Die Covid-Situation ist wiedermal kritisch und sie wird wiedermal vom Bundesrat ganz genau beobachtet: Etwa so lässt sich die Pressekonferenz der Landesregierung vom Mittwoch zusammenfassen. Neue Massnahmen gibt es keine. Stattdessen heisst es in der bundesrätlichen Medienmitteilung: «Weiter soll auch die Impfung weiter gefördert und die Auffrischimpfungen so rasch wie möglich durchgeführt werden.»
Nur, wie schafft man das? Die Jungpartei der Grünliberalen (Junge GLP) bringt dazu einen Vorschlag ein, den man aus Ländern wie Portugal oder Spanien kennt: Der Staat verschickt allen Bürgerinnen und Bürgern einen Brief, in dem er sie zu einem Impftermin einlädt. «Impfpflicht light» heisst das laut Wording der Jungpartei, die Idee hat aber nichts mit einem angeblichen Impfzwang oder dem vieldiskutierten Impfobligatorium zu tun.
Der Vorschlag sieht vor, dass alle Personen zu einem «obligatorischen Impftermin» aufgeboten werden. Dort gebe es ein Gespräch mit einer Fachperson, wo impfkritische Bürgerinnen und Bürger ihre Bedenken und Ängste äussern könnten. Diesen Termin müsse man wahrnehmen, es bleibe aber nach dem Gespräch immer noch möglich, zur Impfung «Nein» zu sagen.
Tobias Vögeli, Co-Präsident der Jungen GLP, sieht darin einen Kompromiss zwischen «härteren Massnahmen und das Überlasten lassen der Spitäler». Und er betont: «Ich bin gegen eine Impfpflicht. Mit unserem Vorschlag können die Menschen weiterhin frei entscheiden, sie sollen sich aber angesichts drohender Szenarien nicht mehr aus Bequemlichkeit oder fadenscheinigen Gründen davor drücken können, sich mit der Impfung zu befassen.»
Spanien und Portugal kennen diese Massnahme, die treffender als «Impfterminpflicht» bezeichnet werden kann, und gelten heute als Spitzenreiter bei der Impfquote. In diesen Ländern wurde das nicht als «Pflicht», sondern mehr als «Service» betrachtet: Niemand musste einem Termin nachrennen. Diese zentral organisierte Impfkampagne setzte zwar auch auf Freiwilligkeit. Kulturelle Unterschiede, wonach die hohe Impfbereitschaft auch als «Bürgerpflicht» betrachtet wird, spielten aber auch eine Rolle.
Die Junge GLP hofft nun, dass das auch in der Schweiz möglich ist. Und tatsächlich: Auf Anfrage von watson bestätigte der Bundesrat, dass er eine solche Massnahme im August diskutiert hatte. Man habe sich aber dagegen entschieden. Der Innenminister Alain Berset begründete dies so: «Wir sind zum Schluss gekommen, dass es aus Datenschutz-Gründen nicht möglich ist, alle Bürgerinnen und Bürger so zu erreichen. Wir wissen zudem nicht, wer geimpft ist und wer nicht.»
Bersets zweiter Satz war zu erwarten: In den vergangenen Monaten wurde verschiedentlich darüber diskutiert, dass die Schweiz kein Impfregister hat. Das Argument will der Grünliberale Co-Präsident jedoch nicht gelten lassen: «Die Krankenkassen wissen durch die Abrechnung, wer sich impfen liess. Ich verstehe nicht, wieso sich der Bundesrat hinter dem Datenschutz-Argument versteckt.»
Auch er findet, dass persönliche Daten geschützt werden müssten. Bevor nun aber die Einschränkung der Grundrechte durch einen erneuten Shutdown drohen, solle der Bundesrat nun Pragmatismus walten lassen. «Die Situation ist derart kritisch, dass es keine Tabus mehr geben darf», so Vögeli.
Seine Partei hat der Landesregierung die Impfterminpflicht-Idee in einem Brief präsentiert. Vögeli hofft nun nach dem bundesrätlichen «Njet» auf das Parlament. Dieses trifft sich ab nächster Woche wieder für drei Wochen zur Wintersession.