonomische Nebenwirkungen, sagte Jeffrey Mount vom privaten Public Policy Institute of California. «Nach unserer Auffassung macht die Regierung keine gute Arbeit, wenn sie entscheidet, was angebaut wird und was nicht.» In einigen Gegenden könnten drastische Massnahmen der Regierung dramatische wirtschaftliche und soziale Folgen haben, warnt Mount in der Zeitung «Los Angeles Times». Man müsse deshalb sehr sorgsam vorgehen.
Dass der Gouverneur die Bauern schont, verwundert kaum. In Kaliforniens Wirtschaft spielen Farmer eine enorm wichtige Rolle. Im zentralen Tal des Westküstenstaats wird auf einer Länge von 700 Kilometern das meiste Obst und Gemüse in den USA produziert. 80 Prozent aller Mandeln der Welt kommen aus dem Central Valley. Mehr als 40 Milliarden Dollar bringt der Verkauf der Agrarprodukte aus dem «Golden State» jährlich ein.
(hda)