Die Corona-Impfung ist so etwas wie der Super-Joker gegen die Pandemie. Eine Raus-aus-dem-Gefängnis-Karte im Corona-Monopoly. Doch noch hat der Super-Joker in der Schweiz seine volle Kraft nicht freigesetzt. Es hapert noch an zu vielen Fronten.
Auch im März geht es langsam voran mit den Impfungen. Gerade mal 8,7 Dosen wurden per 100 Personen verabreicht. Zur Erinnerung: Ende Juni will die Schweiz alle geimpft haben, die das auch möchten. Bis dahin ist es noch ein sehr weiter Weg.
Anfang Februar liess das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verlauten, dass man neue Kaufverträge mit den Impfstoffherstellern Novavax und Curevac abgeschlossen habe. Insgesamt elf Millionen Dosen wurden bestellt. Zusätzlich zu den 21,8 Millionen Dosen, die man sich bereits bei Pfizer und Biontech, Moderna und AstraZeneca gesichert hat und womit man nicht nur die gesamte Schweizer Bevölkerung, sondern auch halb Österreich impfen könnte.
Die Diversifizierungsstrategie des Bundes macht durchaus Sinn, haben sowohl Moderna als auch Pfizer und Biontech derzeit Probleme, die bestellten Dosen auch tatsächlich auszuliefern, und ist AstraZeneca immer noch nicht zugelassen.
Nun ist es jedoch so, dass weder Curevac noch Novavax bis jetzt überhaupt einen Zulassungsantrag bei Swissmedic gestellt haben. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte ein Sprecher von Curevac, dass man dies voraussichtlich im April plane. Auch eine Niederlassung in der Schweiz oder eine Betriebsgenehmigung ist nicht vorhanden. Beides sind jedoch Voraussetzungen, um überhaupt eine Zulassung zu bekommen.
Das BAG rechnet in seinem Lieferszenario damit, dass erste Chargen von Novavax und Curevac bereits im Mai kommen sollen. Dieser Plan ist sportlich, hat Swissmedic doch bei den beiden Impfstoffen von Moderna und Pfizer mindestens zwei Monate gebraucht, um sie zuzulassen.
Beim Impfstoffhersteller Johnson & Johnson stellt sich genau das gegenteilige Problem. Das US-Gesundheitskonglomerat hat seinen Impfstoff, bei dem es nur eine Dosis braucht und der deswegen auch als Hoffnungsträger im Kampf gegen die Pandemie gilt, bereits im Dezember zur Zulassung angemeldet.
Der «Tages-Anzeiger» berichtete, dass Swissmedic den Impfstoff in den nächsten Tagen zulassen wird. Das wird jedoch vorläufig nicht viel an der hiesigen Impfstoff-Knappheit ändern, denn: Die Schweiz hat bis jetzt noch gar nichts bei Johnson & Johnson bestellt. Von offizieller Seite heisst es, dass die Verhandlungen noch laufen. Dies schon seit Januar. Auch Johnson & Johnson bestätigt dies auf Anfrage, will jedoch keine näheren Angaben machen, wann es zu einem Vertragsabschluss kommen könnte.
Ob ein Vertragsabschluss mit Johnson & Johnson zu einer sofortigen Erhöhung der verfügbaren Dosen führen wird, bleibt Spekulation. Das Unternehmen wollte sich nicht dazu äussern. Offiziell heisst es jedoch, dass man pro Jahr bis zu einer Milliarde Dosen herstellen kann.
Mit dem britischen Hersteller AstraZeneca hat die Schweiz bereits seit langem einen Kaufvertrag von über 5,3 Millionen Dosen. Doch noch immer ist der Impfstoff hierzulande nicht zugelassen. Swissmedic wartet noch auf Ergebnisse einer grossen Phase-3-Studie, welche voraussichtlich Mitte März kommen sollen.
In den letzten Wochen überschlugen sich jedoch die Negativmeldungen über den Impfstoff. Er solle nicht ausreichend vor milden Verläufen bei einer Ansteckung mit dem südafrikanischen Mutanten schützen. In Folge dessen lehnen immer mehr Menschen den Impfstoff ab. In Deutschland, wo er bereits zugelassen ist, schwänzen Menschen ihren Impftermin, damit sie nicht das AstraZeneca-Vakzin verabreicht bekommen.
Dies ist zumindest fragwürdig, zeigen neue Studien doch, dass der Impfstoff schwere Erkrankungen in bis zu 94 Prozent der Fälle verhindert.
