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Die SP kehrt in die Baselbieter Regierung zurück – die Reaktionen

Die neu gewählte Baselbieter Regierungsrätin Kathrin Schweizer (SP).
Die vier SP-losen Jahre in der Baselbieter Regierung sind vorbei: Kathrin Schweizer (SP). Bild: KEYSTONE

Auch in Basel gilt: Grüne top, SVP flop – SP zurück in der Baselbieter Regierung

31.03.2019, 20:27
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Nach vier Jahren Zwangspause kehrt die SP in die Regierung des Kantons Basel-Landschaft zurück: SP-Landrätin Kathrin Schweizer erobert den frei werdenden FDP-Sitz und schlägt SVP-Nationalrat Thomas de Courten klar. Im Parlament gewinnen die Grünen sechs Sitze, und die SVP verliert sieben.

In der Baselbieter Exekutive sind damit künftig SVP, FDP, CVP, SP und Grüne mit je einem Mitglied vertreten. Das entspricht dem Kräfteverhältnis der Lager vor den letzten Wahlen von 2015, bei denen die FDP der SP den einzigen Sitz abgenommen hatte - dies nach neun Jahrzehnten ununterbrochener Regierungszugehörigkeit.

Gewählt wurden jetzt Finanzdirektor Anton Lauber (CVP, 41'417 Stimmen), Sicherheitsdirektor Isaac Reber (Grüne, 40'561), Kathrin Schweizer (SP, 37'187), Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP, 33'551) sowie Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP, 32'338). Die Wahlbeteiligung lag bei 34,14 Prozent.

SVP-Kandidat de Courten abgeschlagen

Die 49-jährige Schweizer gehört seit 2007 dem Kantonsparlament an, wo sie zeitweise auch SP-Fraktionspräsidentin war. Zudem sitzt sie, die derzeit noch als Verkehrsplanerin im baselstädtischen Bau- und Verkehrsdepartement arbeitet, im Gemeinderat von Muttenz. Sie war zudem zehn Jahre lang Geschäftsführerin von Pro Velo beider Basel.

De Courten kam auf 23'617 Stimmen. Damit übertraf der 52-jährige Unternehmer zwar knapp ebenfalls das absolute Mehr, schied aber überzählig aus. Er hat den Ruf eines SVP-Hardliners; so hatte ihm die CVP die offizielle Unterstützung verweigert. Auf 16'913 Stimmen kam ferner der unbekannte Parteilose Samuel Mathys.

Thomas de Courten, SVP-BL, spricht an der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 7. Maerz 2018 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Nichts zu lachen: Thomas de Courten (SVP).Bild: KEYSTONE

Die freisinnige Bau- und Umweltschutzdirektorin Sabine Pegoraro, die seit 2003 mitregiert, hatte vor diesen Wahlen ihren Verzicht erklärt. Die FDP wollte diesen Sitz kampflos der SVP überlassen - der wählerstärksten Partei im Kanton Basel-Landschaft. Nun endet also eine über 50-jährige Zeit freisinniger Doppelvertretung.

Viele Proteststimmen

Schweizers Wahlerfolg hatte sich nach einem flauen Wahlkampf abgezeichnet. Die Wählerschaft hat damit das vierjährige SP-lose Interregnum im Baselbiet abgebrochen. 1925 war erstmals ein Sozialdemokrat in der Baselbieter Regierung gesessen; zeitweise in den 1930er- bis 1950er-Jahren sowie von 1989 bis 1999 stellte die SP gar zwei Regierungsräte.

Überraschend war, wie deutlich der Abstand ausfiel. Selbst in den Oberbaselbieter SVP-Stammlanden fiel de Courten ab - auch in seiner Wohngemeinde blieb der Nationalrat unter dem Strich. Er lag am Ende gar nur etwa ein Viertel seiner Stimmen vor dem parteilosen Aussenseiter Mathys, einem politisch unbeschriebenen Blatt mit Jahrgang 1975, der von Proteststimmen profitiert haben dürfte.

