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Trockenheit in Spanien macht sich jetzt schon in der Schweiz bemerkbar

Trockenheit in Spanien macht sich jetzt schon in der Schweiz bemerkbar

In Spanien herrschen Temperaturen wie im Sommer, die Wasserreservoirs sind praktisch leer, die Böden lechzen nach Wasser. Für die ohnehin schon angeschlagene Landwirtschaft verheisst das nichts Gutes.
28.04.2023, 14:3928.04.2023, 16:32
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Spanien droht zur Wüste zu werden. Noch vor dem Sommer ächzt die iberische Halbinsel unter einer Hitzewelle. Im Süden des Landes herrschen jetzt schon Temperaturen, wie man sie eigentlich nur im Sommer kennt: 35 Grad in Córdoba, 36 Grad in Sevilla sowie 27 Grad in Almería – also jener Region, die als Gemüse- und Obstgarten Europas bekannt ist.

Die Wüstenprovinz umfasst Gewächshäuser, die so gross wie 43'000 Fussballfelder sind, und produziert Millionen Tonnen Gemüse und Obst, hauptsächlich Tomaten, Paprika, Gurken, Avocados und Erdbeeren. Ganz Europa profitiert von der weissen Plastikwüste und auch die Spanier ziehen einen Nutzen aus dem «mar del plástico» (Plastikmeer) – der weltweit grössten Anbaufläche unter Folie.

Das Plastikmeer von oben.
Das Plastikmeer von oben. bild: NASA Earth Observatory

Spanien erwirtschaftet durch Exporte rund 18 Milliarden Euro pro Jahr. Doch wie lange noch?

Die Wasservorkommen sind aufgrund der vielen Monokulturen, die sehr viel Wasser benötigen, übernutzt. Landwirtinnen und Landwirte der Region schlagen schon seit Jahren Alarm. Nun sind die befürchteten Ernteausfälle Realität geworden: Die spanische Tomaten-, Gurken- und Auberginenproduktion ist in nur einem Monat um 25 Prozent eingebrochen. Die Beerensaison hat eben erst begonnen, schon musste ein Teil der Ernte vernichtet werden. Der Grund: Das Obst entspricht aufgrund der Trockenheit nicht den Anforderungen der Lebensmittelkonzerne.

Das Land sucht zwar noch Lösungen, doch gerade Überlegungen, den Anbau von Obst- und Gemüsesorten, die viel Wasser benötigen, wie etwa Avocados oder Mangos, zu reduzieren, sind stark umstritten. Schliesslich verkaufen sich beide Obstsorten im Ausland gut.

In this Saturday, March 2, 2019 photo, a sub saharan worker collects tomatoes at the Gava group greenhouses in Almer�a, in the autonomous community of Andalusia, Spain. (AP Photo/Emilio Morenatti)
Ein Arbeiter sammelt Tomaten in einem Gewächshaus in Almería.Bild: AP

Zu den meistexportierten Produkten zählen Zitrusfrüchte – mit Orangen an der Spitze, gefolgt von Gewächshausgemüse wie Tomaten, Paprika und Gurken sowie dem Freilandanbau von Salaten und Melonen.

Auswirkungen in der Schweiz

Spanien ist in Europa mit Abstand der wichtigste Exporteur von Obst und Gemüse – auch für die Schweiz. 2022 sind rund 400'000 Tonnen Gemüse und knapp 600'000 Tonnen Früchte importiert worden. «Von Bedeutung sind in Spanien die Regionen Almería, Valencia, Murcia und Huelva. Von dort stammen je nach Situation unter anderem Beeren, Agrumen, Tomaten und Melonen», teilt Coop auf Anfrage von watson mit. Weitere wichtige Exporteure seien Italien, Frankreich und die Niederlande.

Auswirkungen spüre man bei Coop derzeit noch nicht. Auch bei der Konkurrentin Migros stehe alles auf «Grün»: «Wir spüren aufgrund der Trockenheit eine gewisse Anspannung auf dem Markt und beobachten die Lage.» Ab circa Mai stelle die grösste Abnehmerin von einheimischen Produkten auf Schweizer Früchte und Gemüse um. Bei beliebten Gemüsesorten wie Melonen, die in der Schweiz kaum angebaut werden, prüfe man andere Beschaffungsquellen.

Einzig bei Aldi mache sich eine «leichte Einschränkung», die mit den Wetterbedingungen zusammenhänge, bemerkbar. «Da aber momentan die Schweizer Saison startet, können wir den Engpass durch Produkte von unseren heimischen Lieferanten ausgleichen.» Um welche Sorten es sich genau handelt, verrät der Discounter nicht: «Die Einschränkung verteilt sich auf mehrere Gemüse-Produkte.»

Grünes Gold ist teurer geworden

Doch nicht nur spanisches Obst und Gemüse leidet unter Wassermangel, sondern auch die Plantagen von Oliven, Mais, Reis und Sonnenblumen. Die Ernteausfälle bei den Oliven des letzten Jahres machen sich zurzeit im Portemonnaie bemerkbar: «Beim Olivenöl mussten aufgrund der schlechten Ernte und knappen Verfügbarkeit folglich die Preise angepasst werden», teilt Migros mit.

Day laborers work at the olive harvest in the southern town of Quesada, a rural community in the heartland of Spain's olive country, Friday, Oct. 28, 2022. Spain, the world��™s leading ...
Die Olivenölindustrie ist stark vom chronischen Wassermangel betroffen.
bild: AP

Anders als in der Schweiz sind in einigen Supermärkten Grossbritanniens Ende Februar aufgrund von Lieferknappheit aus Spanien und Marokko Einkaufsbeschränkungen eingeführt worden. Während einiger Wochen konnten Obstsorten wie Tomaten, Paprika oder Gurken nicht nach Belieben gekauft werden.

«Wir können das Klima in Spanien nicht kontrollieren», sagte die britische Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt, Therese Coffey. Kontrollieren lässt sich auch der Regen nicht, nach dem Spanien derzeit lechzt. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Am Wochenende werden in Andalusien Temperaturen von bis zu 40 Grad erwartet.

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157 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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kkls
28.04.2023 14:27registriert Januar 2021
"Die Beerensaison hat eben erst begonnen, schon musste ein Teil der Ernte vernichtet werden. Der Grund: Das Obst entspricht aufgrund der Trockenheit nicht den Anforderungen der Lebensmittelkonzerne."

Hauptsache dann auch noch Obst vernichten, weil es irgendeinem Bürokraten nicht in den Kram passt.
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KoTaMo
28.04.2023 14:35registriert Mai 2020
Ich esse saisonal und dafür ekstatisch: Kommen die Spargel, dann gibts die fast täglich in allen Variationen, dasselbe bei Tomaten, Gurken, Erdbeeren... im Winter Blaukohl, Nüssler etc. Das gibt dem Jahr Struktur und macht Freude!
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H.P. Liebling
28.04.2023 14:29registriert September 2018
Wie soll ich jetzt jeweils zu Weihnachten meinen berühmten Tomaten-Erdbeer-Salat machen?!
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