Nach dem Lastwagen-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz ist der zunächst festgenommene Verdächtige wieder frei. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse ergaben keinen dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten.
Der 23 Jahre alte Mann, der aus Pakistan kommen soll, habe in seiner Vernehmung umfangreiche Angaben gemacht, eine Tatbeteiligung jedoch bestritten, teilte die Bundesanwaltschaft am Dienstagabend in Karlsruhe mit. Augenzeugen hätten den Lastwagenfahrer nach dem Anschlag nicht lückenlos verfolgt, die kriminaltechnischen Untersuchungen hätten ausserdem keinen Beleg erbracht, dass der Mann im Führerhaus des Lastwagens gewesen sei.
Der Mann, der den Anschlag verübt hat, dürfte somit noch auf freiem Fuss sein. Er war am Montagabend mit einem vermutlich entführten Lastwagen in den Weihnachtsmarkt nahe der Gedächtniskirche im Herzen Berlins gerast. Elf Menschen starben, rund 50 wurden - viele von ihnen lebensgefährlich - verletzt.
Ausserdem wurde ein Mann aus Polen tot im Fahrzeug gefunden. Bei ihm soll es sich um den ursprünglichen Fahrer des Lastwagens handeln. Er wurde erschossen, sein Fahrzeug anscheinend gestohlen. Die Waffe, mit der der Mann getötet wurde, blieb nach Angaben der Behörden verschwunden.
Motiv unbekannt
Nach dem Anschlag herrschte viel Ratlosigkeit. Ermittler und Politik gehen von einem terroristischen Hintergrund aus, rätseln aber noch über das Motiv.
«Wir gehen derzeit von einem Anschlagsgeschehen mit terroristischem Hintergrund aus», sagte Generalbundesanwalt Peter Frank in Berlin. Ein Bekennervideo gebe es allerdings nicht.
Unklar war auch, ob ein Täter oder mehrere am Werk waren. Nach dem Anschlag sei der Täter womöglich noch auf freiem Fuss, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch. Man sei «hochalarmiert». Die Polizei rief die Bürger wieder zu erhöhter Wachsamkeit auf.
Brandenburger Tor erleuchtet
Nach dem Anschlag herrschte Trauer in ganz Deutschland. In berlin erstrahlte das Brandenburger Tor am Dienstagabend in den Deutschlandfarben.
Das Wahrzeichen der Hauptstadt solle ein Ort sein, «an dem man seine Trauer und Solidarität ausdrücken kann», hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller zuvor gesagt. Viel zu häufig sei das Brandenburger Tor in den unterschiedlichsten Farben verschiedener Nationen angestrahlt worden, wo es auch Anschläge gegeben habe.
«Dieses Mal wird das Brandenburger Tor in unseren eigenen Landesfarben angestrahlt», sagte Müller. Nach Anschlägen etwa in Frankreich und Belgien hatte das Brandenburger Tor in der Vergangenheit in den Nationalfarben der betroffenen Länder geleuchtet.
Trauergottesdienst
Zum Gedenken an die Opfer des Anschlags fand zudem in der Gedächtniskirche ein Trauergottesdienst statt. Am ökumenischen Gottesdienst in der Kirche unmittelbar am Anschlagsort nahmen auch jüdische und muslimische Geistliche sowie ein Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche teil. Unter den Gästen waren auch Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller.
«Wir sind zusammengekommen, um vor Gott unser Erschrecken, unsere Trauer, unsere Fragen zu tragen», sagte der Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer. Der Berliner Bischof Markus Dröge rief angesichts der «Terrortat» von Berlin zu gesellschaftlichem Zusammenhalt auf. «Wir geben dem Terror nicht dadurch Recht, dass wir uns entzweien lassen», sagte er. «Wir lassen uns nicht zur Unmenschlichkeit verführen.» (sda/dpa/reu/afp)