Evgenii Dadonov hätte am Abend der Trade-Deadline in der NHL zu den Anaheim Ducks wechseln sollen. Die Vegas Golden Knights – Dadonovs aktuelles Team – schickten mit dem russischen Stürmer auch noch einen Zweitrunden-Draftpick nach Kalifornien. Dafür erhielten sie den Vertrag von Ryan Kessler, der wegen gesundheitlichen Problemen 2019 zuletzt gespielt hatte und den derzeit ebenfalls verletzten Verteidiger John Moore.
Doch nun hat die NHL diesen Trade annulliert. Und das sorgt für grosse Probleme – bei allen beteiligten.
Um den Trade nachvollziehen zu können, muss man einen Blick auf die finanzielle und sportliche Situation der Vegas Golden Knights werfen. Im Monat März stehen bereits acht Niederlagen zu buche bei fünf Siegen. Auch der Februar war aus Sicht des Wüstenteams äusserst durchzogen. Damit ist Vegas mittlerweile sogar aus den Playoff-Rängen gefallen.
Das Problem ist, dass die Mannschaft von Vegas eigentlich zu teuer ist. Der Salary Cap (also die Lohnobergrenze) beträgt in dieser NHL-Saison 81.5 Millionen. Mit dem herbstlichen Zuzug von Jack Eichel, der 10 Millionen US-Dollar jährlich verdient, ist die Lohnsumme der Golden Knights aber auf über 92 Millionen gestiegen. Das wäre grundsätzlich machbar, da es Möglichkeiten gibt, den Cap-Space von verletzten Spielern freizuschaufeln.
Zuerst war Jack Eichel nach seiner Bandscheibenoperation nicht einsatzfähig, nun fallen Mark Stone, Alec Martinez, Max Pacioretty und auch noch Goalie Robin Lehner aus und in den Playoffs wäre der Salary Cap dann nicht mehr in Kraft. Doch um vorher gewisse der derzeit verletzten Spieler wieder einzusetzen, müsste Vegas auf eine andere Art und Weise Cap-Space schaffen. Deshalb versuchten sie Evgenii Dadonov und sein Cap-Hit von fünf Millionen US-Dollar nach Anaheim zu verfrachten.
Das Problem an diesem Trade: Dadonov hat in seinem Vertrag eine modifizierte No-Trade-Klausel. Das bedeutet, dass der Russe eine Liste hat mit Teams, zu denen er nicht geschickt werden darf. Und da gehören auch die Anaheim Ducks dazu – vermutlich weil in Kalifornien die Steuern im US-Vergleich ziemlich hoch sind.
The @NHL announced today that it has invalidated Monday’s trade of Evgenii Dadonov from the @GoldenKnights to the @AnaheimDucks. https://t.co/fKiy112jTR pic.twitter.com/fILdMfzKS6
— NHL Public Relations (@PR_NHL) March 23, 2022
Die zwei Teams und die Liga segneten den Trade aber trotzdem ab, weil sie offenbar nichts davon wussten. Erst als sich Dadonov und sein Agent meldeten, wurde der Fehler bekannt. Bereits im letzten Sommer wechselte der 33-jährige Russe den Klub, damals stiess er von Ottawa zu Vegas. Deshalb werfen die Golden Knights nun den Kanadiern vor, diese Klausel beim Trade verschwiegen, oder fälschlicherweise behauptet zu haben, sie sei nicht mehr gültig. Eine offizielle, zentrale Stelle, wo solche Klauseln für die Teams und General Manager (GM) einsehbar wären, gibt es anscheinend nicht – das erstaunte selbst gestandene NHL-Journalisten wie Pierre LeBrun.
Zuallererst ist der missglückte Trade natürlich äusserst peinlich für die Vegas Golden Knights. Mit dem Spieler oder seinem Agenten vor einem Trade abklären, ob es eine derartige Klausel gibt, wäre keine grosse Aufgabe. Es bestätigt einmal mehr den Ruf, dass Spieler bei Vegas nur als Ware angesehen und dementsprechend auch behandelt werden. Marc-André Fleury, das erste grosse Gesicht der erst fünfjährigen Franchise, erfuhr letzten Sommer etwa über die Medien von seinem Trade zu Chicago und nicht vom Team direkt.
The Vegas Golden Knights recognize the league’s decision and welcome Evgenii back to our club. #VegasBorn
— Vegas Golden Knights (@GoldenKnights) March 23, 2022
Doch abgesehen vom Gesichtsverlust bedeutet das vor allem auch, dass die Golden Knights Evgenii Dadonov weiterhin im Team und auf der Lohnliste haben.
