Mehrere Lehrer in der Waadt haben gegen Schüler Anzeigen wegen heimlich aufgenommener und im Internet verbreiteter Videos eingereicht. Für Beat W. Zemp, den Präsidenten des Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, ist das kein Kavaliersdelikt.
Zu einem gravierenden Fall kam es unlängst in der Gemeinde Ecublens in der Nähe von Lausanne, wo Jugendliche einen Lehrer zur Verzweiflung trieben, die Szene mit dem Handy filmten und Videos über Smartphone-Apps verbreiteten. Die Schüler wurden für drei Tage von der Schule verwiesen.
Zudem reichte der Lehrer Anzeige ein. Die Schüler müssen sich deshalb vor dem Jugendgericht verantworten. Ihnen droht eine Busse oder gemeinnützige Arbeit. Der Fall Ecublens ist in der Waadt kein isoliertes Phänomen.
Mehrere Anzeigen in der Waadt
Es geben mehrere Anzeigen von Lehrern im Kanton, sagte Alain Bouquet, Generaldirektor der obligatorischen Schulen in der Waadt, der Nachrichtenagentur sda. Er bestätigte einen Bericht der Zeitung «24 heures». Er habe Kenntnis von mindesten fünf Fällen.
Das Problem wurde auch am vergangenen Donnerstag an der Konferenz der Schulleiter erörtert. Der Schulleiter von Ecublens warnte nach dem Vorfall sämtlichen Eltern in einem Brief.
Der Text wurde nun auch allen anderen Waadtländer Schulleitern zur Verfügung gestellt, um ihn den Eltern zu schicken. Heimlich ein Video im Klassenzimmer aufzunehmen, verletze das Persönlichkeitsrecht, betonte Bouquet.
Die Vorfälle in der Waadt sind keine Einzelfälle, wie Beat W. Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), der Nachrichtenagentur sda sagte. Fehlbare Schüler anzuzeigen, sei der richtige Weg. Denn eine Lehrperson ohne deren Einwilligung zu filmen und das Video zu veröffentlichen, sei kein Kavaliersdelikt.
Filmen ohne Einwilligung verboten
«Das ist nicht nur eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, sondern eine Blossstellung», sagte Zemp der. Einen Lehrer oder eine Lehrerin zu ärgern, zu filmen und die Bilder zu veröffentlichen, komme einer Mobbingsituation gleich. Im Klassenzimmer gelte das Recht am eigenen Bild.
Weder Schüler noch Lehrkräfte dürften ohne Einwilligung gefilmt, fotografiert oder ihre Gespräche aufgezeichnet werden. Der LCH empfiehlt Lehrerinnen und Lehrern, das Thema mit ihren Klassen zu besprechen. Ein Handy-Verbot im Schulzimmer hält Zemp für falsch: Jugendliche müssten lernen, mit den Geräten korrekt umzugehen.
Der LCH hat mit den Lehrerverbänden in Deutschland und Österreich einen Leitfaden zum Thema Social Media erstellt. Dieser richtet sich besonders an Lehrerinnen und Lehrer sowie an Schulleiter und Schulleiterinnen und kann von der Webseite des LCH heruntergeladen werden.
http://www.lch.ch/publikationen/downloads/ (sda)