Soeben ist die zweite «Sechs-Ausländer-Qualifikation» abgeschlossen worden. Eine erste Standortbestimmung ist möglich. Mit einem auf den ersten Blick erfreulichen, überraschenden Resultat: Anders als befürchtet, gibt es noch keine unmittelbaren negativen Auswirkungen. Im Gegenteil.
Zu diesem Schluss kommt selbst ZSC-Manager Peter Zahner, der die neue Ausländerregelung kritisch gesehen hatte: «Die Liga ist besser und spektakulärer geworden, die jungen Spieler bekommen nicht weniger Eiszeit und die besten Schweizer werden eher besser, weil sie mit besseren Mitspielern gegen bessere Gegenspieler antreten müssen.» Bei den Torhütern könne man die Situation wegen der ausländischen Konkurrenz kritischer sehen: «Aber Stéphane Charlin hat in Langnau eine Chance bekommen und sie genutzt.» Nach wie vor kommen Langnau, Ajoie, Lausanne, Zug, Davos, die Lakers, Gottéron und nächste Saison auch Lugano ohne ausländischen Torhüter aus.
Peter Zahner sagt, dass sich inzwischen auch die Mehrkosten in einem überschaubaren Rahmen halten: Die KHL fällt aus weltpolitischen Gründen auf dem internationalen Spielermarkt aus. «Die Löhne der ausländischen Spieler sind leicht zurückgegangen.» Die Kosten für die Ausländer könnten weiter gesenkt werden, wenn pro Team nur noch sechs statt zehn Lizenzen erlaubt wären.
Liga-Manager Denis Vaucher, ein leidenschaftlicher Befürworter der neuen Ausländerregelung, hat durchaus recht, wenn er sagt: «Wir haben eigentlich gar nicht mehr Ausländer in der höchsten Liga.» Die Erhöhung erfolgte bei gleichzeitiger Aufstockung der Liga von 12 auf 14 Teams. Es gibt also statistisch nicht weniger Arbeitsplätze für Spieler mit Schweizer Lizenz.
Der Gewinn der Champions Hockey League durch Servette steht für die bessere sportliche Qualität. Ein neuer absoluter Zuschauerrekord sowohl in absoluten Zahlen (mehr als 2,5 Millionen) als auch im Durchschnitt pro Partie (über 7000) dokumentiert den höheren Unterhaltungswert und die Ausgeglichenheit.
Neben sechs guten Ausländern ist es einfacher, talentierte Nachwuchsspieler ins Team einzubauen. Die besten Schweizer haben auch bei sechs Ausländern ihren Stammplatz. Sie werden stärker gefordert und eher besser.
Waren also alle Befürchtungen grundlos? Nicht ganz. Die Problematik ist komplex und erfordert eine differenzierte Analyse. Die neue Ausländerregelung macht die Arbeit für die Sportchefs anspruchsvoller. Wer nicht dazu in der Lage ist, das richtige ausländische Personal zu rekrutieren, muss teuer nachrüsten und riskiert die sportliche Krise. Zudem haben die ausländischen Spieler praktisch eine Stammplatzgarantie. Sind sie nicht besser als die Schweizer, gibt es Unruhe.
Tatsächlich ist die Förderung junger Spieler neben guten ausländischen Leistungsträgern einfacher. Aber dann müssen die Coaches diese Möglichkeit nützen. Sie tun es nicht überall. Tun sie es nicht, so obliegt es dem Sportchef, dem Trainer entsprechende Weisungen zu erteilen. Damit tun sich einige Sportchefs schwer.
Bei Lichte besehen ist bei der Förderung junger Spieler nicht die Ausländer-Regelung das zentrale Problem. Sondern eine Besonderheit unserer höchsten Nachwuchsliga: Hier dürfen Spieler maximal 20 Jahre alt sein, aber pro Partie können vier eingesetzt werden, die maximal 22 Jahre alt sind. Das bedeutet bei der 13 Teams umfassenden höchsten Juniorenliga, dass bis zu 52 Spieler zwischen 20 und 22 Jahren alt, mehrheitlich unterfordert sind und in ihrer Entwicklung stagnieren. In der höchsten Nachwuchsliga (U20-Elit) werden die Besten nicht mehr gefordert. Es ist eine «Kinder-Meisterschaft». Logisch also, dass viele unserer besten Talente trotz unseren gut ausgebildeten Nachwuchstrainern bereits im Juniorenalter nach Nordamerika oder Skandinavien auswandern. So wird unsere Nachwuchs-Meisterschaft geschwächt.
In allen anderen wichtigen Hockeynationen werden die besten jungen Spieler in der Regel bereits ab dem 18. Altersjahr in der obersten Liga der Erwachsenen eingesetzt. Wer mit 22 noch bei den Junioren spielt, wird höchstens in absoluten Ausnahmefällen Karriere machen. Das Problem ist bei uns das Fehlen von Farmteams, in denen die besten Talente gegen Erwachsene spielen können. Nur ein Farmteam funktioniert seit mehr als 20 Jahren: die GCK Lions. Keine andere Organisation in unserem Hockey hat so viele Spieler für die National League, für die Nationalteams und für die NHL ausgebildet wie die Organisation der ZSC Lions mit dem Farmteam GCK Lions.
