Angesichts der andauernden Proteste und Streiks gegen die Rentenpläne der französischen Regierung müssen Reisende in Frankreich weiter mit chaotischen Zuständen im Nah- und Fernverkehr rechnen. Die drei grössten Eisenbahngewerkschaften riefen am Wochenende in einer gemeinsamen Erklärung zu einer Ausweitung der Streiks ab Montag auf.
Derweil war für Sonntagabend ein Treffen von Präsident Emmanuel Macron mit mehreren Ministern geplant. Es handle sich um ein «Arbeitstreffen mit dem Premierminister» Edouard Philippe und den von der Rentenreform betroffenen Ministern aus den Bereichen Gesundheit, Renten und Verkehr, verlautete aus Regierungskreisen.
Dabei werde über die umstrittene Rentenreform beraten, die Philippe am Mittwoch erstmals im Detail vorstellen wolle, hiess es. Während des Wochenendes seien Vertreter von Regierung und Gewerkschaften zu Gesprächen zusammengekommen.
«Wir empfehlen, die öffentlichen Verkehrsmittel in den kommenden Tagen zu vermeiden», schrieb die Pariser Nahverkehrsgesellschaft RATP auf ihrer Internetseite. Pendler sollten stattdessen auf andere Verkehrsmittel wie Fahrgemeinschaften umsteigen.
Demnach sollen zehn der 16 Metro-Linien geschlossen bleiben und vier nur eingeschränkt verkehren. Die zwei autonom fahrenden Linien würden betrieben, jedoch sei mit überfüllten Waggons zu rechnen. Rund zehn Millionen Menschen sind täglich im Grossraum Paris auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen.
Premierminister Philippe sagte der Sonntagszeitung «Journal du Dimanche», er sei «entschlossen», die Pläne über seine Rentenreform weiterzuführen. «Wenn wir heute keine tiefgreifende, ernsthafte und progressive Reform vornehmen, wird morgen jemand anders eine noch viel härtere durchsetzen», sagte der Regierungschef.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, kündigte gegenüber der Zeitung an, nicht klein beizugeben, bis der Reformplan zurückgezogen werde. Für Dienstag riefen die Gewerkschaften zu einem erneuten landesweiten Massenstreik auf.
In Frankreich gehen seit Donnerstag zahlreiche Menschen gegen die von der Regierung geplante Rentenreform auf die Strasse. Am Donnerstag protestierten nach Behördenangaben mehr als 800'000 Demonstranten, die Gewerkschaft CGT zählte 1,5 Millionen Teilnehmer.
Zugleich legte ein Generalstreik das öffentliche Leben weitgehend lahm. Die Proteste waren deutlich grösser als jene gegen den Reformkurs von Präsident Macron auf dem Höhepunkt der «Gelbwesten»-Krise vor rund einem Jahr.
Am Wochenende hatten andauernde Streiks zu Verkehrsbeeinträchtigungen geführt. Nur zehn bis 15 Prozent der Pariser Vorortzüge und jeder sechste TGV-Schnellzug fuhren, neun Metro-Linien blieben geschlossen. Zudem legten Lastwagen-Chauffeure den Verkehr auf mehreren Autobahnen des Landes lahm, um gegen Pläne einer höheren Besteuerung von Treibstoff zu protestieren.
Im Louvre-Museum blieben einige Räume und im Grand Palais eine gesamte Ausstellung geschlossen. Auch die Pariser Oper, die Comédie Française sowie weitere Kultureinrichtungen sagten Vorstellungen ab.
Landesweit gingen am Samstag laut Innenministerium insgesamt rund 23'500 Menschen auf die Strasse. In Paris fand eine jährliche Demonstration gegen Arbeitslosigkeit und prekäre Arbeitsverhältnisse statt, die die Kritik an der geplanten Rentenreform aufgriff, ausserdem demonstrierten rund tausend Anhänger der «Gelbwesten»-Bewegung. Es kam zu vereinzelten Ausschreitungen zwischen Demonstranten und den Einsatzkräften.
Auch in anderen Städten gingen Menschen auf die Strasse. Aus Nantes, wo sich rund 2800 Menschen an der Demonstration beteiligen, sowie aus Lyon wurden Zusammenstösse zwischen Demonstranten und der Polizei gemeldet. (sda/afp)