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Armee kauft für 300'000 Franken Posaunen in den USA – Schweizer Angebot war günstiger

Armee kauft für 300'000 Franken Posaunen in den USA – Schweizer Angebot war günstiger

Die Armee sorgt für Missklänge: Die Militärmusik der Armee kauft 48 Posaunen in den USA statt aus einheimischer Produktion. Im Kanton Thurgau ist die Politik erbost. Verteidigungsministerin Viola Amherd soll sich erklären.
16.01.2019, 16:59
Christian Kamm / ch media
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Die Musiker der «besten Armee der Welt» spielen oft auf Instrumenten aus ausländischer Produktion. CHRISTIAN BEUTLER /Keystone
Die Musiker der «besten Armee der Welt» spielen oft auf Instrumenten aus ausländischer Produktion.Bild: Keystone

Dissonanzen im Zusammenhang mit der Instrumentenbeschaffung für die Schweizer Militärmusik sind nicht neu. Schon vor zwei Jahren wurde bekannt, dass sich die Armee reichlich unpatriotisch mit Instrumenten aus dem Ausland eindeckt – statt die kleinen, aber feinen Schweizer Hersteller zum Einsatz kommen zu lassen. Diese konnten in der Vergangenheit nicht einmal Offerten einreichen.

Das hat sich bei der jüngsten Beschaffung – 300'000 Franken für 48 Bassposaunen – zwar geändert. Das Resultat blieb dasselbe: Der Auftrag geht ins Ausland, in die USA und nach Frankreich. Die Schweizer Unternehmen gingen leer aus. Darunter auch das renommierte Thurgauer Unternehmen «Blaswerk Haag» – und das obwohl die Weinfelder Firma sogar günstiger offeriert hat.

Entscheid stösst sauer auf

Diese Beschaffungspolitik der Armee, die sich auf das Gesetz beruft, stösst nicht nur vielen Parlamentariern sauer auf, sondern jetzt auch der Thurgauer SP-Regierungsrätin Cornelia Komposch. Die Chefin des Departements für Justiz und Sicherheit hat deshalb der neuen Verteidigungsministerin Viola Amherd geschrieben.

Die Melodie des Briefes: Auch wenn am Entscheid nicht mehr gerüttelt werden könne, bitte man dennoch um Transparenz und eine Stellungnahme. «Es interessiert uns, zu wissen, weshalb die USA und Frankreich den Zuschlag erhielten», heisst es im Schreiben vom 4. Januar an die frisch gewählte Bundesrätin.

Nicht nachvollziehbar

Erstaunt zeigt man sich im Kanton des ausgebooteten Unternehmens nicht zuletzt über die Gewichtung der Vergabekriterien: 70 Prozent betreffen die Qualität und lediglich 30 Prozent den Preis.

«Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die vom Thurgauer Instrumentenbauer blaswerk Musik Haag eingereichte Offerte betreffend die Posaunen bezüglich Qualität so viel schlechter bewertet wurde», schreibt Regierungsrätin Komposch. Zumal das Unternehmen national als auch international einen sehr guten Ruf geniesse. «Die Instrumente bürgen für hohe Qualität.»

Auch heisse es in Artikel 37 der Verordnung über das Beschaffungswesen, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalten müsse. «Aus unserer Perspektive, die zugegebenermassen eine einseitige ist, ist die Vergabe also kritisch zu hinterfragen», so Komposch.

Der Armee treu verbunden

Sie sei als Militärdirektorin mehrfach auf «diese sehr wohl befremdliche Vergabe angesprochen worden», begründet Komposch ihre Intervention. Dass ein äusserst qualifizierter Thurgauer Instrumentenbauer mitofferiert habe, der Auftrag jedoch zu einem bedeutend höheren Preis an die USA gegangen sei, «hat auch mich persönlich sehr gestört».

Im Schreiben wird ausserdem auf die aktuelle Politik der USA verwiesen. Schliesslich erinnert Komposch Bundesrätin Amherd daran, dass der Kanton Thurgau «seit jeher treu und eng mit der Armee verbunden» sei. «Es geht in dieser Sache um Transparenz und Vertrauen.»

Ein Antwortschreiben aus Bern ist bis gestern noch nicht im Kanton Thurgau eingetroffen. Dass die neue Bundesrätin der Militärmusik den Marsch blasen wird, ist allerdings kaum zu erwarten. Wahrscheinlich muss sich die einheimische Blasmusik an folgendes Motto halten: Stetes Posaunen höhlt vielleicht den Stein. (aargauerzeitung.ch)

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mafi
16.01.2019 18:00registriert Januar 2015
Eine Lachnummer die Bemerkung der Firma. Der Prozess der Bewertung wird von Professionellen Berufs- und Milizmusikern der Schweizer Armee durchgeführt. Wenn der Entscheid so eindeutig ist, dann gibt es Gründe dafür.

Alles andere ist quatsch.

Ausserdem: wenn der Preis mehr als 30% des Kriteriums ausmacht, könnte man ja gleich Billigstinstrumente kaufen 🤷🏼‍♂️ adas wichtigste ist und bleibt halt die Qualität des Instruments.
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Picker
16.01.2019 19:09registriert Januar 2016
Um sich eine Meinung zu diesem Fall bilden zu können, wären noch mehr Infos nötig:
- Wie sah das Pflichtenheft/Anforderungsprofil des Bundes bei der Ausschreibung aus? Wie detailliert war es? Wurde die Aufteilung (30%/70%) kommuniziert?
- Wie waren die Eingaben der Firmen im Detail? War z.B. die Eingabe der Schweizer Firma weniger professionell oder unvollständig als die der Konkurrenten? Etc.
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Eine_win_ig
16.01.2019 19:25registriert Dezember 2016
Allle Anschaffungen der Armee - des Bundes - müssen gemäss WTO Richtlinien vollzogen werden. Danach gibt es ein objektives, dem Anforderungskatalog entsprechendes Auswahlverfahren - wiederum nach WTO Standards.

Das ist der Preis der internationalen Schweiz.
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