Beim Polizeieinsatz am Mittwochmorgen im Pariser Vorort Saint-Denis sind mindestens fünf Verdächtige verhaftet worden. Sie würden nun vernommen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
«Drei Männer, die sich in der Wohnung verschanzt hatten, wurden herausgeholt und werden verhört», erklärte die Staatsanwaltschaft. Nahe der Wohnung wurden ein weiterer Mann und eine Frau gestellt. Auch sie würden vernommen.
Bei dem Anti-Terror-Einsatz in Saint-Denis kam es zu heftigen Schiessereien. Ein Verdächtiger wurde dabei erschossen, in einem Haus sprengte sich eine Frau in die Luft. Zudem wurden mindestens drei Polizisten verletzt. Die Operation war am Vormittag noch nicht abgeschlossen.
Auf der Suche nach dem Drahtzieher
Ziel der Razzia war Justizkreisen zufolge der mutmassliche Drahtzieher der Anschläge vom Freitag, Abdelhamid Abaaoud. Ermittler gehen davon aus, dass der Belgier die Anschläge mit mindestens 129 Toten angeordnet hat.
Bei der Aktion in Saint-Denis waren auch rund 50 Soldaten im Einsatz, um den Einsatzort zu sichern. Präsident François Hollande verfolgte nach Angaben aus seinem Umfeld mit Premierminister Manuel Valls und Innenminister Bernard Cazeneuve den Einsatz aus dem Elysée-Palast.
Die Anwohner wurden aufgerufen, in ihren Wohnungen zu bleiben. Über dem Gebiet waren Helikopter zu hören. Nach Angaben des Bürgermeisters von Saint-Denis, Didier Paillard, wurde der öffentliche Nahverkehr in dem Gebiet gestoppt. Die Wohnung liege «im Herzen» der Stadt. Sämtliche Schulen sollten am Mittwoch geschlossen bleiben.
Wohnungsbesitzer angeblich ahnungslos
Ein Mann, der in Saint-Denis festgenommen wurde, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe auf Bitte eines Freundes «zwei seiner Kumpel» aus Belgien in seiner Wohnung untergebracht. Der Mann sagte unter der Bedingung, dass sein Name nicht genannt wird, er habe ihnen seine Wohnung in der Nummer 8 der Rue du Corbillon überlassen.
«Ich sagte, ich habe keine Matratzen, sie sagten: 'Das ist nicht schlimm'. Sie wollten nur Wasser und beten. Ich habe meinen Freund zurückgerufen. Er sagte, sie kämen aus Belgien», sagte der Mann.
Er habe einen Gefallen tun wollen und nicht gewusst, dass es «Terroristen» waren, sagte der Mann äusserst erregt. Er wurde anschliessend von der Polizei in Handschellen abgeführt. Eine Freundin des Festgenommenen sagte AFP, der Mann habe die Tür zu der Wohnung aufgebrochen. Es handle sich also um eine «Art besetzte Wohnung».
Ihren Angaben zufolge waren die Besucher aus Belgien «vor zwei Tagen» gekommen. Dies würde bedeuten, dass sie seit Montag in der Wohnung sind - drei Tage nach den blutigen Anschlägen von Freitagabend in Paris.
Bei den Anschlägen auf die Konzerthalle «Bataclan», auf eine Reihe von Bars und Restaurants sowie auf die Fussballarena «Stade de France» in Saint-Denis wurden mindestens 129 Menschen getötet und 352 weitere verletzt. Sieben Selbstmordattentäter starben. Zu dem Anschlag bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Möglicherweise weiterer Attentäter
Mehrere Medien berichteten am Dienstagabend, dass die Ermittler möglicherweise nach einem zweiten flüchtigen Täter der Attentate von Paris suchen. Augenzeugen und Videoaufnahmen sollen neben Salah Abdeslam ein weiteres Kommando-Mitglied zeigen, das flüchtete.
Es sei eine «starke Hypothese», dass es einen zweiten flüchtigen Attentäter gebe, meldete unter anderen die Nachrichtenagentur dpa am Dienstagabend unter Berufung auf Ermittler. Demnach hätte die Gruppe, die im Osten der Hauptstadt mehrere Bars und Restaurants ins Visier nahm, aus insgesamt drei Attentätern bestanden. (sda/afp/reu/dpa)