Damit hat GM Kelly McCrimmon natürlich nicht gerechnet und die Ausgangslage stellt ihn vor ein grosses Problem. Aktuell stehen Stürmer Mark Stone (Jahreslohn 9.5 Millionen Dollar) und Verteidiger Alec Martinez (Jahreslohn 5.25 Millionen Dollar) auf der Liste der Langzeitverletzten (Long Time Injured Reserve/LTIR) und bringen Vegas so etwas zusätzlichen Cap-Space. Doch damit die beiden wieder spielen könnten, müsste Vegas für Martinez zuerst 4'844'167 US-Dollar an Cap-Space freischaufeln, für Stone gar 9'094'167 US-Dollar.
After reverting the Dadonov trade, we now show #Vegas with only $405,833 in usable space remaining in their LTI Salary pool.
— CapFriendly (@CapFriendly) March 23, 2022
As a result they would now need to clear:
$4,844,167 to activate Martinez
$9,094,167 to activate Stone
They currently have a roster of 26
(15F - 9D - 2G) pic.twitter.com/v6lgvvK4rk
Wenn die Golden Knights locker in die Playoffs kämen, wäre das Problem deutlich kleiner. In den Playoffs müssen die Salary-Cap-Regeln nicht mehr beachtet werden, Stone und Martinez könnten dann ohne Mühe zurückkehren. Doch weil die sportliche Lage prekär ist, könnte die Mannschaft die Dienste dieser zwei Spieler eigentlich gut gebrauchen. Zumal Dadonovs Motivation für ein Team zu spielen, das ihn eigentlich abschieben wollte, sich in Grenzen halten dürfte und Vegas zum Saisonstart als grosser Titelkandidat gehandelt wurde.
Es ist auch möglich, dass GM McCrimmon gar dazu gezwungen wird, die beiden von LTIR zu nehmen, denn sobald ein Spieler nach der Verletzung einsatzbereit ist, müssen sie wieder aktiviert werden. Berichten zufolge sollen beide kurz vor dem Comeback gewesen sein und die anderen Teams werden Vegas in dieser Sache nun gut auf die Finger schauen.
Um zu verhindern, dass Vegas mit Martinez, Stone oder gar beiden im Kader über den Salary Cap kommt, hat McCrimmon eigentlich zwei Möglichkeiten. Entweder er schaut, dass er auch nach der Deadline noch Spieler per Trade abschieben kann – diese dürften einfach in dieser Saison nicht mehr eingesetzt werden. Oder er spart Geld, indem er einige Spieler in die AHL abschiebt und jeweils nur mit dem kleinstmöglichen Kader von 18 Feldspielern und zwei Torhütern antritt. Ohnehin gibt es für die Vegas Golden Knights derzeit keine einfachen Lösungen für ihre Probleme.
Der Wunsch des russischen Stürmers ist in Erfüllung gegangen: Er muss nicht nach Anaheim ziehen. Aktuell ist er wieder Teil der Mannschaft der Vegas Golden Knights und er verdient auch weiterhin sein Geld. Dadonov muss einfach darauf hoffen, dass Kelly McCrimmon nicht noch einmal versucht, ihn abzuschieben. Wenn er jetzt nach der Deadline noch getradet wird, dürfte er weder in den restlichen Partien der Regular Season noch in den Playoffs spielen.
Many people think the NHL Trade Deadline is a Trade Deadline. It’s not. Players can still be traded after the Trade Deadline. However, traded players cannot play in any regular season and/or playoff games this season with the acquiring team.
— Allan Walsh (@walsha) March 22, 2022
Für die Ducks hat sich nicht viel verändert. Natürlich wäre Evgenii Dadonov eine willkommene Verstärkung gewesen, für General Manager Pat Verbeek dürfte der Zweitrunden-Draftpick aber interessanter gewesen sein. Dass dies nun nicht geklappt hat, ist aber kein Problem. Die Kalifornier haben keine Chance mehr auf die Playoffs und deshalb an der Deadline «verkauft» und mit anderen Trades schon diverse Picks angehäuft. Anaheim hat nichts gewonnen, aber auch nichts verloren.
— Anaheim Ducks (@AnaheimDucks) March 23, 2022
Da gibt es eine Regel. Diese kann man aber aushebeln, wenn man dies und das macht. Aber dafür muss dann dort wieder was verschoben werden. Vorausgesetzt der Spieler hat keine Sonderregel im Vertrag.
Empfinde das nur ich so?