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Trump, Kennedy und die MAHA-Mütter

Kassey Means, Donald Trump, Robert F Kennedy, Meghan Kelly Surgeon General. Diese vier Menschen sind über eine Collage einer US-Flagge, einem Schild auf dem Triage steht und einer Häuseraufschrift mit ...
Bild: watson/keystone/imago
Analyse

Trump, Kennedy und die MAHA-Mütter

Wie die Konservativen Bio-Food zu ihrer Waffe machen wollen.
27.05.2025, 14:2927.05.2025, 16:13
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Donald Trump liebt bekanntlich Fast Food so sehr, dass die Saudis beim kürzlichen Besuch des amerikanischen Präsidenten eigens einen McDonald's-Truck auffahren liessen. Legendär auch das Foto, das ihn während seiner ersten Amtszeit anlässlich des Empfangs eines Football-Teams vor einem riesigen Tisch voller Burger zeigt.

Trump hat jedoch auch Robert F. Kennedy Jr. zu seinem Gesundheitsminister ernannt, einen Mann, der Zucker, verarbeitete Nahrungsmittel und Lebensmittelfarben als «Gift» bezeichnet, sich den Kampf gegen das Agrobusiness auf die Fahnen geschrieben hat und Pestizide für die sinkende Geburtenrate in den USA verantwortlich macht. Wie passt dies zusammen?

Republican presidential nominee former President Donald Trump speaks from a drive-thru window during a campaign stop at a McDonald's, Sunday, Oct. 20, 2024, in Feasterville-Trevose, Pa. (AP Photo ...
Im Wahlkampf zog sich Donald Trump eine McDonald's-Schürze an.Bild: keystone

Kennedy hat Trumps Slogan leicht abgewandelt in MAHA, will heissen: «Make America Healthy Again» (Macht Amerika wieder gesund). Grund dafür gibt es reichlich. Rund die Hälfte der Amerikanerinnen und Amerikaner sind übergewichtig und bereits jedes fünfte Kind ist zu dick. Falsche Ernährung ist die Hauptursache für diesen Zustand, und Kennedy scheut auch nicht davor zurück, Klartext zu sprechen: «Das Problem liegt in der Tatsache, dass die Nahrungsmittelindustrie viel Geld verdient, indem sie uns krank macht», sagt er.

Vergangene Woche hat Kennedy seinen ersten Bericht zum Zustand der Gesundheit der Amerikaner veröffentlicht. Darin zeigt er auf, wie er die Fettsucht seiner Landsleute bekämpfen will. Seine Vorstellungen über Impfen und klassische Medizin sind abstrus. Wo der Mann recht hat, hat er jedoch recht.

«In manchen Belangen befindet er sich jenseits von Gut und Böse», erklärt denn auch Marion Nestle, eine führende Nahrungsmittelexpertin, in der «Financial Times». «Spricht er aber über chronische Krankheiten und Fettleibigkeit bei Kindern, ist er fantastisch. Ich habe bisher noch nie jemanden auf diesem Level der Regierung so sprechen gehört. Es ist aufregend.»

Kennedy will auch Pestizide verbannen

Kennedy will den Zuckergehalt in den stark verarbeiteten Nahrungsmitteln deutlich senken und die künstlichen Lebensmittelfarben verbieten. (In Europa sind die meisten davon schon untersagt.) Die Ernährung der unteren amerikanischen Mittelschicht ist speziell davon betroffen. Diese Menschen greifen zu Junk-Food und stark gesüssten Getränken. Rund 20 Prozent der Food Stamps, der von der Regierung subventionierten Lebensmittel-Coupons für Arme, gehen für solche Produkte drauf.

Nicht nur Junk-Food hat Kennedy ins Visier genommen. Er will auch die Chemie aus den amerikanischen Anbauflächen für Mais und Weizen verbannen. Insbesondere die beiden Pestizide Glyphosat und Atrazin will er ausmerzen. Letzteres wird zwar vom in Basel beheimateten Konzern Syngenta hergestellt – das Unternehmen wurde 2017 von den Chinesen gekauft –, bei uns ist es jedoch wie in der EU seit 2012 verboten. Bei uns ist auch Glyphosat in öffentlichen Bereichen verboten. In der EU wird über ein solches Verbot seit längerem gestritten.

Wie aber passen der Kampf gegen Zucker und Pestizide und die MAGA-Bewegung zusammen? Zum einen sind gerade die «roten», Trump zugeneigten Bundesstaaten besonders von Fettleibigkeit betroffen. In West Virginia beispielsweise, einer der ärmsten Gegenden der USA, hat der republikanische Gouverneur Patrick Morrisey nach einem Besuch von Kennedy ein Gesetz unterzeichnet, das Lebensmittelfarben verbietet. Mindestens 20 weitere Bundesstaaten erwägen ähnliche Schritte.

