John Bercow war in den letzten Monaten und Jahren eine der wenigen amüsanten Erscheinungen im britischen Unterhaus. Mit seinen markanten Einrufen wurde er weltweit bekannt.
Nun hat aber auch er genug: Bercow tritt spätestens per Ende Oktober von seinem Amt zurück. Sollte davor bereits eine Neuwahl ausgerufen werden, wolle er nicht mehr antreten, sagte er am Montag.
BREAKING: House of Commons Speaker, John Bercow announces, if MPs vote for a general election tonight, he will stand down.
— Sky News (@SkyNews) September 9, 2019
If there is no election, Bercow says he will stay in post until 31 October - the current Brexit deadline.
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Bercow hatte sich in der Auseinandersetzung um den Brexit zwischen Regierung und Parlament immer wieder für die Rechte der Abgeordneten eingesetzt. Er handelte sich damit den Vorwurf der Brexit-Anhänger ein, parteiisch zugunsten der EU-Befürworter zu sein.
Das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit trat derweil am Montag in Kraft. Das teilte der Sprecher des britischen Oberhauses mit. Königin Elizabeth II. habe das Gesetz gebilligt. Das Gesetz war vergangene Woche im Eiltempo durch beide Kammern des britischen Parlaments gepeitscht worden. Zuvor hatte Premierminister Boris Johnson angekündigt, das Parlament in eine fünfwöchige Zwangspause zu schicken, die noch am Montagabend beginnen sollte.
"This has been the greatest privilege and honour of my professional life"
— BBC Politics (@BBCPolitics) September 9, 2019
John Bercow receives a standing ovation from MPs, as he announces his intention to stand down as House of Commons Speakerhttps://t.co/e3Shcat2ql pic.twitter.com/TqtEmoI9yE
Das Gesetz sieht vor, dass der Premierminister eine Verlängerung der am 31. Oktober auslaufenden Brexit-Frist beantragen muss, wenn bis zum 19. Oktober kein Austrittsabkommen ratifiziert ist. Johnson lehnt eine Verlängerung jedoch kategorisch ab. Lieber wolle er «tot im Graben» liegen. Über das Gesetz will er sich trotzdem nicht hinwegsetzen. Spekuliert wird, dass die Regierung versuchen wird, anderweitig ein Schlupfloch zu finden.
Das Parlament wird erst wieder am 14. Oktober zusammentreten – also nur etwas mehr als zwei Wochen vor dem Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union. Johnson wollte am Montag noch vor Beginn der Zwangspause das Unterhaus ein weiteres Mal über eine Neuwahl abstimmen lassen.
Doch es galt als extrem unwahrscheinlich, dass er die dafür nötige Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten bekommt. Die Oppositionsparteien hatten dem Vorstoss schon im Vorfeld eine Absage erteilt. Bereits in der vergangenen Woche war Johnson mit einem ersten Antrag auf eine Neuwahl im Unterhaus durchgefallen.
Bei einem Besuch in Irland sagte Johnson am Montag ausdrücklich, dass er einen geregelten Brexit seines Landes zum 31. Oktober wolle. «Ich will einen Deal erreichen», so Johnson bei dem Treffen mit seinem irischen Amtskollegen Leo Varadkar in Dublin. Dies solle ohne die Einrichtung einer festen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland möglich sein. Wie das umgesetzt werden soll, verriet Johnson nicht.
Brüssel und Dublin fordern eine Garantie dafür, dass Kontrollposten an der Grenze zu Nordirland nach dem Brexit vermieden werden. Denn das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren. Bis eine andere Lösung gefunden wird, sollen für Nordirland weiter einige EU-Regeln gelten und ganz Grossbritannien in der EU-Zollunion bleiben.
Diese «Backstop» genannte Lösung lehnt Johnson jedoch strikt ab. Er sieht in der Klausel ein «Instrument der Einkerkerung» Grossbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt. Varadkar betonte jedoch am Montag: «Für uns gibt es keinen Deal ohne Backstop.»
Varadkar warnte, ein EU-Austritt Grossbritanniens ohne Abkommen sei alles andere als ein «klarer Bruch». Was auch immer passiere – beide Seiten müssten schnell wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. «Die ersten Punkte auf der Tagesordnung werden sein: Rechte von Bürgern, ein finanzieller Ausgleich und die irische Grenze», so Varadkar. Für alle diese Punkte seien im Austrittsabkommen, das Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelt hatte, Lösungen gefunden worden.
Etwa 100 Demonstranten protestierten vor dem Parlamentsgebäude in Dublin gegen Johnsons Brexit-Kurs. Sie glauben nicht, dass Johnson tatsächlich einen geregelten Ausstieg aus der EU anstrebt.
EU-Abgeordnete wollen sich am Mittwoch auf den Entwurf einer Brexit-Resolution verständigen und diese nächste Woche verabschieden. Am Donnerstag informiert EU-Chefunterhändler Michel Barnier die Fraktionsvorsitzenden des Parlaments über den Stand der Gespräche mit London.
(aeg)
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