Bundesrätin Doris Leuthard ist bei ihrem dreitägigen Arbeitsbesuch in China mit dem chinesischen Vizepräsidenten Li Yuanchao und mehreren Ministern zusammengetroffen. Im Zentrum stand die Konkretisierung von Abkommen im Bereich der Klimapolitik und der Innovation.
Leuthard sprach in Peking lobend von der guten Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. «Wir haben unsere Zusammenarbeit erweitert und eine neue Phase begonnen», sagte sie am Donnerstag. Die beiden Länder verbinde eine langjährige Beziehung, die in den letzten Jahren vertieft worden sei. Dabei liege der Fokus auf wirtschaftlichen Beziehungen.
Der letzte Besuch eines Mitglieds der Landesregierung fand im April dieses Jahres statt, als Bundespräsident Johann Schneider-Amman auf offiziellem Staatsbesuch in China weilte. Schneider-Ammann schloss mit China eine so genannte «Innovative Strategische Partnerschaft» ab.
Deren Inhalt blieb damals vage. Laut Leuthard hat die Schweiz deren Inhalt nun in verschiedenen Treffen konkretisiert. Die Umsetzung solle sektoral erfolgen und Privatunternehmen situativ eingebunden werden.
Leuthard traf sich nun mit Vertretern der Nationalen Energie-Administration, des Ministeriums für Bauwesen, und des Ministeriums für Wasserwirtschaft. Schweizerische und chinesische Experten besprachen Lösungen für Probleme bei der Wasserversorgung.
Fortschritt nach Paris
China sei der weltweit grösste Emittent von Treibhausgasen, sagte Leuthard vor den Medien in Peking. Aber Peking habe beschlossen, zu handeln. Beim Pariser Abkommen habe das Land eine wichtige Rolle gespielt. Im privaten Gespräch mit Vizepräsident Li Yuanchao habe sie deutlich gemerkt, dass China die Umsetzung Weltklimaabkommens ernst nehme, erklärte die Bundesrätin.
Leuthard traf auch Jin Liqun, den Präsidenten der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB). Die Schweiz war Ende April eines der ersten Länder, das der chinesisch dominierten Bank beigetreten war, welche oft als ein chinesischer Gegenentwurf zur Weltbank-Gruppe gesehen wird.
«Wir freuen uns, dass schon fünf Projekte gutgeheissen wurden,» sagte Leuthard in Peking. In Asien könnten viele Infrastrukturprojekte die Hilfe der Bank gebrauchen.
Keine Zeit für Kommunikation
Ein vierter Themenbereich, die Kommunikation, kam beim Besuch der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) nicht zur Sprache. Aus Zeitgründen habe sie den Kommunikationsminister nicht treffen können, sagte sie zur Begründung. «Das ist aber sicher ein Thema, dass wir aufnehmen müssen», fügte sie an.
China liegt auf der Rangliste der Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation «Reporter ohne Grenzen» auf Platz 176 von 180. Weiter hinten sind nur Länder wie Nordkorea, Turkmenistan oder Syrien.
Neben der strikten Zensur der Medien und des Internets hat die chinesische Regierung in letzter Zeit grundsätzliche Freiheitsrechte der Bürger immer stärker beschnitten. Menschenrechtsanwälte sitzen ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis.
Laut dem Schweizer Botschafter Jean-Jacques De Dardel sind Menschenrechtsfragen im Mai 2016 im Rahmen des Menschenrechtsdialogs thematisiert worden. «Solche Dinge bespricht man besser nicht am Verhandlungstisch», sagte Leuthard. «Es ist besser, diese Gespräche auf Vertrauensbasis zu führen.» Kritik an der Regierungstätigkeit müsse aber möglich sein.
Handel mit Emissionszertifikaten
Am Donnerstag reiste Leuthard weiter in die südchinesische Millionenstadt Shenzhen. Dort läuft eines von sieben Pilotprojekten in China, die bereits lokal mit Emissionszertifikaten handeln. Ein nationales System soll im nächsten Jahr starten.
«Das ist sehr interessant, vielleicht kann die Schweiz in diesem Bereich etwas von China lernen,» sagte Leuthard vor ihrer Abreise in Peking. Sie wird sich mit Unternehmen treffen, die bereits Erfahrung mit dem Projekt haben. (sda)