Am Mittwochabend gingen in der Hauptstadt Bukarest trotz eisiger Temperaturen mindestens 100'000 Menschen auf die Strasse, wie mehrere Medien berichteten.
Nach Angaben der Nachrichtenwebsite «HotNews» war es die grösste Demonstration in Bukarest seit 25 Jahren. Offizielle Schätzungen der Teilnehmerzahlen lagen nicht vor.
Auch in den Städten Cluj, Timisoara und Sibiu machten tausende Demonstranten ihrem Ärger Luft. Insgesamt zählten die Medien Proteste in 46 Ortschaften.
Nach einer Neuregelung soll Amtsmissbrauch nur dann mit Gefängnis bestraft werden können, wenn der dadurch entstandene Schaden mindestens 200'000 Lei (rund 47'500 Franken) beträgt.
Zugleich soll die Begünstigung eines Straftäters in diesem Zusammenhang völlig straffrei bleiben, wenn dieses Delikt zwischen Familienmitgliedern geschieht.
Rumäniens sozialliberale Regierung hatte diese Regulierung trotz der Proteste am Mittwoch per Eilverordnung durchgeboxt.
Eilverordnungen treten sofort in Kraft und haben unumkehrbare Folgen, selbst wenn das Parlament sie später ausser Kraft setzt.
Der bürgerliche Staatspräsident Klaus Iohannis sprach von einem «Trauertag». Der Rechtsstaat habe von den Gegnern der Justiz, der Gerechtigkeit und des Kampfs gegen Korruption einen schweren Schlag bekommen.
Das Dekret soll nach Meinung von Kritikern den Vorsitzenden der mitregierenden Sozialisten (PSD), Liviu Dragnea, schützen.
Dieser steht unter dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs mit einem Schaden von 100'000 Lei vor Gericht.
Die Spitze der EU-Kommission kritisierte die von Rumänien beschlossene Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze ungewöhnlich scharf.
Der Kampf gegen Korruption müsse vorangebracht, nicht rückgängig gemacht werden, erklärten EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sein Stellvertreter Frans Timmermans am Mittwoch in Brüssel.
Die Behörde verfolge «die jüngsten Entwicklungen in Rumänien mit grosser Sorge». Die Kommission bewertet seit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 Fortschritte beider Länder im Bereich der Justizreform und im Kampf gegen die Korruption. (cma/sda/dpa/afp)