Die Klubs scheuen die Kosten für ein Farmteam und auf den ersten Blick scheint die Begründung logisch: Wir behalten die besten Jungen lieber bei uns, lassen sie mit der ersten Mannschaft trainieren und Spielpraxis gibt es bei den Junioren genug. Aber es macht für die Entwicklung der Jungen einen Unterschied, ob sie in einem Farmteam im Erwachsenen-Hockey viel Eiszeit auch im Powerplay und im Boxplay bekommen oder sie sich hin und wieder als Zaungäste in der höchsten Liga mit sechs oder sieben Minuten begnügen müssen und nur bei den Junioren richtig zum Zuge kommen.
Eine attraktive Swiss League mit echten Farmteams wäre also im vitalen Interesse unseres Hockeys. Die Erhöhung der Anzahl Ausländer geht einher mit der Aufstockung auf 14 Teams. Dieser Schritt hat die Swiss League stark geschwächt. Zwei attraktive Klubs sind verloren gegangen. Die zweithöchste Liga kann sich unter den neuen Voraussetzungen sportlich und wirtschaftlich erst wieder stabilisieren, wenn durch eine Neuorganisation die Anzahl Teams – idealerweise durch Farmteams – erhöht wird.
Es müsste im Interesse der National League sein, dass alle 14 Teams ein echtes Farmteam unterhalten. Die Infrastruktur dazu ist vorhanden und die Kosten – zwei bis drei Millionen pro Jahr – sind auf den ersten Blick hoch. Aber bereits mittelfristig ist eine Refinanzierung möglich. Die dritte und vierte Linie kann zu einem schönen Teil mit eigenen Spielern besetzt werden. Aber noch nicht einmal alle 14 Teams der National League haben überhaupt ein Team in den beiden wichtigsten Junioren-Ligen (U20-Elit, U17-Elit). Ajoie ist in diesen beiden Nachwuchs-Ligen nicht präsent.
Die eigentlichen Verlierer der neuen Ausländerregelung sind die Durchschnittsspieler. Wer mit 25 oder 26 Jahren definitiv höchstens noch für die dritte und vierte Linie taugt, wird mehr und mehr keinen Job mehr finden. Die teure «Mittelklasse» wird mindestens bei gut gemanagten Klubs durch Nachwuchsspieler ersetzt. Durch Spieler also, die ihre Zukunft nicht bereits hinter sich haben und weniger hohe Saläre fordern.
Neben den Durchschnittsspielern ist Verbandssportdirektor Lars Weibel ein Verlierer der positiven Entwicklung: Die neue Ausländerregelung taugt einfach nicht mehr als Ausrede für die notorisch schlechten Resultate der Nationalmannschaft, die inzwischen elf Spiele hintereinander verloren hat und seit 2018 bei einem Titelturnier nie mehr über den Viertelfinal hinausgekommen ist. Die Ursachen sind beim Coaching des Nationalteams zu suchen und nicht bei der neuen Ausländerregelung.
Die Klubs in der höchsten deutschen Liga (DEL) dürfen neun Ausländer einsetzen und die Nationalmannschaft profitiert: 2018 (Olympia-Achtelfinal), 2021 und 2023 (WM-Viertelfinal) hat Deutschland die Schweiz bei Titelturnieren besiegt und 2018 (Olympische Spiele) und 2023 (WM) den Final erreicht. Und Achtung: In der DEL müssen seit 2021 drei U23-Spieler pro Team aufs Matchblatt. Eine Regelung, die auch bei uns dringend erforderlich und sinnvoll wäre.
Die Erhöhung von vier auf sechs Ausländern erhöht das Niveau der Liga und schadet der Nationalmannschaft nicht. Aber diese Regelung macht unser Hockey-Business auf allen Ebenen anspruchsvoller und diesen erhöhten Ansprüchen sind nicht alle gewachsen. Die Macher der Liga gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie dringend erforderliche Reorganisationen in Zusammenarbeit mit dem Verband nicht endlich vorantreiben. Also die Installation eines Farmteam-Systems, die Reorganisation der Swiss League und der Juniorenmeisterschaft. Die neue Ausländerregelung kann unser Hockey weiterbringen, wenn sie als Herausforderung angenommen und sie die Bürogeneräle beim Verband und der Liga aus der Komfortzone scheucht. Sie hat mittelfristig zerstörerische Wirkung, wenn sie keine Veränderungen zu provozieren vermag.
Die neue Ausländerregelung ist also eine Chance und trägt zugleich eine Gefahr in sich: kurzer Wahn, lange Reue.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Ok und Visp, Basel, Olten, La Chaux de Fonds machen dann was?