Netanjahu träumt von «Gross-Israel»
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich zu der Vision eines sogenannten «Gross-Israel» bekannt und damit Proteste in mehreren arabischen Staaten ausgelöst. In einem TV-Interview mit dem israelischen Sender i24NEWS erklärte er, er fühle sich eng mit dieser Idee verbunden – ein Konzept, das von ultranationalistischen Kreisen seit Jahrzehnten vertreten wird. Es bezieht sich auf die biblisch beschriebenen Grenzen des antiken Königreichs Salomon und umfasst daher nicht nur das Westjordanland, sondern auch Gebiete in den heutigen Staaten Jordanien, Libanon und Syrien.
Ägypten forderte daraufhin eine «Klarstellung» und warnte vor weiteren Spannungen. Das jordanische Aussenministerium sprach von einer «gefährlichen Provokation» und einer Bedrohung der staatlichen Souveränität. Auch Irak und Saudi-Arabien verurteilten die Äusserungen scharf und wiesen Expansionspläne entschieden zurück.
Netanjahu träumt von Gross-Israel: Westjordanland steht vor der Teilung
Währenddessen stellte Finanzminister Bezalel Smotrich in der israelischen Siedlung Maale Adumim östlich von Jerusalem seinen Plan für den Bau von 3'400 Wohneinheiten vor. Die neuen Siedlungen sollen im sogenannten E1-Gebiet entstehen – einem Areal, das strategisch zwischen Ostjerusalem und Maale Adumim liegt und von internationalen Beobachtern seit Jahren als hochsensibel eingestuft wird. Eine Bebauung könnte einen durchgehenden israelischen Siedlungskorridor schaffen und das Westjordanland faktisch in einen nördlichen und einen südlichen Teil zerschneiden. Dieser Schritt «begräbt endgültig die Idee eines palästinensischen Staates», sagte Smotrich vor Ort.
Smotrich verband die Bauankündigung mit der Forderung nach einer Annexion des gesamten Westjordanlands, um der Anerkennung europäischer Staaten für einen Palästinenserstaat zuvorzukommen. Die Palästinensische Autonomiebehörde sprach von einer «Fortsetzung der Annexion und einer Politik der Vertreibung».
Krieg in Gaza verschärft sich
Im Gazastreifen dauern die Kämpfe unvermindert an. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes wurden in den vergangenen Tagen Dutzende Menschen getötet, darunter mindestens sechs, die auf Hilfsgüter warteten. Die UN warnten, dass die humanitäre Lage sich weiter zuspitze und Millionen Menschen von Hilfe abgeschnitten seien.
Das israelische Sicherheitskabinett hatte zuvor beschlossen, seine Operationen in der Stadt Gaza und in zentralen Flüchtlingslagern auszuweiten. Medien berichteten, dass dafür bis zu 100'000 Reservisten mobilisiert werden müssten. Der Generalstabschef hatte vor einer vollständigen Eroberung von Gaza gewarnt, doch seine Bedenken wurden zurückgewiesen.
Hilfsorganisationen wie Oxfam, Care und Ärzte ohne Grenzen kritisierten derweil, Israel verhindere durch neue Vorschriften die Einfuhr dringend benötigter Hilfsgüter. Laut Oxfam wurden im Juli mindestens 60 Anträge abgelehnt, was Hilfsgüter im Wert von mehreren Millionen US-Dollar blockiert habe. Israel verweist auf Sicherheitsbedenken und wirft einigen NGOs vor, als Deckmantel für feindliche Aktivitäten zu dienen.
Extreme Hitze erschwert Lage
Zusätzlich verschlechtert eine Hitzewelle die humanitäre Situation. Am Berg Sodom am Toten Meer wurde mit 36,6 Grad die höchste jemals gemessene nächtliche Minimaltemperatur Israels registriert. In Regionen wie dem Jordantal werden Temperaturen bis zu 50 Grad erwartet. In provisorischen Zelten ohne Belüftung wird die Hitze für viele Menschen, insbesondere im Gazastreifen, zur lebensbedrohlichen Belastung.
Am 7. Oktober 2023 wurden bei einem Terrorangriff der Hamas mehr als 1'200 Menschen in Israel getötet. Rund 250 Menschen wurden zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Fast zwei Jahre danach halten die Islamisten noch immer 49 Geiseln in ihrer Gewalt. Nur 22 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee noch am Leben. Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind seit Kriegsbeginn etwa 61'700 Menschen getötet worden. Diese Zahlen kommen von palästinensischen Behörden und unterscheiden nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten.