Spanien droht zur Wüste zu werden. Noch vor dem Sommer ächzt die iberische Halbinsel unter einer Hitzewelle. Im Süden des Landes herrschen jetzt schon Temperaturen, wie man sie eigentlich nur im Sommer kennt: 35 Grad in Córdoba, 36 Grad in Sevilla sowie 27 Grad in Almería – also jener Region, die als Gemüse- und Obstgarten Europas bekannt ist.
Die Wüstenprovinz umfasst Gewächshäuser, die so gross wie 43'000 Fussballfelder sind, und produziert Millionen Tonnen Gemüse und Obst, hauptsächlich Tomaten, Paprika, Gurken, Avocados und Erdbeeren. Ganz Europa profitiert von der weissen Plastikwüste und auch die Spanier ziehen einen Nutzen aus dem «mar del plástico» (Plastikmeer) – der weltweit grössten Anbaufläche unter Folie.
Spanien erwirtschaftet durch Exporte rund 18 Milliarden Euro pro Jahr. Doch wie lange noch?
Die Wasservorkommen sind aufgrund der vielen Monokulturen, die sehr viel Wasser benötigen, übernutzt. Landwirtinnen und Landwirte der Region schlagen schon seit Jahren Alarm. Nun sind die befürchteten Ernteausfälle Realität geworden: Die spanische Tomaten-, Gurken- und Auberginenproduktion ist in nur einem Monat um 25 Prozent eingebrochen. Die Beerensaison hat eben erst begonnen, schon musste ein Teil der Ernte vernichtet werden. Der Grund: Das Obst entspricht aufgrund der Trockenheit nicht den Anforderungen der Lebensmittelkonzerne.
Das Land sucht zwar noch Lösungen, doch gerade Überlegungen, den Anbau von Obst- und Gemüsesorten, die viel Wasser benötigen, wie etwa Avocados oder Mangos, zu reduzieren, sind stark umstritten. Schliesslich verkaufen sich beide Obstsorten im Ausland gut.
Zu den meistexportierten Produkten zählen Zitrusfrüchte – mit Orangen an der Spitze, gefolgt von Gewächshausgemüse wie Tomaten, Paprika und Gurken sowie dem Freilandanbau von Salaten und Melonen.
Spanien ist in Europa mit Abstand der wichtigste Exporteur von Obst und Gemüse – auch für die Schweiz. 2022 sind rund 400'000 Tonnen Gemüse und knapp 600'000 Tonnen Früchte importiert worden. «Von Bedeutung sind in Spanien die Regionen Almería, Valencia, Murcia und Huelva. Von dort stammen je nach Situation unter anderem Beeren, Agrumen, Tomaten und Melonen», teilt Coop auf Anfrage von watson mit. Weitere wichtige Exporteure seien Italien, Frankreich und die Niederlande.
Auswirkungen spüre man bei Coop derzeit noch nicht. Auch bei der Konkurrentin Migros stehe alles auf «Grün»: «Wir spüren aufgrund der Trockenheit eine gewisse Anspannung auf dem Markt und beobachten die Lage.» Ab circa Mai stelle die grösste Abnehmerin von einheimischen Produkten auf Schweizer Früchte und Gemüse um. Bei beliebten Gemüsesorten wie Melonen, die in der Schweiz kaum angebaut werden, prüfe man andere Beschaffungsquellen.
Einzig bei Aldi mache sich eine «leichte Einschränkung», die mit den Wetterbedingungen zusammenhänge, bemerkbar. «Da aber momentan die Schweizer Saison startet, können wir den Engpass durch Produkte von unseren heimischen Lieferanten ausgleichen.» Um welche Sorten es sich genau handelt, verrät der Discounter nicht: «Die Einschränkung verteilt sich auf mehrere Gemüse-Produkte.»
Doch nicht nur spanisches Obst und Gemüse leidet unter Wassermangel, sondern auch die Plantagen von Oliven, Mais, Reis und Sonnenblumen. Die Ernteausfälle bei den Oliven des letzten Jahres machen sich zurzeit im Portemonnaie bemerkbar: «Beim Olivenöl mussten aufgrund der schlechten Ernte und knappen Verfügbarkeit folglich die Preise angepasst werden», teilt Migros mit.
Anders als in der Schweiz sind in einigen Supermärkten Grossbritanniens Ende Februar aufgrund von Lieferknappheit aus Spanien und Marokko Einkaufsbeschränkungen eingeführt worden. Während einiger Wochen konnten Obstsorten wie Tomaten, Paprika oder Gurken nicht nach Belieben gekauft werden.
«Wir können das Klima in Spanien nicht kontrollieren», sagte die britische Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt, Therese Coffey. Kontrollieren lässt sich auch der Regen nicht, nach dem Spanien derzeit lechzt. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Am Wochenende werden in Andalusien Temperaturen von bis zu 40 Grad erwartet.
Hauptsache dann auch noch Obst vernichten, weil es irgendeinem Bürokraten nicht in den Kram passt.