Das BAG liess die negative Berichterstattung anscheinend nicht kalt. Nora Kronig, Vizedirektorin des BAG und federführend bei der Impfstoffbeschaffung, denkt offenbar sogar darüber nach, das Vakzin weiterzuverkaufen. «Die Schweiz ist in der heutigen Ausgangslage nicht auf die Dosen von AstraZeneca angewiesen», sagte sie. Denn ab Mai würden der Schweiz genügend andere Dosen zur Verfügung stehen. Also auch jene von Novavax und Curevac zum Beispiel, die noch gar keinen Zulassungsantrag gestellt haben.
Summa summarum: Die Schweiz will einen Impfstoff verkaufen, welcher nachweislich vor schwerer Krankheit schützt, hat keinen Kaufvertrag mit einem Hersteller, der in den nächsten Tagen eine Zulassung bekommen könnte, und hat zwei Kaufverträge mit Herstellern, die noch gar keine Zulassung beantragt haben.
Ist das Tohuwabohu mit der Impfstoffbeschaffung dereinst geregelt, stellt sich die Frage, ob die Schweiz überhaupt bereit ist, genügend Dosen pro Tag zu verabreichen. Dänemark hat vor ein paar Tagen getestet, ob eine Massen-Impfung funktionieren würde. Knapp 40'000 Dosen wurden an einem Tag verabreicht.
In der Schweiz gibt es derzeit keine Pläne für einen solchen Test. Damit hierzulande das offiziell vorgegebene Ziel erreicht werden kann, bis Ende Juni alle geimpft zu haben, müssen aber bald mehr als 40'000 Personen pro Tag geimpft werden. Gesundheitsminister Alain Berset gab als Richtwert 130'000 pro Tag vor.
Dieses Ziel soll bis Juni erreicht werden. Dafür brauche es eine sorgfältige Planung, wie Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF), sagt. «In den nächsten zwei Monaten muss die Schweiz unbedingt in die Planung investieren, ansonsten ist dies nicht zu schaffen.»
Die Kantone geben sich hingegen zuversichtlicher. Eine Umfrage des «SRF» bei allen Kantonen hat ergeben, dass sie bereit wären, rund 110'000 Impfungen pro Tag durchzuführen.
Die offizielle Impfstrategie der Schweiz sieht vor, dass jede Person, die geimpft wird, nach rund drei Wochen die zweite Dosis erhalten soll. Grossbritannien hingegen setzt auf die Strategie, dass möglichst viele Menschen so schnell wie möglich eine erste Impfdosis erhalten. So konnte bereits über 20 Millionen Einwohnern eine erste Dosis verabreicht werden, doppelt geimpft sind hingegen erst rund 800'000.
Der Gedanke dahinter: Die Vakzine bieten bereits nach der ersten Dosis einen sehr guten Schutz. Das Infektionsgeschehen liesse sich besser beherrschen, wenn zuerst möglichst viele Personen diesen ersten Schutz erhielten.
Der deutsche Politiker und Epidemiologe Karl Lauterbach gibt den Briten recht: In einer kürzlich veröffentlichten Studie errechnete er gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern, dass man bei einer Umstellung auf die britische Strategie bis zu 14'000 Menschenleben in Deutschland retten könnte.
Hier neue Studie von Ben Maier, @DirkBrockmann, Michael Meyer-Hermann und mir zu Vorziehen erster Impfdosis. Studie zeigt, dass je nach Verlauf 3. Welle zwischen 8-14.000 Covidtote durch Umstellung der Impfstrategie allein bei uns verhindert würden https://t.co/SiiE5OT5Hg pic.twitter.com/qlk18toaBc
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) March 1, 2021
In der Schweiz denkt man bis jetzt nicht über einen Strategiewechsel nach. «Die Gruppe, welche zurzeit geimpft wird, also die Alten und besonders Vulnerablen, muss vollständig geschützt werden» sagt Christoph Berger. Einen Strategiewechsel könne man sich frühestens dann überlegen, wenn die Impfung allen offen steht. «Und bis dahin sollte sich das Thema sowieso erledigt haben, da dann genügend Impfstoff vorhanden sein sollte».
Ich glaube es einfach nicht! Das spricht die pure Arroganz. Ich würde diese Impfung sofort nehmen.
Impfstoss von AstraZeneca zulassen und die Freiwilligen aller Altersklassen mit diesem Stoff impfen. Und zwar vollgas!
Ich möchte endlich diese sch**** Pandemie in den Griff bekommen. Aber so wie es aussieht gibt es Leute in unserem Land die dies nicht wollen...