«Keine Finanzierung von Frontex»: Mit dieser Parole lancierte die Aktivistengruppe Migrant Solidarity Network am letzten Freitag das Referendum gegen einen höheren finanziellen Beitrag der Schweiz an die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Als assoziiertes Schengen-Mitglied ist die Schweiz auch an Frontex beteiligt.
Für viele Linke ist Frontex ein Feindbild. Die Grenzschutzagentur gilt als Symbol für die «Festung Europa» und eine brutale Asylpolitik, bei der schutzbedürftige Migranten mit illegalen Methoden wie Pushbacks an der EU-Aussengrenze gestoppt werden. Frontex und ihr Chef, der Franzose Fabrice Leggeri, sind deshalb immer wieder in der Kritik.
Das Wunschszenario, die Abschaffung von Frontex, ist jedoch illusorisch, das geben auch die hinter dem Referendum stehenden Aktivisten zu. Ihnen gehe es um ein «starkes Signal», wenn das Stimmvolk die vom Parlament in der Herbstsession beschlossene Erhöhung des jährlichen Schweizer Beitrags von 14 auf 61 Millionen Franken ablehnen sollte.
SP und Grüne sagten im Parlament Nein. Zum Referendum stehen sie unterschiedlich. Die Grünen wollen es aktiv unterstützen, die SP eher passiv. Für die NZZ handeln die Grünen unglaubwürdig, weil sie Frontex bekämpfen und gleichzeitig mit der Operation Libero eine Europa-Initiative lancieren wollen. Solche Widersprüche aber gehören zur Politik.
Auch die Schengen-Assoziierung der Schweiz wäre bei einem Nein kaum gefährdet. So weit aber dürfte es kaum kommen. Vielmehr droht sich die Linke wie in früheren Fällen in den eigenen Fuss zu schiessen. Wiederholt hatte sie ein schärferes Asylgesetz per Referendum bekämpft und am Ende nur die zunehmend restriktive Schweizer Asylpolitik legitimiert.
Nichts deutet darauf hin, dass es anders kommen wird, falls das Referendum zustande kommt. In Europa stehen die Zeichen auf Abschottung gegenüber Flüchtlingen. Die Kritik an Frontex läuft in der Regel ins Leere. Auch der Entscheid des EU-Parlaments, 90 Millionen Euro für Frontex zurückzuhalten, hat vor allem symbolischen Charakter.
Dabei sind die Zustände an den EU-Aussengrenzen katastrophal. Nach wie vor ertrinken Migranten im Mittelmeer, leiden sie in libyschen Lagern unter Gewalt und Willkür, werden sie in Kroatien oder Griechenland mit Pushbacks zurückgedrängt, vegetieren sie im «Niemandsland» des Grenzgebiets von Belarus zu Lettland, Litauen und Polen.
Der ruchlose Diktator Alexander Lukaschenko lässt Migranten mit russischer Hilfe einfliegen, um die EU zu destabilisieren. Die betroffenen Länder reagieren mit Zäunen und Mauern. Die Devise in der EU gegenüber Flüchtlingen brachte ein Offizier der griechischen Küstenwache im «Spiegel» auf den Punkt: «Der Befehl lautet: Niemand kommt durch.»
Die Empörung ist überschaubar und beschränkt sich weitgehend auf die «üblichen Verdächtigen» im linken Milieu. Die breite Bevölkerung aber reagiert selbst auf offensichtliche Menschenrechtsverletzungen mit Schulterzucken. Diese «Abstumpfung» lässt sich auf ein Ereignis zurückführen: die sogenannte Flüchtlingskrise von 2015.
Sie löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus, aber viele reagierten mit Unbehagen auf den empfundenen Kontrollverlust. Dies äusserte sich bei den Wahlen in der Schweiz im Oktober 2015, als die SVP die Marke von 30 Prozent nur knapp verfehlte. Für ein abruptes Ende der «Refugees welcome»-Euphorie sorgte die Silvesternacht in Köln.
Seither unterstützt eine «schweigende Mehrheit» die Festung Europa. Deshalb sind auch die Hoffnungen auf eine «unheilige Allianz» von Linken und SVP beim Frontex-Referendum überzogen. Es war die SVP, die der Vorlage im Nationalrat zum Durchbruch verholfen hatte, indem sich nicht weniger als 28 Fraktionsmitglieder der Stimme enthielten.
Die SVP-Politiker mögen die EU und Schengen ablehnen, doch ihre Basis ist in solchen Fällen gnadenlos pragmatisch. Sie will, dass die «Asylanten» gestoppt werden, je weiter von der Schweiz entfernt, umso besser. Man kann davon ausgehen, dass die SVP die Ja-Parole beschliessen würde, auch weil ihr Bundesrat Ueli Maurer für die Vorlage zuständig ist.
Erst einmal müssen die nötigen 50’000 Unterschriften gesammelt werden. Mit einer kritischen Debatte und einer Abstimmung zu Frontex könnte die Schweiz «ein Zeichen setzen gegen die Doppelmoral der EU», kommentierte «CH Media». Auch das ist illusorisch. «Realistischer ist eine krachende Niederlage», meint ausgerechnet die linke WoZ.
Die Folgen wären weit über unsere Grenzen hinaus spürbar. Ein klares Ja des Schweizer Stimmvolks zum Frontex-Beitrag würde auch in der EU als Signal verstanden für die Zementierung der Festung Europa. Die linken Aktivisten würden die von ihnen beklagte «gewaltvolle europäische Migrationspolitik» nicht stoppen. Sie würden sie verstärken.
Wir müssen endlich mit der Mär aufräumen, dass arme Familien aus der Unterschicht sich auf den Weg machen. Es sind in der Regel junge Männer aus der Mittelschicht.
2) Obwohl es von gewissen Kreisen immer wieder bestritten wird: Selbstverständlich haben offene Grenzen einen Pulleffekt (siehe 2015). Offene Grenzen (oder vermeintlich offene) führen zu noch viel mehr Leid.
Steht irgendwo geschrieben dass ein Recht auf das Wunschzielland besteht? Ich denke nicht.
Die europäische Migrationspolitik der letzten 30 Jahre hat m.M. komplett versagt da gewisse politische Kreise die illegale Wirtschaftsmigration und "echte Flüchtlinge" nicht mehr unterscheiden wollen und somit die nun katastrophale Realität komplett ignorieren.
Um kurzfristig gegen Männer zu punkten, haben diese linken Feministinnen langfristig einer humanen Flüchtlingspolitik geschadet. Leider: kritische Selbstreflektion? Fehlanzeige.