Schweiz
Zürich

Bars in Europa: Diese Zürcherin trank sich vom Nordkap zu Gibraltar

Per Bus, Bahn und Autostopp ist Daniela Huber vom Nordkap bis Gibraltar von Bar zu Bar gereist.Bild: watson

Diese Zürcherin trank sich durch die Bars von Europa – und so war es

Daniela Huber reiste vom nördlichsten Punkt Europas zum südlichsten. Mit einer Mission: Pro Abend in mindestens drei verschiedenen Bars trinken. Auch vor Kontaktbars machte sie keinen Halt.
12.07.2019, 20:0913.07.2019, 21:38
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Nico Franzoni
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«Mein ganzes Geld ist für Alkohol drauf gegangen», sagt Daniela Huber und nippt an ihrem Weinglas, das mit «Granita al Limone» und Prosecco gefüllt ist. Hier in der Destithek im Zürcher Niederdorf hat die 32-Jährige hinter der Bar gearbeitet, bevor sie für ihr Buch vom Nordkap bis Gibraltar gereist ist. Drei Monate lang von Bartheke zu Bartheke; über 80 Bars, jeden Abend bis zu drei verschiedene.

Für die Übernachtung blieb nicht viel übrig. So lehnte sie auch ungewöhnlichere Schlafplatz-Angebote nicht ab: «In Finnland habe ich einen Drehbuchautor kennengelernt. Er bot mir an, bei ihm zu übernachten. Weil seine Wohnung so klein war, hatte es einzig unter dem Küchentisch Platz.» Also habe sie es sich mit einer Campingmatte gemütlich gemacht. «War gar nicht so unbequem.»

Hier erfährst du, wo du die besten Drinks Europas kriegst:

Video: watson/nicola franzoni

Was sie antrieb: Die Geschichten der Menschen in den Bars einzufangen. «Alkohol macht alle zutraulicher. Eine Bar bietet den Rahmen, dass sich die Leute schneller öffnen.» Sie selber sei nie auf die Leute zugegangen, sondern habe sich mit ihrem Notizbuch an die Theke gesetzt und die Beobachtungen aufgeschrieben. Deswegen sei sie auch schnell mit anderen Besuchern ins Gespräch gekommen. «Ich habe viele verrückte Dinge gehört.» Geschichten von Leuten, die verlassen worden sind oder über die Angst vor dem Tod.

«‹Du willst wissen, wann du sterben wirst?›, fragt der Journalist. ‹Ja›, sagt der Amerikaner, ‹dann könnte ich richtig planen.› ‹Planen! Planen!›, schreit der Journalist, ‹was würdest du denn planen?› [...] ‹Vielleicht wissen alle, wann sie sterben, nur ich nicht›, sagt der Amerikaner und kratzt sich am Kopf. Er lacht, aber er weiss nicht genau, warum.»
In der Bar «La Venecia» in Madrid.

Wer in ihrem Buch «Bargeschichten» Storys über ihre Reise oder persönliche Erlebnisse lesen möchte, sucht vergebens: «Ich finde, es gibt nichts Blöderes, als wenn man ein Buch darüber schreibt, was man auf Reisen alles erlebt hat. ‹Dort hatte ich kalte Füsse, dort eine Lebensmittelvergiftung›, das ist nicht bewegend.», sagt die Autorin. Es gehe nicht um sie, sondern darum, dass die Lesenden in die Köpfe der Leute in den Bars schauen können und sich fühlen, als würden sie auch in der Bar sitzen.

Ihre Erlebnisse stehen im Buch nicht im Mittelpunkt.bild: watson

Deshalb liest man in ihrem Buch auch die Geschichte vom «Grüsel», wie sie ihn nennt, in Graz nicht, der ihr eine Suppe offerierte und nicht mehr aufhörte, ihre Brüste anzustarren. Von ihrem versehentlichen Besuch in einer Kontaktbar in Tallinn erzählt sie zwar, aber nüchtern, ohne explizite Erzählweise und ohne eigene Gefühlserfahrungen zu vermitteln – genau wie von einem Abend in einer herkömmlichen Bar.

«An der Bar sitzt ein Mann. Er schläft mit dem Rücken zum Eingang und dem Kopf auf der Theke. Sein weisser, weicher Hintern leuchtet mir entgegen. [...] Dann geht der Vorhang wieder auf, ein Mann kommt herein. [...] Die leicht angegrauten Haare gescheitelt, er sieht aus wie ein seriöser Familienvater. Er bestellt ein Bier, fragt, ob er sich zu mir setzen darf, und lässt sich sofort nieder, ohne eine Antwort abzuwarten. [...] Ob ich in Talinn vielleicht ein wenig Geld verdienen möchte? Mein Bier ist leer.»
In der Kontaktbar «Baar» in Tallinn.

Auf ihrer Reise vom Norden in den Süden hat sich auch die Stimmung in den Bars verändert: «Je südlicher du reist, desto weniger spielt es eine Rolle, was du trinkst. Ob das Bierglas halb voll oder halb leer ist: scheissegal, alle sind am Tanzen.» Im Norden stehe der Cocktail und die Bar im Mittelpunkt. «Die Leute gehen da hin, weil die Bar in ist.» So nimmt sie es auch in der Schweiz wahr: Weniger Lebensfreude, dafür gäben die Einwohner mehr Geld für Drinks aus. «Die Mentalität des Landes widerspiegelt sich auch in den Bars.»

Auf die Frage, ob sie selber mal eine Bar führen wolle winkt sie schnell ab: «Nein! Das wäre viel zu viel Routine für mich. Jeden Tag Barhocker rauf- und runterstellen, Kaffeemaschine putzen.» Sie sei eine Reisende, immer auf der Jagd nach dem Fremden und Fernen.

Das Buch «Bargeschichten» ist im Mai 2019 beim Zürcher Verlag Alambic Books erschienen und enthält 42 Kurzgeschichten aus Bars in Europa. Die Autorin Daniela Huber ist 32 Jahre alt und in Zürich geboren.

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quelle: wiki / jan mehlich
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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Brett-vorm-Kopf
12.07.2019 20:31registriert Mai 2016
Die Rechnung geht nicht auf. 3 x Monate x 30 Tage x 3 Bars pro Abend wären 180 Bars und nicht 80. Somit wären es weniger als 1 Bar pro Abend... gross angeben, aber wenig Leistung dahinter, tststs.
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AllknowingP
12.07.2019 20:47registriert August 2015
3 Bars pro Abend und das gibt Applaus ? Bitte! Ich wusste nicht das Fame so easy to get ist.
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xlt
12.07.2019 21:33registriert August 2018
Krass, ein junger Mensch geht einen heben!
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