Eine epische Schlacht steht an, meine Damen und Herren! Ein Generationenkrieg! Diesen Eindruck konnte jedenfalls gewinnen, wer am Freitagabend die «Arena» einschaltete. Die Altersvorsorge 2020 stand auf dem Menü, keine leichte Kost für eine Tropennacht wie diese. Um die Debatte etwas bekömmlicher zu gestalten, stellte das Team von Jonas Projer die Sendung unter das Motto: «Rente – Jung gegen Alt?»
Andri Silberschmidt, Chef der Jungfreisinnigen, und Benjamin Fischer, Präsident der Jungen SVP, traten an, um ihre Generation vor der «Scheinreform» zu warnen. Als Gesichter der «Alten» hielten CVP-Nationalrätin Ruth Humbel und SP-Ständerat Hans Stöckli her. Grundsätzlich, da waren sich alle einig, braucht es eine Reform. Denn die Menschen werden immer älter, und immer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr Rentner aufkommen.
Mit der Lösung, auf die sich das Parlament diesen Frühling nach jahrelangem Seilziehen geeinigt hatte (siehe Video oben), sind die beiden Jungbürgerlichen aber so gar nicht einverstanden. Die Reform geht für sie zu wenig weit, zu zaghaft sei etwa die Senkung des Umwandlungssatzes für die Pensionskassen-Renten. Besonders sauer stösst ihnen zudem auf, dass Neurentner künftig sogar 70 Franken mehr AHV erhalten sollen.
Die Probleme würden nur verschoben – die Jungen müssten später dafür bluten, so das Credo der beiden. «Wenn meine Handyrechnung hoch ist, dann überlege ich mir nicht, ob ich noch mehr telefonieren soll, sondern versuche, die Ausgaben zu reduzieren», so Silberschmidt. Fischer verglich die AHV derweil mit einer Badewanne, bei der oben weniger Wasser hineinläuft als unten wieder heraus.
Während die beiden ihre Überzeugungen wort- und metapherngewaltig kundtaten, setzte Befürworterin Ruth Humbel auf die Macht der Zahlen. In einer beeindruckenden Kadenz spie die Aargauerin Prozentsätze, Jahreszahlen und Frankenbeträge, um die Notwendigkeit der Reform zu untermalen. Seit zwanzig Jahren sei an der Urne keine Altersreform mehr durchgekommen, die Zeit dränge, beschwor sie die heimischen Fernsehzuschauer.
Der Berner Hans Stöckli – im Übrigen selber seit kurzem Pensionär – appellierte ebenfalls an die staatsbürgerliche Vernunft: «Die schlechteste Reform ist gar keine Reform», so sein Mantra.
An den Rand der Verzweiflung trieb die Befürworter, mit welcher Nonchalance die Jungpolitiker diese komplexe Vorlage in einfache Bilder gossen. Sie ziehe es vor, faktenbasiert zu politisieren und nicht einfach «aus dem Bauch heraus» etwas zu behaupten, herrschte Humbel die beiden an. Immer wieder bemühte sie sich, zu verdeutlichen, dass die Vorlage ohne Zückerchen wie den 70-Franken-Zustupf für Neurentner beim Stimmvolk keinen Stich habe. Ausserdem sei es eben die Idee des AHV-Systems, dass die Jungen für die Alten zahlten.
Silberschmidt, angesichts der hochsommerlichen Temperaturen im T-Shirt angereist, quittierte die Standpauken jeweils mit einer spöttisch hochgezogenen Augenbraue. Dem Zuschauer bot die «Arena» an diesem Abend auch erstklassiges Anschauungsmaterial dafür, wie sich der politische Stil in der Schweiz über die Jahre gewandelt hat. Das Bemühen der alten Polithasen, parlamentarische Prozesse nachzuzeichnen und die Mechanik der Mehrheitsbildung zu erläutern, stand in krassem Kontrast zu den hochtrabenden Plänen, mit denen die beiden Jungpolitiker ihre Wähler köderten.
Verstärkung erhielt das Duo Humbel-Stöckli schliesslich aus der zweiten Reihe: Luzian Franzini, Co-Präsident der Jungen Grünen und selber Anfang zwanzig, griff seine Altersgenossen frontal an. «Die beiden Herren da vorne vertreten nicht unsere Generation. Sie vertreten vor allem die Interessen der obersten zehn Prozent in der Schweiz.» Was den beiden an der Reform nicht passe, sei, dass die AHV und damit die Umverteilung gestärkt werde: Ein Millionär zahle viel mehr ein als der Durchschnittsbürger, bekomme aber nicht mehr zurück. «Das ist es, was euch wirklich stört. Darum wollt ihr die AHV auch ausbluten lassen.»
So bröckelte im Laufe der Sendung dann auch die These des bevorstehenden Generationenkriegs. Zu vielfältig sind die Interessen in den beiden Lagern: So dürften etwa manche der heutigen Pensionäre der Reform skeptisch gegenüberstehen, weil sie vom 70-Franken-Zustupf nicht profitieren. Bei den Jungparteien treten neben Jungfreisinnigen und JSVP zwar auch die Juso für ein Nein ein – allerdings aus diametral anderen Gründen: Sie stören sich an der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre und würden den Umwandlungssatz der Pensionskasse am liebsten gar nicht senken.
Dass seine eigene Jungpartei dem Pro-Komitee die Gefolgschaft verweigert, fuchste SP-Mann Stöckli sichtlich. Immerhin diente ihm die unheilige Allianz aber als Beweis dafür, dass es in einer direkten Demokratie eben nicht möglich ist, Lösungen zu zimmern, die alle zufrieden stellen. Besser in kleinen Schritten vorwärtsgehen, als totalen Schiffbruch zu erleiden, so seine Botschaft.
Und auf diese Frage läuft die Debatte über die Rentenreform am Ende hinaus: Braucht es einen grossen Wurf, der alle Probleme der Altersvorsorge auf einen Schlag löst? Oder reicht es, wenn die Lösung der Schweiz für weitere zehn Jahre «Luft zum Atmen» gibt, wie es ein Informatikstudent aus dem Publikum ausdrückte? Die Stimmbürger können ihre Meinung am 24. September kundtun.