Die Zahl der bei Massenprotesten im Gazastreifen an der Grenze zu Israel getöteten Palästinenser ist am Montag auf 52 gestiegen. Dies teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit. Es ist damit der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014.
Mehr als 2400 weitere Menschen wurden den Angaben des Ministeriums zufolge verletzt, darunter Hunderte durch Schüsse. Schon gegen Mittag setzten zahlreiche Palästinenser Reifen in Brand. Nach Berichten von Augenzeugen versuchten mehrere Männer, den Grenzanlage zu Israel zu durchschneiden.
Nach Angaben der Armee beteiligten sich rund 40'000 Menschen an zwölf verschiedenen Orten an den Protesten an der befestigten Grenzanlage. Palästinenser hätten Brandbomben und explosive Gegenstände auf Soldaten geworfen, hiess es in einer Stellungnahme.
Der palästinensische Gesundheitsminister Dschawad Awad in Ramallah warf Israel ein «Massaker an unbewaffneten Demonstranten» vor. Russland zeigte sich besorgt angesichts der Verlegung der US-Botschaft. Auch die Türkei sprach von einem Massaker.
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini rief alle Seiten «zu äusserster Zurückhaltung» auf. «Israel muss das Recht auf friedlichen Protest und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beim Einsatz von Gewalt respektieren», erklärte Mogherini. Die radikale Palästinenserorganisation Hamas und andere müssten ihrerseits für gewaltfreie Demonstrationen sorgen.
Stopp von scharfer Munition gefordert
Das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte zeigte sich schockiert darüber, dass Dutzende von Menschen getötet und Hunderte verletzt worden seien. Die UNO-Organisation forderte in Genf, dass der Einsatz von scharfer Munition durch israelische Soldaten gestoppt werde.
Uno-Generalsekretär Antonio Guterres sagte in Wien, die Ausschreitungen verdeutlichten, dass eine politische Lösung des Konflikts unabdingbar sei. «Es gibt keinen Plan B zur Zwei-Staaten-Lösung.»
US-Botschaft offiziell eröffnet
Ein Auslöser der palästinensischen Proteste ist die Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem. Die Botschaft in der Stadt wurde am Nachmittag im Beisein von rund 800 Gästen aus Israel und den USA eröffnet. US-Präsident Donald Trump erklärte in einer Videobotschaft aus Washington, die während der Eröffnungszeremonie übertragen wurde, sein Land bleibe einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten verpflichtet.
Trump hatte im Dezember in einem umstrittenen Alleingang Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Die Entscheidung wurde international scharf kritisiert. Es kam zu Unruhen in den Palästinensergebieten.
Sie richten sich ausserdem gegen die seit mehr als einem Jahrzehnt bestehende Blockade des Gazastreifen durch Israel und Ägypten. Die Palästinenser erinnern zudem an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender vor 70 Jahren im Zuge der israelischen Staatsgründung.
Der Status Jerusalems ist eine der heikelsten Fragen im Nahostkonflikt und soll in Friedensverhandlungen geklärt werden. Israel hatte den Ostteil samt der historischen Altstadt im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und 1980 annektiert, die Uno erkennt die Annexion aber nicht an. Die Palästinenser erheben Anspruch auf den Ostteil Jerusalems als Hauptstadt eines zukünftigen Palästinenserstaates. (sda/dpa/reu/afp)