International
Türkei

In der Türkei beginnt der Prozess gegen Journalisten von «Cumhuriyet»

FILE - In this Friday, April 1, 2016 file photo, a Turkish journalist shows his press card as he covers his mouth with a black ribbon before the trial of Can Dundar, the editor-in-chief of opposition  ...
«Freie Presse, freie Gesellschaft»: Demonstrationen gegen die Festnahme von Journalisten in der Türkei.Bild: AP/AP

Prozessbeginn gegen türkische Journalisten von «Cumhuriyet» wegen Terrorvorwürfen

24.07.2017, 00:4424.07.2017, 05:45
Mehr «International»

In der Türkei beginnt am (heutigen) Montag der Prozess gegen 17 Journalisten der Zeitung «Cumhuriyet». Sie müssen sich wegen Unterstützung von Terrororganisationen verantworten. Zu den Angeklagten zählen der Chefredaktor, ein Kommentator und ein Karikaturist.

Konkret wird den derzeitigen und früheren Mitarbeitern der regierungskritischen Zeitung beim Prozess in Istanbul nach Angaben ihrer Anwälte Unterstützung von Terrororganisationen wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der linksextremen DHKP-C oder der Gülen-Bewegung vorgeworfen. Die türkische Führung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich.

Nach Angaben von Reportern ohne Grenzen drohen den Angeklagten bis zu 43 Jahre Haft. Beschuldigt sind unter anderem der ehemalige «Cumhuriyet»- Chefredakteur Can Dündar, der in Deutschland im Exil lebt, der derzeitige Chefredakteur Murat Sabuncu, «Cumhuriyet»-Herausgeber Akin Atalay und der bekannte Investigativjournalist Ahmet Sik. Zwölf «Cumhuriyet»-Mitarbeiter, darunter Sabuncu, Atalay und Sik, befinden sich in Untersuchungshaft.

Mehrere Organisationen, darunter Reporter Ohne Grenzen, hatten die Terrorvorwürfe als «politisch motiviert» zurückgewiesen. Vertreter von mehreren Organisationen wollten am Montag vor Prozessbeginn an einer Demonstration vor dem Gericht teilnehmen.

Tweets und Artikel als Beweise

In der Anklageschrift wird Dündar unter anderem beschuldigt, die Blattlinie geändert zu haben. Die Zeitung habe unter seiner Führung die «Terrororganisationen» PKK, die Gülen-Bewegung und die DHKP-C verteidigt, heisst es.

Als Indizien werden unter anderem Artikel angeführt. Etwa ein Bericht aus dem Jahr 2015, in dem die «Cumhuriyet» geheime Informationen veröffentlichte, die Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien belegen sollen.

Dafür wurden Dündar und der Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül in einem anderen Verfahren schon zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Geheimnisverrats verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Auch Twitter-Nachrichten der Journalisten werden in der Anklage aufgeführt. Im Fall des Investigativ-Journalisten Sik etwa mehrere, die den Konflikt zwischen der Regierung in Ankara und der PKK im Südosten des Landes thematisieren.Reporter ohne Grenzen, die Europäische Journalistenvereinigung, Pen International, das International Press Institute und das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit kritisierten, in keinem Land der Welt seien mehr Journalisten hinter Gittern als in der Türkei.

Nach Angaben der Europäischen Journalistenvereinigung sind dort inzwischen mehr als 150 Journalisten inhaftiert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 155 von 180. (sda/dpa/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
4-Tage-Woche: Erstes grosses Pilotprojekt in der Schweiz
Immer mehr Länder und Unternehmen testen die 4-Tage-Woche. Nun soll bald auch in der Schweiz ein gross angelegtes Pilotprojekt beginnen. Das Wichtigste zu den bisherigen Erkenntnissen, zur 4-Tage-Woche weltweit und in der Schweiz.

Vier Tage in der Woche arbeiten, drei Tage pausieren – und trotzdem 100 Prozent des Lohnes erhalten: Für viele klingt das zu gut, um wahr zu sein. Und trotzdem ist die 4-Tage-Woche seit einiger Zeit auf dem Vormarsch.

Zur Story