Seit Wochen haben sich Donald Trump und sein ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort wie zwei Synchronschwimmer bewegt: Der Präsident lobte Manafort mehrmals für seine Standfestigkeit gegenüber dem Sonderermittler und erklärte, eine «Begnadigung» sei nicht vom Tisch.
Manaforts Anwälte ihrerseits wurden nicht müde zu betonen, dass es keine «Collusion» mit dem russischen Geheimdienst gegeben habe. Ihr Mandant sei vielmehr das zufällige Opfer einer letztlich politisch motivierten Untersuchung.
T.S. Ellis, der Richter des United District Court in Northern Virginia, hat letzte Woche diese Version indirekt bestätigt. Er hat Manafort eine erstaunlich milde Strafe aufgebrummt, und er hat bei der Urteilsverkündung gar erklärt, der Verurteilte habe sonst ein «Leben ohne Fehl und Tadel» geführt.
Alle Anzeichen schienen daher auf eine Begnadigung von Manafort durch den Präsidenten hinzudeuten. Doch nun hat Amy Berman Jackson, die Richterin des United District Court in Washington, diesem Schmierentheater ein rüdes Ende gesetzt: Sie hat die Gefängnisstrafe für Manafort auf rund sieben Jahre erhöht.
In der Begründung des Urteils nahm sie kein Blatt vor den Mund: «Das Gericht ist ein Ort, in dem die Fakten immer noch wichtig sind», stellte sie klar und führte weiter aus: Es sei echt schwierig, «das Ausmass der Lügen (Manaforts)» und die «Höhe des Betrugs» zu übertreiben. «Anzeichen von Reue und persönlichem Verantwortungsgefühl gibt es keine», sagte Richterin Jackson. Manaforts Verhalten sei «das Gegenteil der amerikanischen Werte, die er zu vertreten behauptet.»
Klarheit schuf Jackson auch in der ewigen Collusion-Frage (Zusammenarbeit mit den Russen). Diese habe weder in Virginia noch in Washington zur Diskussion gestanden. Zudem sei dieses Argument irrelevant. «Es ist wenig überzeugend, zu behaupten, die Untersuchung habe kein Resultat ergeben, wenn man die Untersuchungsbeamten angelogen hat», so die Richterin. Das letzte Wort in der Collusion-Frage habe daher Sonderermittler Robert Mueller.
Am besten lässt sich mit folgendem Vergleich ausführen, was die Richterin gemeint hat: Angenommen, X steht unter Mordverdacht. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass er auch Bankbetrug im grossen Stil begangen hat. Selbst wenn X den Mord nicht begangen haben sollte, verschwinden deswegen seine Finanzverbrechen nicht.
Richterin Jackson hat dem No-Collusion-Geplärre den Teppich weggezogen. Cyrus Vance hat allfällige Begnadigungs-Träume platzen lassen. Der District Attorney von Manhattan hat Manafort ebenfalls in 16 Punkten angeklagt. Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager muss sich nun auch noch vor einem Gericht des Bundesstaates New York verantworten.
Dabei ist es nebensächlich, ob seine Gefängnisstrafe nochmals aufgestockt wird. Entscheidend ist, dass er nicht begnadigt werden kann. Die präsidiale Begnadigungs-Vollmacht gilt nämlich nur für landesweite (federal) Urteile, nicht aber für einzelstaatliche.
Manaforts Bluff ist damit aufgeflogen. Er hat alles Geld auf eine Begnadigung gesetzt und dafür selbst seinen Deal mit dem Sonderermittler platzen lassen. Das kommt ihn nun teuer zu stehen. In diesem Deal hat er nämlich seine Schuld bekannt auch in jenen Punkten, für die er nicht verurteilt worden ist.
Seine Anwälte können nun einzig noch darauf plädieren, dass es in den USA nicht möglich ist, zweimal für dasselbe Verbrechen verurteilt zu werden. Doch auch damit haben sie schlechte Karten. Staatsanwalt Vance hat einen unverbrauchten Strafbestand angeführt: Hypothekenbetrug.
Manaforts Schicksal ist ein bedeutender Sieg für das US-Justizsystem und eine schwere Niederlage für Trump. Es zeigt die Grenzen seiner präsidialen Macht auf. Wer für ihn Straftaten begangen oder gelogen hat, kann sich ab sofort nicht mehr sicher fühlen.
Einer, der dies mit Argusaugen verfolgt haben dürfte, ist Roger Stone. Der langjährige Trump-Kumpel ist ebenfalls von Mueller angeklagt und hat morgen einen Termin vor Gericht. Die Richterin heisst Amy Berman Jackson.