meist klar
DE | FR
Wissen
Umwelt

Blüten der Pfeifenwinde locken Sargfliegen mit Todesduft

Bio-Sensation entdeckt: Blüten der Pfeifenwinde locken Sargfliegen mit Todesduft

14.06.2021, 09:38
Mehr «Wissen»

Eine bisher unbekannte Bestäubungsstrategie bei Pflanzen haben Forscher entdeckt. Wie sie im Fachjournal «Frontiers in Ecology and Evolution» berichten, produziert die Pfeifenwindenart «Aristolochia microstoma» einen Geruch, der an verwesende Insekten erinnert. Sie lockt damit Fliegen der Gattung «Megaselia» in ihre Blütenfalle. Auf Deutsch heissen diese Buckelfliegen, auf Englisch aber in diesem Zusammenhang viel passender «coffin flies» (Sargfliegen).

Die Pflanzengattung der Pfeifenblumen oder Pfeifenwinden (Aristolochia) umfasst mehr als 500 Arten auf der ganzen Welt, vor allem in den Tropen und Subtropen. Bekannt sind sie vor allem aufgrund ihrer auffälligen Blüten, die ihre Bestäuber zeitweise gefangen halten.

Species Aristolochia clematitis Familia Aristolochiaceae
Species Aristolochia clematitis Familia AristolochiaceaeBild: wikicommons By No machine-readable author provided. Bogdan assumed (based on copyright claims). - No machine-readable source provided. Own work assumed (based on copyright claims)., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=210711

Die Pfeifenwinde gelten dabei als Meister der Täuschung. Von vielen Arten ist bekannt, dass sie einen Brutplatz vortäuschen und «zum Beispiel den Geruch von Aas oder Fäkalien von Säugetieren, verrottenden Pflanzen oder Pilzen imitieren», erklärte Erstautor Thomas Rupp, Doktorand an der Uni Salzburg. Das lockt bestimmte Fliegen an, die dort ihre Eier ablegen. Die Art «Aristolochia rotunda» täuscht dagegen eine Nahrungsquelle bestimmter Fliegen vor, indem sie Alarmpheromone von Wanzen imitiert, die diese abgegeben, wenn sie angegriffen werden.

Der Duft von toten Käfern

Die Forscher um Stefan Dötterl, Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzenökologie und des Botanischen Gartens der Universität Salzburg, und Stefan Wanke von der Technischen Universität Dresden haben in der aktuellen Studie die Bestäubungsstrategie der nur in Griechenland vorkommenden Art «Aristolochia microstoma» untersucht. Deren Blüten sind unauffällig, bräunlich, und wachsen horizontal, teilweise vergraben oder nahe am Boden unter Laubstreu oder Steinen. Sie verströmen einen unangenehmen, aasähnlichen Geruch, den auch Menschen wahrnehmen können.

Den Analysen zufolge geben die Blüten dieser Pflanzenart eine ungewöhnliche Mischung von flüchtigen Stoffen ab. «Sie enthält Alkylpyrazine, die sonst nur selten von blühenden Pflanzen produziert werden», so Dötterl. Konkret enthält der Duft 2.5-Dimethylpyrazin, ein Molekül, das weder in Wirbeltierkadavern noch in Fäkalien vorkommt, wohl aber in toten Käfern. Die Forscher gehen davon aus, dass dies der erste bekannte Fall einer Blume ist, die Bestäuber austrickst, indem sie eher nach verwesende Insekten als nach Wirbeltier-Aas riecht.

Fliegen aus der Gattung Megaselia werden genau von solchen Gerüchen angelockt, wenn sie nach Insektenleichen suchen, um ihre Eier darin abzulegen. Dringen sie dann in eine Blüte ein, werden sie von nach unten gerichteten Haaren zu einem kleinen Raum mit den Geschlechtsorganen der Pflanze geleitet. Durch die Haare in der Blüte gefangen deponieren sie mitgebrachten Pollen auf den weiblichen Organen. Dann reifen die Staubgefässe und setzen eigene Pollen frei, die an der Fliege haften bleiben. Sobald die Haare, die den Ausgang blockieren, verwelken, können die Bestäuber wieder entkommen.

(aeg/sda/apa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
13 Tierbilder, die zeigen, wie brutal die Natur sein kann
1 / 15
13 Tierbilder, die zeigen, wie brutal die Natur sein kann
Beginnen wir gemächlich und richten unser Augenmerk auf einen auch hierzulande bekannten Quälgeist:

bild: reddit

Auf Facebook teilenAuf X teilen
So helfen Hunde einen verbrannten Wald neu zu bepflanzen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
Erfolgreicher Widerstand – die Opposi­ti­on gegen das AKW Kaiseraugst
Im oppositionellen Protest gegen den Bau des AKW Kaiseraugst vereinte sich eine breite Bevölkerungsschicht. Die aufkommende Antiatombewegung profitierte von einer grossen medialen Resonanz.

Der Widerstand gegen das geplante Kraftwerkprojekt im aargauischen Kaiseraugst lässt sich bis in die 1960er-Jahre zurückverfolgen. Ursprünglich plante der Badener Energiekonzern Motor-Columbus, ein thermisches Energiekraftwerk in Kaiseraugst zu bauen.

Zur Story