Wer sich an der Aktienbörse Geld von Investoren beschafft, muss strenge Regeln einhalten. Das gilt ganz besonders in den Vereinigten Staaten, wo die Börsenaufsicht SEC darüber wacht, dass diese Regeln auch eingehalten werden.
Elon Musk wird nun vorgeworfen, mit seinen Tweets über eine mögliche Dekotierung von Tesla gegen diese Regeln verstossen zu haben. Das «Wall Street Journal» will daher wissen, dass das SEC bereits eine Untersuchung gegen Musk eingeleitet hat.
Ob Musk tatsächlich strafbar gehandelt hat, wird sich zeigen. Der Tesla-Verwaltungsrat hat bereits mitgeteilt, dass ein mögliches Going Private – so heisst eine Dekotierung auf englisch – mehrfach im Aufsichtsgremium diskutiert worden sei. Das SEC verbietet es zudem einer Publikumsgesellschaft nicht, sich via Twitter zu seinen Geschäften zu äussern, solange keine irreführenden Aussagen gemacht werden.
Genau dies werfen Kritiker Musk vor. Sein via Twitter gemachtes Versprechen, die Finanzierung eines Going Private sei bereits gesichert, entbehre jeder Grundlage, sagen sie. Musk habe damit nur ein Ziel verfolgt: den Kurs der Tesla-Aktie in die Höhe zu treiben. Wer in diesem Streit Recht behält, wird sich zeigen.
Es dürfte auf jeden Fall ein Fressen für Juristen werden. Auch Investmentbanker reiben sich die Hände. Sollte Tesla tatsächlich wieder in ein Privatunternehmen zurückverwandelt werden, locken happige Prämien. Wer aber könnte überhaupt interessiert sein, als Investor bei Tesla einzusteigen? Die «Financial Times» hat dazu eine Liste von Kandidaten aufgestellt und deren Interessen und Chancen analysiert.
Masayoshi Son, der Gründer des japanischen Unternehmens SoftBank, ist ein Techno-Nerd mit viel Kapital. Zusammen mit den Saudis hat er einen 100-Milliarden-Dollar-Fond geäufnet, mit dem er sich auf Shoppingtour befindet und er hat bereits einige spektakuläre Deals getätigt. So hat er den britischen Chip-Hersteller ARM übernommen und ist unter anderem auch an Uber beteiligt.
Gegen SoftBank spricht, dass Son gemäss Insidern Tesla für überbewertet hält. Selbst wenn der Japaner Interesse hätte, könnte er am Commitee on Foreign Investment in the US (Cifus) scheitern. Dieses Gremium prüft, ob ein Engagement ausländischer Investoren nationale Interessen verletzt. Son ist auch an Alibaba beteiligt und hat enge Verbindungen zu China.
Zusammen mit Alibaba ist Tencent der Elefant der chinesischen IT-Szene. Letztes Jahr hat Tencent sich bereits mit 1,7 Milliarden an Tesla beteiligt. Wie SoftBank könnte jedoch auch Tencent am Veto von Cifus scheitern.
In verschiedenen Ländern gibt es potente Staatsfunds. Einer davon ist der saudi-arabische Public Investment Fund (PIF), bei dem Kronprinz Mohammed bin Salman das Sagen hat. Der PIF kontrolliert ein Vermögen von 250 Milliarden Dollar, bald sollen es gar 400 Milliarden Dollar sein.
Anfang der Woche wurde bekannt, dass sich dieser Fund für zwei Milliarden Dollar bei Tesla eingekauft hat. Auch der PIF müsste jedoch die Cifus-Hürde überwinden.
Eng mit Prinz Mohammed verbunden ist Mubadala, der staatliche Fund von Dubai. Auch dieser Fund hat Verbindungen zu SoftBank und eine Neigung für IT-Investitionen. Theoretisch gilt dies auch für Katar. Doch da bestehen derzeit grosse politische Spannungen mit Saudi-Arabien.
Chinesische Staatsfunds würden derzeit wohl an Cifus scheitern. Bessere Chancen haben da die Staatsfunds von Singapur und Norwegen. Im Fall des norwegischen Funds besteht allerdings das Problem, dass es ihm untersagt ist, mehr als 10 Prozent der Aktien eines Unternehmens zu erwerben.
Privatisierungen von kotierten Gesellschaften, sogenannte Leveraged Buyouts (LBO), werden in der Regel von Bankkonsortien finanziert. Das funktioniert jedoch nur dann, wenn das betreffende Unternehmen einen positiven Cashflow hat, der ausreicht, die Zinsen der Kredite zu bedienen. Das ist bei Tesla nicht der Fall. Das Interesse der Banken hält sich deshalb in Grenzen.
Elon Musk war einst Mitglied der «PayPal-Mafia». Diese Mafia umfasst heute einige der klingendsten Namen im Silicon Valley, unter anderem LinkedIn-Gründer Reid Hoffmann und vor allem Peter Thiel. Ob sie jedoch das nötige Kapital und vor allem auch die nötige Lust haben, sich erneut mit ihrem ehemaligen Kumpel Elon Musk einzulassen, ist fraglich.
Hat Musk geblufft? Wir wissen es nicht. Er zeigt sich aber mit seinem waghalsigen Manöver als würdiger Nachfolger des Namensgebers seiner Firma. Der geniale Erfinder Nikola Tesla war ebenfalls ein Mann, der zunächst mit seinem Wechselstrom-Motor die technische Welt revolutionierte – und danach die Finanzwelt zur Verzweiflung trieb.
Nikola Tesla träumte den Traum einer drahtlosen Energieübertragung. Nach seinem Erfolg mit dem Wechselstrom-Motor fand er auch potente Geldgeber, die diesen Traum finanzierten, unter anderem den legendären Banker JP Morgan. Tesla lebte auf grossem Fuss im New Yorker Hotel Waldorf, bis die Investoren schliesslich die Geduld verloren. Schliesslich starb er verarmt und verbittert in einem heruntergekommenen Hotel.
Davor muss Elon Musk keine Angst haben. Mit seiner überraschenden Ankündigung eines LBOs hat er nicht nur die Shortseller auf dem falschen Fuss erwischt, er hat auch seine Kassen gefüllt. Dank dem Kurssprung der Tesla-Aktie ist eine Wandelanleihe in der Höhe von 920 Millionen Dollar automatisch in Aktien umgewandelt worden. Was Finanztechnik betrifft, hat Elon Musk einige Tricks mehr auf Lager als seinerzeit Nikola Tesla.