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Der Präsident und sein Gesundheitsminister.Bild: keystone

Vor allem jedoch hat sich dank Kennedy ein Teil der Bio-Szene Trump zugewandt. Ein typisches Bespiel ist Vani Hari, eine Food-Aktivistin, die seit Jahrzehnten für gesündere Nahrung und gegen das Agrobusiness gekämpft hat. Bisher tat sie das als Demokratin, jetzt hat sie sich hinter Kennedy und Trump eingereiht. «Einst waren dies typische Anliegen für umweltbewusste Hippies, jetzt haben sie das Interesse der gesamten Bevölkerung geweckt», erklärt Hari gegenüber der «Financial Times». «Es geht nicht darum, den Menschen das Essen wegzunehmen. Es geht darum, dass unsere Regierung nicht länger Gift subventioniert.»

Inzwischen hat sich rund um das Thema gesunde Ernährung eine neue Bewegung formiert, die MAHA-Moms. Es handelt sich um Mütter, die Kennedys Anliegen teilen und ihn zu ihrem Leithammel erkoren haben. Auf TikTok haben sie mittlerweile weit mehr als 200’000 Followerinnen.

Casey Means ist die bekannteste MAHA-Mom, Trump hat sie inzwischen gar für das Amt des U.S. Surgeon Generals nominiert – als oberste Ärztin des Landes, gewissermassen. Dabei kann Means nicht einmal einen Medizin-Abschluss vorweisen. Sie hat ihr Studium an der renommierten Stanford University hingeschmissen, weil sie sich mit den Methoden der Schulmedizin nicht mehr einverstanden erklären konnte.

Zusammen mit ihrem Bruder Calley hat sie das Buch «Good Energy» verfasst. Es ist bereits zu einer Art Bibel der Alternativmedizin-Szene geworden. Die Geschwister Means sind in einem libertär-religiösen Umfeld gross geworden. «Wir wurden spirituell erzogen», erklärte Casey in einem Interview mit Tucker Carlson. «Wir lasen heilige Texte, die Bibel und Ayn Rand.»

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Seelenverwandt: Casey Means und Megyn Kelly, die Ex-Fox-News-Moderatorin.Bild: keystone

Means bewegt sich heute am äusseren rechten Rand der MAGA-Bewegung, lässt sich nicht nur von Carlson, sondern auch von Joe Rogan und Megyn Kelly interviewen. «‹Good Energy› ist gleichermassen eine Anti-Establishment-Kampfschrift und ein Ernährungs-Ratgeber im Sinne von MAHA», stellt der «New Yorker» denn auch in einem Porträt über Means fest.

Konkret hält Means Obamacare, die Ausdehnung der Krankenkasse für die untere Mittelschicht, für eine Katastrophe. Gleichzeitig jedoch erklärt sie auch: «Ich esse nur biologische, nicht verarbeitete Nahrungsmittel, die ich auch auf dem Bauernmarkt einkaufe und für meinen Partner selbst zubereite.»

Dank Kennedy ist es Trump gelungen, einen Teil der Bevölkerung in seine MAGA-Bewegung zu integrieren, der bisher nichts mit ihm zu tun haben wollte. Wie ernst meint er es jedoch mit MAHA?

Zweifel sind angebracht. Als der Gesundheitsminister in einem Senats-Hearing auf Glyphosat angesprochen wurde, ruderte er sofort zurück. «Wir werden nichts unternehmen, das auch nur einen einzigen Farmer arbeitslos macht», versicherte er. «Und wir werden nichts machen, das sein Geschäftsmodell beeinträchtigt.»

In seinem Kampf gegen den Zucker hat Kennedy nicht nur die mächtige Lebensmittelindustrie gegen sich, sondern auch die Mentalität seiner Landsleute. Oder wie es Nicholas Florko im «Atlantic» ausdrückt: «Ob es Kennedy passt oder nicht: Süssigkeiten sind Teil unserer nationalen Psyche.»

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67 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
27.05.2025 15:07registriert April 2016
Ein Bekannter von mir ist grosser Trump-Supporter.

Natürlich macht er sich stets über meine vornehmlich BIO-Nahrung lustig.

Bin gespannt, was ihm diesmal als Rechtfertigung für sein Messias Trump einfällt.
(Ich werds euch wissen lassen)
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Onyx
27.05.2025 15:03registriert Dezember 2014
Auch wenn Kennedy mit den hochverarbeiteten Produkten absolut Recht hat, sind einige der hier aufgeführten Leute nicht einfach für biologische Landwirtschaft, sondern auch Verschwörungsgläubige. Farbstoffe beispielsweise können je nach Herkunft völlig unbedenklich sein (zB Rot aus Schildläusen).
Die Gefahr besteht, dass am Ende symbolpolitische Massnahmen wie Farbstoffverbote verhängt werden, aber Zucker und Fett weiterhin in absurden Mengen erlaubt sind.
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Tom Scherrer (1)
27.05.2025 15:06registriert Juni 2015
Sehr gut - Kennedy hat endlich eine sinnvolle Beschäftigung gefunden.

Sauberes Essen zu guten Preisen. Falls es das in den USA anstossen kann oder besser hinkriegt hat er doch noch einiges erreicht.
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