Im Fall des Geschwisterpaars, das am Dienstag tot in einem Fricker Mehrfamilienhaus aufgefunden wurde, ermittelt nun die Aargauer Staatsanwaltschaft wegen vorsätzlicher Tötung. Der ehemalige Kriminalkommissar Markus Melzl sagt, dass unmittelbar nach einem derartigen Vorfall, sofern ein Unfall oder Suizid ausgeschlossen wird, man immer von einem Tötungsdelikt spreche.
Dies, weil man zunächst aufgrund der fehlenden Ermittlungsergebnisse einen spezifischeren Strafgesetzartikel – etwa fahrlässige oder vorsätzliche Tötung, Totschlag oder Mord – noch nicht rechtlich qualifizieren könne. «Sie weisen alle unterschiedliche Tatbestandsmerkmale auf», sagt er.
Nach der Lagebesprechung von Dienstagabend im Fall der beiden toten Geschwister ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen vorsätzlicher Tötung. Damit geht einher, dass die Tötung absichtlich oder zumindest mit Eventualvorsatz herbeigeführt wurde. Der Täter hat zumindest in Kauf genommen, dass die Wahrscheinlichkeit des Todes überwiegt und die Tat trotzdem begangen.
Melzl, der in seiner Karriere in so manchem Tötungsdelikt ermittelt hat, sagt, dass in solchen Fällen Sonderkommissionen gebildet würden. «Wenn wir ein ungeklärtes Tötungsdelikt hatten, haben wir auch Kräfte aus anderen Gruppen, die etwa für Rauschgift oder Einbrüche zuständig waren, losgeeist.» Denn es sei wichtig, dass man zu Beginn der Ermittlungen «genügend Manpower» aufbringe. Dort, wo viele Zeugen zu Befragen und Abklärungen zu machen seien, sei es immer ein Rennen gegen die Zeit. Melzl sagt:
Wichtig sei es, dass es in der Sonderkommission einen Verfahrensleiter gebe, der den Ermittlern klare Instruktionen gebe. «Es ist eben nicht wie im Fernsehkrimi, wo jeder ein bisschen das ermittelt, was ihm gerade in den Sinn kommt», sagt Melzl. Unabdingbar sei es, dass sich die Mitglieder der Sonderkommission treffen und ihre Erkenntnisse teilen. Ziel sei es, dass alle über alles Bescheid wissen. «Das kann relativ entscheidend sein, weil so Widersprüche in den Ermittlungen zum Vorschein kommen können, an denen angeknüpft werden kann.»
Bei den Ermittlungen gehöre es oft dazu, dass man vor Ort auf trauernde und schockierte Angehörige treffe. Zwar würde diesen ein engmaschiges Netz an psychologischer Hilfe angeboten, sagt Melzl, aber:
Dazu gehöre auch die Befragung der Angehörigen. Wichtig sei es daher, die Angehörigen über die Notwendigkeit der Befragung aufzuklären.
Bei der Befragung, die ins Protokoll aufgenommen wird, versuche man eine möglichst klinische Situation zu schaffen. Diese Befragung geschehe nicht etwa am Tatort oder den eigenen vier Wänden, wo man sich emotional festhalten könne. «Man trinkt einen Kaffee, an der Wand hängt ein Landschaftsbild und der Ermittler tippt die Aussagen am PC mit», beschreibt Melzl das Setting. (saw/ch media)