Zwischen der Linken und der Operation Libero knirscht es im Gebälk. Hintergrund ist die Aufstockung des Frontex-Beitrages, über die die Schweizer Stimmbevölkerung am 15. Mai abstimmt.
Am Dienstag lancierte das Ja-Komitee vor den Medien in Bern seine Kampagne. Neben FDP, Mitte, GLP, Mitglieder der SVP, dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, hat auch die Operation Libero die Ja-Parole gefasst.
Die Organisation grenzt sich damit gegen Rot-Grün ab. Denn die SP und die Grünen sind dagegen, dass die Schweiz künftig 61 statt 14 Millionen Franken an die EU-Grenzschutzagentur Frontex bezahlt. Das Ja der Operation Libero, die bei vielen Abstimmungen Seite an Seite mit SP und Grünen gekämpft hat, eckt bei den Linken an.
Juso-Präsidentin Ronja Jansen wirft den Liberos vor, ihre Werte zu verraten. SP-Nationalrat Fabian Molina schreibt auf Twitter: «Nach der heutigen Frontex-Medienkonferenz ist klar: FDP, GLP und die Operation Libero machen Europa-Politik à la Orban.»
Nach der heutigen #Frontex-MK ist klar: @FDP_Liberalen, @grunliberale und @operationlibero machen #Europa-Politik à la Orbán. Schotten dicht und gut ist. Ein Nein am 15. Mai heisst Verantwortung übernehmen für den Grenzschutz und die solidarische Aufnahme von Geflüchteten. (1/2)
— Fabian Molina ✊🌹🌍 (@FabianMolinaNR) March 29, 2022
Und auch Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP, bezeichnet die Libero-Kampagne auf Twitter als «zynisch». Besonders stossend findet Meyer das Kampagnensujet der Organisation.
«Findet ihr die haltenden Hände nicht etwas gar pietätslos gegenüber all denen, die elendigst im Mittelmeer ertrunken sind?», schreibt Meyer in ihrem Thread.
Warum die @operationlibero Kampagne für Frontex zynisch ist. Ein Thread
— Mattea Meyer (@meyer_mattea) March 30, 2022
1. „Menschenrechte“ ist jetzt nicht der erste Begriff, der mir bei #Frontex in den Sinn kommt. „Menschenrechtsverletzungen“ schon eher. (1/5) https://t.co/wnOl0WR6ya
Ganz so einfach ist der Operation Libero der Entscheid für eine Ja-Parole offensichtlich nicht gefallen. Man habe intern lange diskutiert, lässt Co-Präsidentin Sanija Ameti gegenüber der NZZ verlauten.
«Frontex kann man nicht schönreden», räumt Ameti ein. Die Organisation müsse zwingend reformiert werden. Wolle die Schweiz aber eine menschlichere Migrationspolitik, müsse sie Teil von Schengen bleiben. «Denn kein Schengen ist auch keine Lösung.»
Und auch beim Plakat räumt Ameti ein, dass man es hätte besser machen können. Im Nachhinein müsse sie anerkennen, dass das Sujet, entgegen der Absicht, als «helfende Hand» interpretiert werden könne, so Ameti gegenüber der NZZ. Weil es aber bereits publiziert und gedruckt ist, liesse sich nun nichts mehr ändern. «Fürs nächste Mal» nehme man sich die Kritik aber zu Herzen, versprach Ameti.
Seit 2011 arbeitet die Schweiz mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex zusammen. Sie beteiligt sich finanziell und mit personellem Aufwand.
Damit Frontex den Grenzschutz auch in Zukunft gewährleisten kann, rüstet die EU die Agentur seit 2016 auf. Frontex erhält mehr Personal und mehr technische Ausrüstung. An diesem Ausbau muss sich auch die Schweiz beteiligen, weil es sich um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt.
Konkret würde der Frontex-Ausbau die Schweiz 47 Millionen Franken mehr pro Jahr kosten bis 2027. Auch weiteres Personal würde gebraucht. In der Herbstsession 2021 bewilligte das Parlament die Aufstockung des Beitrages.
Dagegen ergriff das Aktivistennetzwerk «Migrant Solidarity Network» das Referendum. Nun muss sich das Schweizer Stimmvolk am 15. Mai für oder gegen eine Aufstockung des Frontex-Beitrages entscheiden.
(ohe/sda)
Da sind wohl ein paar Nullen zuviel :-)
Ich finde "kein Schengen ist auch keine Lösung" klingt doch immerhin nach Realpolitik.
Für humanere Einreisebestimmungen und ein besseres Asylwesen bin ich auch - aber das ist nicht das, worüber wir abstimmen.
Und der Orban-Vorwurf steht etwas gar schrill in der Gegend.