Geiselnahme bei Yverdon: SRF kassiert Rüffel von Ombudsstelle

SRF kassiert Rüffel von Ombudsstelle – weil es Nationalität eines Geiselnehmers verschwieg

Im Februar schockierte eine Geiselnahme in einem Zug im Kanton Waadt die Schweiz. Der Täter war ein iranischer Asylbewerber. Nun musste die Ombudsstelle der SRG die Berichterstattung von SRF beurteilen.
31.05.2024, 18:36
Kari Kälin / ch media

Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat in der Berichterstattung über eine Geiselnahme im Kanton Waadt das Sachgerechtigkeitsverbot verletzt. Dies hält die SRG-Ombudsstelle in ihrer Stellungnahme zu einer Beanstandung fest. Ein Radiohörer hatte moniert, dass SRF in der Sendung Morgennachrichten um 5:30 Uhr nicht erwähnt hatte, dass der 32-jährige Täter ein iranischer Asylbewerber war, obwohl dies die Polizei in einem Communiqué bereits mitgeteilt hatte.

Vaud cantonal police officers watch the Travys train where a hostage-taking incident took place at Essert-sous-Champvent station, Switzerland, Thursday, 8, February, 2024. A hostage-taking incident to ...
Beamte der Waadtländer Kantonspolizei am Schauplatz der Geiselnahme in einem Regionalzug zwischen Yverdon und Sainte-Croix im Februar.Bild: keystone

Solche Beiträge, so der Hörer, nährten die Vermutung, dass die SRG am liebsten das publiziere, was ihr passe. «Warum soll ich Zwangsgebühren zahlen und überhaupt Ihre Nachrichten hören, wenn Sie ihnen möglicherweise unliebsame Informationen einfach unter den Tisch fallen lassen?», fragte der Hörer.

Die Ombudsstelle hat die Beanstandung bestätigt, wie sie am Freitag mitteilte. Nebst einer psychisch gestörten Täterschaft seien ein terroristischer Hintergrund oder erpresserische Absichten genereller Natur denkbar gewesen, so die Ombudsstelle. Allein deshalb hält sie es für angebracht, die bekannten Tatsachen umfassend zu kommunizieren, «da diese zum besseren Verständnis der Tat offenkundig von Bedeutung waren.»

In seiner Stellungnahme verwies SRF auf ihre internen publizistischen Leitlinien. Die Nachrichtenequipe habe sich an die Grundregel gehalten, Nationalität oder ethnische Herkunft von Tätern und Opfern nicht zu nennen. Die Leitlinien erlaubten aber begründete Ausnahmen - nämlich dann, wenn die Nennung solcher biografischer Angaben für das Verständnis der Tat notwendig sei. Nach einer frühmorgendlichen publizistischen Diskussion habe SRF deshalb in der Berichterstattung ab 6 Uhr die Nationalität des Täters genannt. SRF bat um Ablehnung der Beanstandung, auch wegen der zeitnahen Reaktion - vergeblich, wie sich nun herausstellte.

Bewaffnet mit Axt und Messer

Am Abend des 8. Februars nahm ein 32-jähriger Asylbewerber aus dem Iran die Passagiere eines Zuges auf der Linie Baulmes-Yverdon im Kanton Waadt als Geiseln. Bewaffnet mit Axt und Messer, hielt er 13 Personen während mehrerer Stunden in seiner Gewalt. Die Polizei rückte mit einem Grossaufgebot auf und beendete die Geiselnahme um 22.15. Hierbei verletzte sie den Täter tödlich.

Der Geiselnehmer wollte mit seiner Aktion gemäss Medienberichten erreichen, dass eine Betreuerin aus einem Asylzentrum mit ihm spricht, in die er sich verliebt hatte. (aargauerzeitung.ch)

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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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7immi
31.05.2024 18:51registriert April 2014
Das Verhindern der Transparenz, weil die Fakten nicht der eigenen Ideologie entsprechen, finde ich gefährlich und untergräbt die Glaubwürdigkeit des Mediums. Sonst müsste man auch weitere Attribute weglassen wie Alter und Geschlecht, dort ist Transparenz aber komischerweise erwünscht…
20133
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Voraus denken!
31.05.2024 21:39registriert März 2022
Wie schon ein paar Mal geäussert, und ich verstehe die Absicht hinter dieser selbstzerstörerischen Haltung nicht.

Wieso werden die offensichtlichen Tatsachen rund um das Ausländerproblem verschwiegen?

Es bringt nichts, die Augen zu verschliessen und bei jedem Vorfall das Märchen des "Einzelfalles" zu zitieren.

Was soll das? Was ist die Absicht dahinter?
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SFC
31.05.2024 20:59registriert Dezember 2022
Das ist das Resultat, wenn die politische Ausrichtung der Mitarbeitenden der - staatlichen wohlgemerkt - Medienlandschaft unausgeglichen ist. Im Falle der SRG meines Erachtens zu weit im linken Spektrum.

Bei einer Demokratie braucht es immer beide politischen Spektren (ohne ihre absoluten Extreme) und die Mitte. Nur so kann über Disput, Diskussionen usw. ein mehrheitsfähiger Kompromiss gefunden werden.

Dasselbe würde dem SRG gut tun für eine ausgeglichenere, objektivere Medienberichterstattung.
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