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Neutralitäts-Initiative: Blocher will der Schweiz Sanktionen verbieten

Blocher will der Schweiz Sanktionen verbieten – das steht in der Neutralitäts-Initiative

25.07.2022, 06:40
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Die Schweiz soll sich wie bisher aus militärischen Auseinandersetzungen anderer Staaten heraushalten müssen, neu aber auch keine Sanktionen ergreifen dürfen. Das will die Neutralitäts-Initiative des früheren SVP-Bundesrates Christoph Blocher.

Alt-Bundesrat Christoph Blocher spricht bei der Mitgliederversammlung der AUNS, am Samstag, 2. April 2022, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Alt-Bundesrat Christoph Blocher im April 2022 in Bern.Bild: keystone

Der Bundesrat breche die Neutralität, die die Schweiz 200 Jahre lang vor schrecklichem Kriegsgeschehen bewahrt habe, sagte Blocher in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem «Blick». Indem die Schweiz sich an Sanktionen gegen Russland beteilige, beteilige sie sich an Zwangsmassnahmen gegen eine Kriegspartei.

Von Classe politique missachtet

Die schweizerische Neutralität fordere das Gegenteil, sagte Blocher. Sei die Schweiz glaubwürdig neutral, könne sie eine besondere Stellung für den Weltfrieden einnehmen, sagte er und erinnerte dabei an das Treffen von US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Juni 2021 in Genf.

>> Ukraine-Krieg: Alle Entwicklungen im Liveticker

Das Volk stehe hinter der Neutralität, und die Classe politique missachte sie, so Blocher. Die Neutralitäts-Initiative sorge dafür, dass «die da oben auch hinter der Neutralität stehen müssen und nicht willkürlich die Schweiz in den Krieg treiben können».

Die Initiative verlangt, dass sich die Schweiz wie bisher nicht mit militärischen Mitteln an Kriegen beteiligen darf, aber ebenso wenig mit nicht-militärischen Zwangsmassnahmen. Blocher nannte dabei wirtschaftliche und personelle Sanktionen und «andere zivilen Zwangsmassnahmen».

Die Initiative stärke dem Bundesrat den Rücken. Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine habe die Regierung zunächst entschieden, sich nicht an Sanktionen zu beteiligen, aber deren Umgehung zu verhindern. Innert Tagen sei sie aber unter Druck eingebrochen. «Die Neutralitäts-Initiative zwingt den Bundesrat, Rückgrat zu zeigen.»

Wer im Initiativkomitee Einsitz nehmen wird, ist laut Blocher noch offen. Über die Zusammensetzung werde entschieden, wenn die Bundeskanzlei den Initiativtext geprüft habe. «Wir haben viele Namen», sagte er. Die Unterschriftensammlung solle im Herbst beginnen, ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen.

Nationalrat für Paradigmenwechsel

Neutralität und Sanktionen stehen seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine oben auf der politischen Agenda. Der Nationalrat beschloss im Juni einen Paradigmenwechsel in der Sanktionspolitik, gegen den Willen der SVP. Er will, dass der Bundesrat künftig eigenständig Sanktionen verhängen kann. Der Ständerat muss darüber noch befinden.

Heute kann die Schweiz Sanktionen der Uno, der EU oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernehmen. Umgesetzt werden sie gestützt auf das Embargogesetz.

Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) arbeitet zudem an einem aktualisierten Neutralitätsbericht. Es würden insbesondere die letzten dreissig Jahre aufgearbeitet und die Entscheide des Bundesrates zum Krieg in der Ukraine eingeordnet, sagte Aussenminister Ignazio Cassis im Juni im Parlament.

Ebenso werde erörtert, wie die Neutralität weiterentwickelt werden könne. «Die Neutralität ist kein starres Gebilde». Der Ständerat wünschte sich mit einem Postulat Überlegungen zu Waffenlieferungen, zur Nato und zum Handlungsspielraum für Sanktionen. (sda)

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340 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bert Stein
25.07.2022 06:55registriert November 2020
Jö, darf sein Töchterlein nicht mehr mit jedem Schurkenstaat geschäften und ging beim Papi flennen?
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el_barto_tiburon
25.07.2022 06:48registriert Oktober 2015
Nein liebe SVP! Einfach Nein! Immer wieder kommt er herausgekrochen und führ die Ewiggestrigen an…
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wohlfrivol
25.07.2022 06:56registriert Februar 2022
Ein aus der Zeit gefallener, alter Mann, der mit diesem veralteten Neutralitätsbegriff die Schweiz ein weiteres Mal ins Abseits schiesst.
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Trotz Stromexport im Winter: Es braucht ein Abkommen mit der EU
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