Die Schwyzerin Petra Gössi hat ihr Interesse am FDP-Parteipräsidium angemeldet und hat vorläufig freie Bahn. Denn der bisher als Favorit gehandelte Berner Nationalrat Christian Wasserfallen verzichtet auf eine Kandidatur.
Sie stelle sich «gerne dem entsprechenden Auswahlverfahren», teilte die 40-jährige Juristin und Schwyzer Nationalrätin am Samstagabend schriftlich mit. Den Entscheid für ihre Kandidatur habe sie nach einem ersten Sondierungsgespräch mit der Findungskommission gefällt. Weitere Angaben machte sie nicht. Sie weile im Ausland, schrieb sie.
Die politischen Schwerpunkte setzt Gössi ähnlich wie der amtierende FDP-Präsident Philipp Müller. Die auf der Onlineplattform smartvote.ch aufgeschalteten Profile der beiden sind fast deckungsgleich.
Fast deckungsgleiche Profile
Müller und Gössi ist eine liberale Wirtschaftspolitik sehr wichtig. Eine «restriktive Migrationspolitik» unterstützt Gössi gemäss «Smartspider»-Profil hingegen weniger stark als Müller.
Dieser hatte schon vor seiner Zeit als eidgenössischer Parlamentarier mit Ausländerpolitik von sich reden gemacht. Fast im Alleingang lancierte er eine Initiative, die den Ausländeranteil in der Schweiz auf 18 Prozent begrenzen wollte. Das Begehren wurde im Jahr 2000 an der Urne abgelehnt.
Mehr Zustimmung als Gössi gibt Müller gemäss seinem Profil auch einer «offenen Aussenpolitik». Dem Punkt «restriktive Finanzpolitik» stimmt wiederum Gössi etwas stärker zu.
«Ein 130-Prozent-Job»
Die Schwyzerin ist seit 2011 Nationalrätin. Sie sitzt in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) und Kommission für Rechtsfragen (RK). Von Juni 2004 bis November 2011 politisierte Gössi im Schwyzer Kantonsparlament. Seit Mai 2012 präsidiert sie die FDP Kanton Schwyz.
Wasserfallen, der seinen Entscheid zunächst erst am Montag hatte bekanntgeben wollen, verschickte sein Communiqué nun bereits am Sonntag. Das FDP-Parteipräsidium sei ein 130-Prozent-Job, sagte er der Nachrichtenagentur sda.
«Mit meiner aktuellen Lebenssituation ist es praktisch nicht vereinbar.» Was die Belastung durch das Präsidium bedeutet, habe er erfahren, als er als Vize den derzeitigen FDP-Präsidenten vertreten habe. Wasserfallen will seine Arbeit im Parlament fortsetzen. Im Fokus stünden Dossiers wie Bildung und Forschung, Energie und Umwelt sowie die Zukunft des bilateralen Weges, schrieb er.
Regierungsratskandidatur «mögliche Option»
Wasserfallen hat aber noch andere Gründe für den Verzicht: «Es gibt für mich in meinem Alter weitere politische Wege, die in naher Zukunft spruchreif werden können», schrieb der 34-Jährige. Auf Nachfrage verwies er auf die bernischen Gesamterneuerungswahlen 2018. «Eine Regierungsratskandidatur ist eine mögliche Option.»
Zum Entscheid für den Verzicht beigetragen hat auch, dass er bei der Neubesetzung des FDP-Fraktionspräsidiums im November dem Tessiner Ignazio Cassis unterlegen ist. «Das war ein Fingerzeig, wie ich meine Kräfte einschätzen sollte», sagte er. Er habe sich überlegt, wie das Parteipräsidium «bei Schlechtwetter» aussehen würde. «Deshalb möchte ich nicht so kurz danach das Pferd wechseln.»
Wasserfallen kommentierte auch Gössis Kandidatur: Mit der Schwyzerin stelle sich eine junge motivierte Frau als Parteipräsidentin zur Verfügung, die eine erfolgreiche und geschlossene Partei in die Zukunft führen könne. Wasserfallen will im übrigen FDP-Vizepräsident bleiben, und das unabhängig davon, wer neuer Präsident oder neue Präsidentin der FDP Schweiz wird, wie er festhielt.
Als Favorit gehandelt
Wasserfallen ist in den Medien als Favorit für das FDP-Präsidium gehandelt worden, seit Philipp Müller Mitte Dezember überraschend angekündigt hatte, sich im April nicht mehr zur Wiederwahl stellen zu wollen. Vor Weihnachten hatte Wasserfallen dies mit den Worten kommentiert, sich eine Kandidatur überlegen zu wollen.
Der 63-jährige Aargauer Müller will mit seinem Rücktritt einen Generationenwechsel an der Spitze der Freisinnigen ermöglichen und sich auf sein Ständeratsmandat konzentrieren. Bei den eidgenössischen Wahlen im Herbst legte die FDP nach 36 Jahren erstmals wieder zu. Müller ist seit 2012 Präsident der FDP.
Bis am 29. Februar können Kantonalparteien und der Partei nahestehende Organisationen Kandidaturen einreichen. Die Wahl erfolgt schliesslich an der Delegiertenversammlung vom 16. April. (sda)