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Über den Niedergang der Verbindlichkeit.
21.01.2015, 10:4521.01.2015, 11:51
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In den letzten Tagen machte eine Geschichte in den Social Media die Runde.

In England hatte der kleine George Hillsbottom-Clairebridge (*Name geändert) den kleinen Henry Cottonwool-Brandywine (*Name ebenfalls geändert) zu seinem Geburtstag eingeladen. Es sollte ein vergnügter Nachmittag in der Skihalle werden. Henrys Vater sagte zu, sein Sprössling entschied sich jedoch am Tag des Ausflugs, lieber zu Granny und Gramps zu fahren und tauchte in der Folge unabgemeldet nicht am Geburiplausch auf. 

Nach Neujahr tauchte Henry eines Tages mit einer Rechnung im Rucksack zuhause auf. Eine Rechnung über £15.95 von der Skihalle - Betreff: No Show Fee (also eine Busse, weil das Kind nicht aufgetaucht ist). Henrys Vater ist nun ganz ausser sich und will das Geld nicht bezahlen, worauf anscheinend Georges Mutter mit weiteren rechtlichen Schritten drohte.

Wenn ich das also richtig verstanden habe, gibt die Mutter vom kleinen George die ihr von der Skihalle auferlegte No Show Fee an die Eltern des Kindes weiter, das tatsächlich nicht aufgetaucht ist, oder sehe ich das falsch? Und sie ist nun die Hexe?

Natürlich kann man sagen, dass es etwas unglücklich ist, dass sie sich nicht direkt bei Henrys Eltern meldet und das so klärt. Vielleicht kann man auch darüber streiten, ob es sich lohnt, wegen CHF 21.10 ein solches Tamtam zu veranstalten.

Ich verstehe aber ganz ehrlich den Aufschrei nicht, der jetzt durch die Massen geht und warum man findet, die Mutter von George habe sich daneben verhalten. Es ist doch völlig offensichtlich, welche Partei diese Busse bezahlen muss. Der Zwerg ist nicht aufgetaucht, man hat sich am Tag des Ausflugs die Mühe nicht gemacht, die Nummer von Georges Eltern ausfindig zu machen, um ihnen mitzuteilen, dass Henry nicht teilnimmt. Das zog eine Strafe nach sich, man bekommt eine Rechnung und diese wird den Verursachern weitergegeben. Zagg. Ganz simpel.

Nun die Mutter als kleinlich und geldgeil zu bezeichnen, ist vor allem seitens Henrys Vater ziemlich ironisch, da diese ganze Episode gar nicht zustande gekommen wäre, wenn er sich an das gehalten hätte, was er versprochen hat.

Grundsätzlich wirft diese Geschichte doch einmal mehr die Frage nach der Verbindlichkeit auf. Warum sagt jemand zu und taucht dann, ohne sich zu melden, nicht auf?

Verbindlichkeit ist heute offensichtlich nicht mehr dasselbe wie früher. Viele sagen ja, das sei auf den Fortschritt der Technologie zurückzuführen. Wo man sich früher noch auf dem Pausenhof verabredete und im Anschluss keine Möglichkeit mehr hatte, einen Rückzieher zu machen, bieten die heutigen Technologien die Möglichkeit, kurzfristig abzusagen, zu verschieben oder so zu tun, als hätte der Hund das iPhone gefressen.

Verschiebt sich nun aber das Kurzfristig-Absagen-Können mittels Handy auch auf andere Verpflichtungen? Wird die Unverbindlichkeit zu einer Grundeinstellung?

Während meines Buchverkaufs zum Beispiel wurden von 1000 bestellten Büchern nur 700 ohne weitere Aufforderung bezahlt. An Geburtstagspartys rechne ich mittlerweile damit, dass nur circa 60% aller Angemeldeten auftauchen.

Und es stellt sich mir die Frage: Was ist so schwierig daran, sich an das zu halten, was man abmacht? Ist es heute einfacher, den kurzfristigen «Anschiss» siegen zu lassen und im Pischi zuhause zu bleiben, anstatt rauszugehen, weil die Absage nur ein SMS entfernt ist? Und schadet das längerfristig nicht unseren zwischenmenschlichen Beziehungen, weil Verlässlichkeit doch auch eine derer Grundlagen ist? Von den Auswirkungen auf Liebesbeziehungen will ich gar nicht anfangen.

Vielleicht sollten wir uns alle an der Nase nehmen und wieder eher zu dem stehen, was wir sagen. Wäre ein guter Vorsatz.

Naja. Mal luege...

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Yonni Meyer
Yonni Meyer schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen –direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony – aber nicht weniger unverblümt. 

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7 Kommentare
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Der Ort, an dem die Frauen baggern
Ich war für ein Wochenende in Davos und habe eine kleine Analyse und eine Nummer für euch mitgebracht.

Wer in Zürich jemanden kennenlernen will, so im echten Leben, in einer Bar oder einem Club, ich rede hier nicht von den ganz verrückten Dingen, die nur in Filmen passieren, wo sich Leute am helllichten Tag auf dem Trottoir kreuzen und so verzaubert sind, dass sie umdrehen und einander auf der Stelle ehelichen, nein, ich rede hier vom billigbanalen, promillebedingten Ansprechen an Orten, wo man sich kaum sieht und hört, davon rede ich, und auch das passiert in Zürich nie. Mir nicht, meinen Freundinnen und Freunden nicht und dir ganz bestimmt auch nicht. Ausser vielleicht, du siehst aus wie Jennifer Lawrence. Aber wer sieht schon aus wie Jennifer Lawrence? Eben.

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