Lauber und Reber dürften aus unterschiedlichen Gründen an der Spitze liegen: Reber war als jovialer, skandalfreier Sicherheitsdirektor eines Landkantons unbestritten, und Lauber ist als Finanzdirektor Chef der gerade zu Sparzeiten zentralen Direktion.

Im ersten gemeinsamen Auftritt der künftigen Baselbieter Regierung lasen mehrere den Wahlausgang als Zeichen der Wählerschaft für die Konkordanz. So versprach Schweizer, eine «gewisse Diversität» und eine soziale Stimme in die Exekutive zu bringen. Weber schätzte, es sei wohl schlecht angekommen, dass die SVP zwei Sitze anstrebte.

Die Kirche wird indes im Dorf bleiben: Die Finanzpolitik werde sich angesichts der gleich gebliebenen Herausforderungen kaum ändern, betonte Lauber. Ob Schweizer von Pegoraro das Baudepartement übernimmt oder ob es zu Rochaden kommt, werde nach gründlichen Diskussionen entschieden, sagte Gschwind.

Parlament deutlich grüner

Auch im Kantonsparlament verschieben sich die Kräfte: Die SVP verliert 7 Landratssitze und kommt noch auf 21, während die FDP ihre 17 Sitze behält. Bisher hatten diese beiden Parteien zusammen just die Hälfte der 90 Sitze; mit neu 38 Sitzen haben sie die faktische Entscheidungsmacht nun verloren.

Die SP legt einen Sitz zu und wird mit neu 22 Sitzen stärkste Partei. Die Grünen gewinnen sechs Sitze und stehen mit neu 14 Sitzen an vierter Stelle.

Die CVP behält ihre 8 Sitze, und unverändert gehen auch EVP mit 4 und GLP mit 3 Sitzen in die neue Legislatur. Aus dem Baselbieter Parlament fällt hingegen die BDP, die ihren letzten Sitz nicht verteidigen kann. Dafür hat neu «Die Mitte» einen Sitz - hinter dieser Etikette steckt eine parteilose frühere Grüne-Unabhängige.

Prominente Abgänge

Zu den prominenten Neuzugängen im Landrat gehören Martin Dätwiler (FDP), Direktor der Handelskammer beider Basel, und Balint Csontos, Präsident der Baselbieter Grünen. Aus dem Landrat abgewählt wurden derweil ex-FDP-Präsident Paul Hofer, Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Buser (FDP) und Paul Wenger (SVP).

Nicht mehr ins Parlament geschafft haben es auch der frühere Finanzkommissions-Präsident Roman Klauser und Pascale Uccella, die wegen eines Streits um Mandatsabgaben aus der SVP ausgetreten waren und mit der AVP in Allschwil eine eigene Partei gegründet hatten. (sda/bal)

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90 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bud Spencer
31.03.2019 13:34registriert Dezember 2018
Hätte nicht gedacht, dass im tiefbürgerlichen Landkanton BL die Grünen und die SP zweit- und drittstärkste Kraft sein können. Freude herrscht!
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mostlyharmless
31.03.2019 14:25registriert Februar 2018
Der Baselbieter SVP-Präsident auf die Nachfrage, was er mit «Gender-Effekt» meint:
«Wenn de Courten eine Frau wäre, wäre er tatsächlich von vielen Frauen, die ja den Politikbetrieb nicht so gut wie wir kennen, äh also […] er hätte es sicher dann auch einfacher gehabt».
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*sharky*
31.03.2019 13:47registriert Oktober 2014
Freue mich schon auf die Kommentare aus der "Rechten" Regierungsecke und auch sonst...
Man/Frau konnte ja schon vor einer Woche (Zyri) ein Bisschen üben, quasi aufwärmen oder vorglühen.
Das Resultat war da schon äusserst "kreativ"...
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