Mit Spanien und England mussten bereits zwei europäische Ex-Weltmeister die Heimreise antreten. Nun traf es auch Italien. Im Spiel gegen Uruguay standen sie lange Zeit taktisch sehr diszipliniert – vielleicht sogar zu diszipliniert.
Der italienische Trainer Cesare Prandelli stellte sein System erneut um. Er liess sein Team in einer 3-5-2-Formation antreten; es war die dritte verschiedene Anfangsformation im dritten WM-Spiel. Die meiste Zeit interpretierten die Italiener dieses System allerdings sehr defensiv. Gerade die Aussenverteidiger hielten sich zurück, sodass sie oft im 5-3-2 verteidigten. Auch die Uruguayer setzten zunächst einmal auf Disziplin und defensive Stabilität. Sie ordneten sich in derselben 5-3-2-Formation an wie die Italiener, auch ihre Aussenverteidiger hielten sich zurück. Es entstand ein Spiel, das typisch ist, wenn zwei defensiv ausgerichtete Mannschaften mit derselben Formation aufeinandertreffen: Zahlreiche direkte Duelle im Mittelfeld prägten das Spiel, Durchbrüche hinter die Abwehr gab es selten.
Beide Teams achteten dabei penibel darauf, das gegnerische Mittelfeld nicht ins Spiel kommen zu lassen. Uruguay stellte gleich zwei Bewacher für Italiens Spielmacher Andrea Pirlo ab, wobei einer dieser Bewacher Stürmer Edison Cavani war. Sein Sturmpartner Suarez war daher im Pressing auf sich allein gestellt. Uruguay konnte Italiens Spielaufbau daher nicht effektiv stören, sodass die Italiener in der ersten Halbzeit den Ball lange durch die eigenen Reihen zirkulieren lassen konnten.
Italien wiederum schirmte bei gegnerischem Ballbesitz den eigenen Sechserraum mit drei Spielern ab. Uruguays Zehner Lodeiro bekam keine Räume zwischen den Linien, der Spielaufbau wurde geschickt von ihm ferngehalten. Uruguay fehlte daher der Verbindungsmann, um den Ball aus dem Mittelfeld zu den Stürmern zu bringen. Die Aussenverteidiger stiessen nur selten vor, sodass Uruguay das enge Zentrum der Italiener nicht umspielen konnte. Ihnen blieben nur lange Bälle – und diese fing Italien mühelos ab.
Erst nach der Pause wagte sich Uruguay weiter vor. Die Aussenverteidiger rückten weiter auf, während sich das Dreiermittelfeld tiefer positionierte. Die Marschroute war klar: Über die Flügel wollten sie ins Zentrum kommen, entweder über Kombinationen durch den Halbraum oder über Flanken. Prandelli stellte sein Team jedoch auf ein 54-1 um, wodurch Italien noch kompakter stand und die Breite des Feldes besser verteidigen konnte.
Allerdings wurden ihre Konter noch wirkungsschwächer, oft war Immobile als Stürmer auf sich allein gestellt. Erst die rote Karte gegen Marchisio öffnete die Räume für Uruguay. Diese warfen nun alles nach vorne, was sie hatten. Innenverteidiger Godin postierte sich als kopfballstarker Stürmer im gegnerischen Fünfmeterraum. Uruguay hatte stets drei bis vier Spieler im Strafraum und flankte nun früh den Ball ins Zentrum.
Ihre Attacken fuhren sie vor allem über die rechte Seite, wo der eingewechselte Pereira weit vorrückte. Zwischendurch kombinierte sich Uruguay auch durch das Zentrum, wobei Suarez als zurückfallender Stürmer positiv auffiel. Zunächst biss sich der Liverpoolstar in den Halbräumen fest, ehe er dann bei Chiellini zubiss. Italien hingegen konnte sich mit dem eigenen 531 nicht befreien und liess sich an den eigenen Sechzehner festnageln.
Am Ende war es ein Standard, der Uruguay den Erfolg brachte (81.). Doch ausser der Brechstange hatten sie spielerisch nur selten lichte Momente. Italien hatte am Ende grosses Pech mit den SchiedsrichterEntscheidungen. Wenn ihnen ein Vorwurf zu machen ist, dann dass sie weder vor noch nach der Pause effektiv und schnell genug im Umschaltspiel waren. Dennoch: Ihr Ausscheiden ist sehr unglücklich und kaum mit den taktisch schwachen Leistungen der Spanier und Engländer zu vergleichen.