Schweiz
Konsum - Detailhandel

Coop überwacht Kunden mit «intelligenten» Kameras

Self checkout at Coop Sihlcity in Zurich, pictured on January 29, 2015. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Self Checkout im Coop Sihlcity am 29. Januar 2015 in Zuerich. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Coop möchte Betrüger beim Selfcheckout entlarven.Bild: KEYSTONE

Coop überwacht Kunden mit «intelligenten» Kameras

Der Detailhändler installierte ohne vorherige Kommunikation in mehreren seiner Geschäfte mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Kameras.
21.02.2025, 13:4522.02.2025, 13:52
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Coop hat in mehreren Filialen diskret Kameras installiert, die mit einer Software für künstliche Intelligenz ausgestattet sind, wie «Le Temps» berichtet. Das Ziel dabei: Diebstahl zu bekämpfen, insbesondere an automatischen Kassen, indem verdächtige Verhaltensweisen erkannt werden.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras analysieren diese Systeme das Verhalten der Kunden in Echtzeit, um verdächtige Verhaltensweisen zu erkennen. Wenn ein solches Verhalten erkannt wird, wird eine Warnung an das Personal gesendet, erklärten einige Angestellte. Die Angestellten gaben jedoch nicht an, ob jeder Alarm überprüft wird.

Mangelnde Transparenz wirft Fragen auf

Die Intransparenz kommt bei Rechts- und Datenschutzspezialisten schlecht an. François Charlet, ein Jurist, der auf diesen Bereich spezialisiert ist und von «Le Temps» befragt wurde, weist auf einen eklatanten Informationsmangel hin.

«Viele Menschen erwarten nicht, dass eine Kamera künstliche Intelligenz enthält. Man kann nicht vernünftigerweise davon ausgehen, dass ein Kunde mit einer so allgemeinen Information angemessen über die Einsätze aufgeklärt wird»
François Charlet

Coop bestätigte auf Anfrage die Existenz dieser Kameras, auf die die Kunden durch ein Piktogramm am Eingang der Geschäfte hingewiesen werden. Coop weigerte sich jedoch, Einzelheiten über die genaue Funktionsweise der Kameras zu nennen, und berief sich auf seine Politik der Diskretion in Sicherheitsfragen.

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) kündigte an, dass er von Coop nähere Informationen über den Einsatz der Kameras verlangen werde, so die Westschweizer Medien. Der EDÖB ist der Ansicht, dass die Einzelhandelskette zwar ein legitimes Interesse an der Sicherung ihrer Geschäfte geltend machen kann, dass sie jedoch die im Datenschutzgesetz festgelegten Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Transparenz beachten muss.

«Jede Videoüberwachung als Datenverarbeitung muss den im Datenschutzgesetz festgelegten Grundsätzen entsprechen, insbesondere der Transparenz und der Verhältnismässigkeit.»
EDÖB.

Eine riskante Vorrichtung?

Der Einsatz «intelligenter» Kameras wirft weitere Fragen auf. Künstliche Intelligenz beruht auf Lernmodellen, deren Kriterien nicht immer transparent sind. Für Estelle Pannatier, Policy Managerin bei der Organisation AlgorithmWatch, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit algorithmischen Technologien einsetzt, können solche Geräte potenziell zu Diskriminierungen führen.

«Es ist unerlässlich, dass diese Risiken ernst genommen, bewertet und gemildert werden»
Estelle Pannatier

Die Initiative von Coop scheint in der Schweiz eine Premiere zu sein. Zwar versuchen auch andere Einzelhandelsketten, die Zahl der Diebstähle zu reduzieren, doch haben sie sich für andere Lösungen entschieden. Migros oder Lidl zum Beispiel haben in einigen Geschäften Barrieren aufgestellt, die die Kunden zwingen, ihren Kassenbon zu scannen, bevor sie gehen können. (sia/kek)

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179 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gummibärenbande
21.02.2025 16:11registriert April 2019
Ein Bekannter von mir ist Geschäftsführer einer Coop Filiale in einem grossen Einkaufszentrum.
Es ist Haarsträubend, was dort alles gestohlen wird und sie klären lediglich einen Bruchteil auf.
Nebst den "kleinen Fischen" sind auch organisierte Banden am Werk und die Polizei ist täglich vor Ort.
Da kann ich leider Coop verstehen, dass sie solche Massnahmen ergreifen.
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Poly Tick
21.02.2025 14:41registriert Oktober 2023
Wenn "man" sich vor Augen führt, dass im Detailhandel pro Jahr etwa 2%, also rund 1,8Milliarden Franken wegkommen, kann nachvollzogen werden, dass Massnahmen ergriffen werden müssen. Ob es allerdings KI-Kameras, die evtl über biometrische Daten (Hallo Überwachungsstaat China) arbeiten, sein müssen, habe ich meine Probleme...
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Boogie
21.02.2025 16:22registriert April 2014
Laut einem 20min Artikel gab es 2024 rund 48% mehr Ladendiebstähle als noch 2020. Das sollte man sich mal durch den Kopf gehen lassen. Offensichtlich hat sich das Verhalten der Schweizer Bevölkerung in dieser Hinsicht stark verändert. Mich würde deshalb mehr interessieren, warum das so ist und allenfalls wer klaut, als die Methoden der Detailhändler zur Diebstahlprävention. Denn dass sich niemand den Laden leerstehlen lassen will, ist klar.
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