Schauspielhaus Zürich: «Am Königsweg» von Elfriede Jelinek

Schauspielhaus Zürich: «Am Königsweg» von Elfriede Jelinek

09.03.2018, 13:52

Elfriede Jelineks «Königsweg» mäandriert bissig und böse. Und mitunter droht er schon mal in eine Sackgasse zu geraten.

Auf der fürs Erste geschlossenen Bühnenwand prangt ein dunkler Kreis. Eine Pupille? Ein Loch im Golf Green? Was auch immer - das Loch tut sich auf, und in der runden Leere, im leeren Rund tritt eine Seherin auf. Das heisst, sie schwingt ihre kurzen Puppenbeine über den Lochrand wie es die Figuren im Kasperltheater.

Über dem Körper aber sitzt eine Art Talking Head (er gehört Miriam Maertens) mit der bekannten Jelinek-Tolle. Und der setzt jetzt zu einer wortreichen Suada an: ein wild wucherndes Wortgestrüpp, in dessen Windungen und Wirrungen man sich sehr bald einmal zu verlieren droht.

Vielschichtig, ja gewiss. Assoziativ, bildhaft, eruptiv, masslos und mitunter mit gesuchten Kalauern gespickt. Zum Beispiel: «Ein Geldschein, doch er geldet jetzt nicht mehr.» Oder auch: «Laufen tu ich nicht mehr, ich laufe nur noch ab».

Monsterkönig

Immerhin erfahren wir, dass ein neuer König gewählt wurde. Ein neuer Ödipus, blind, machtbesessen, sexistisch, geldgierig, impulsiv, narzisstisch, verlogen, schwatzhaft, dumm, ordinär... Kurz, ein Monster! Natürlich: Er ist’s - obwohl sein Name nie genannt wird.

Elfriede Jelinek hat unmittelbar nach der ominösen Wahl zu schreiben begonnen. Mit Biss und Wut und Ironie schreibt sie gegen den «Trumpismus» an, ein Phänomen, das geschwürartig den Globus überzieht.

Inhaltlich gleicht der Text einer Pandora-Büchse, die alles Ungute dieser Welt in sich fasst: Rechtspopulismus, Oligarchie, Globalisierungswahnsinn, Fake News, Klimawandel, Superkapitalismus, Mauerbau, Flüchtlingskrise, Ohnmacht der Intellektuellen... bis hin zur präsidialen Twittersucht, den Frauengeschichten, dem Nepotismus. Alles packt Jelinek in ihren rhetorisch-polemischen Rundumschlag, der zwischen Revue, Kabarett und Horror-Muppet-Picture-Show geistert.

Überdekoriert

Stefan Pucher hat das Stück (das eigentlich keines ist) in einer zweistündigen Fassung als Schweizer Erstaufführung auf die Pfauenbühne gewuchtet.

Das Wort ist bewusst gewählt. Denn: Was da an szenisch-optischer Opulenz ausgebreitet wird, ist beachtlich. Doch wird man den Eindruck nicht ganz los, dass die Regie, die knalligen Effekte, die unausweichlichen Videos, die grotesken Puppen und die fantasievolle Ausstattung sowie die rockige Live-Musik das bieten sollen, was der Text nicht hergibt, (sda)

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