Das Wort «Krieg» gibt es bei «Russia Today» (RT) derzeit nicht. In den englischsprachigen Nachrichten des Senders ist stattdessen die Rede von einer «special operation», in der deutschsprachigen Version wird am Montagmorgen von einer «Militäroperation», der «Ukraine-Operation» oder der «Sonderoperation russischer Kräfte in der Ukraine» gesprochen.
Wenn es darum geht, wie viele ukrainische Soldaten gefallen sind, spricht der Moderator von der «Zahl der ausgeschalteten Nationalisten». Im Nachrichtenüberblick geht es um eine ältere Frau, die von russischen Truppen gerettet worden sei, von «befreiten Orten» und dem russischen Militär, das in ukrainischen Städten nur für Ordnung sorgen wolle.
In der englischsprachigen Version beklagen sich kurz darauf Gesprächsgäste darüber, dass die Nato den Konflikt provoziert habe. Der Talk steht unter dem Motto «entmilitarisieren» und «entnazifizieren» - die Begründung, die Putin für den Einmarsch gegeben hatte. Selbst in der News-Sendung wird die These der in den Krieg gedrängten Russen wiederholt - und zwar von US-Menschenrechtsanwalt Dan Kovalik, ein entschiedener Kritiker der US-Aussenpolitik.
Diese Einseitigkeit erstaunt nicht: Russia Today ist vom russischen Staat gegründet und wird von ihm finanziert. Das Netzwerk steht seit Jahren in der Kritik, weil es Regierungs-Propaganda verbreiten soll. Am Sonntag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, dass Russia Today und Sputnik in Europa verboten werden. Damit wolle die EU «giftige und schädliche Desinformationen» bekämpfen. Der Aussenbeauftragte Josep Borrell nannte die russischen Medien «Champions der Manipulation». Wie das Verbot umgesetzt werden soll, ist unklar.
Erste Telekom-Betreiber in Europa haben die Initiative ergriffen und den Sender verbannt. So teilte etwa der österreichische Anbieter Magenta, eine Tochter der Deutschen Telekom mit, die Verbreitung von Russia Today werde auf alllen Plattformen bis auf weiteres ausgesetzt.
Die Verbreitung des Senders RT „Russia Today“ wird auf allen Magenta TV Plattformen bis auf weiteres ausgesetzt.
— Magenta Telekom (@magentatelekom) February 27, 2022
In der Schweiz verbreiten unter den grösseren Anbietern die Swisscom und Salt das russische Staatsmedium. Sunrise führt den Sender nicht im Angebot. Bei der damals noch eigenständig auftretenden UPC wurde er im Jahr 2020 aus dem Programm gestrichen.
Dabei bleibt es allerdings nicht.
«Die Swisscom hat aufgrund der ausserordentlichen Situation entschieden, Russia Today per sofort und bis auf weiteres nicht mehr auszustrahlen», teilt Sprecherin Sabrine Hubacher auf Anfrage von CH Media mit. «Sollte sich die Situation in der Ukraine verändern, so werden wir dies neu beurteilen.»
Auch Salt geht diesen Schritt. «Wir sind dabei, die Blockierung des Senders Russia Today umzusetzen», sagt Sprecherin Viola Lebel.
Eine komplette Verbannung der russischen Staatsmedien in Europa dürfte aber technisch nur schwierig umzusetzen sein. Selbst wenn die Fernsehsender nicht mehr auf den Plattformen der grossen Anbieter geführt würden, liesse sich ihre Ausstrahlung im Internet kaum verhindern. Dort betreibt Russia Today zudem ein grösseres Newsportal in Englisch und Deutsch.
Ob ein Verbot von Russia Today das richtige Vorgehen ist, darüber herrscht Uneinigkeit. So sagte der britische Premier Boris Johnson laut dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» am Sonntag, er lehne ein Verbot des Senders durch die Regierung ab. Politiker sollten nicht das Recht haben, Medienorganisationen zu verbieten.
Russia Today füge der Wahrheit aber «eine Menge Schaden» zu und es sei wichtig, dass die Medienaufsichtsbehörde prüfe, ob der Sender den Standards entspreche. Eine solche Prüfung ist in Grossbritannien im Gang. Wenn der Sender die Standards für ausgewogene und wahrheitsgetreue Berichterstattung nicht einhält, könnte dem Sender die Lizenz entzogen werden.
Die kritische Haltung zu Russia Today & Co. beruht derweil auf Gegenseitigkeit. Erst vor zwei Wochen lästerte der russische Botschafter in der Schweiz über die hiesige Medienlandschaft. «In letzter Zeit bekommen wir in der Schweizer Presse immer mehr offensichtliche Fake News, immer mehr verlogene Zeitungsartikel zu lesen, die ganz dem Mainstream der westlichen Propaganda entsprechen», sagte Sergei Garmonin - natürlich im Gespräch mit «Russia Today».
Trotzdem kann man im Replay-TV noch zuvor gesendete Inhalte anschauen. Konsequenterweise müsste das auch weg, sonst dauert es noch Tage bis die Propaganda aus dem Replay-Zeitfenster rutscht. Hoffe es handelt sich jetzt vorerst um die schnelle Übergangslösung.