Mit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels im nächsten Jahr rechnet der Bund mit einer «markanten Zunahme» von eintägigen Reisen und Wochenendreisen zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin. Weniger gross dürfte der Effekt beim Pendlerverkehr sein.
Zu diesem Schluss kommt eine am Montag veröffentlichte Studie des Bundes, welche die Auswirkungen des Ausbaus auf der Gotthard-Eisenbahnachse untersucht hat. Dazu gehört auch der Bau des Ceneri-Basistunnels, welcher voraussichtlich Ende 2020 in Betrieb genommen wird, und die Realisierung des durchgehenden 4-Meter-Korridors für den Schienenverkehr.
Das Papier dient zwar erst als Basis für konkretere Untersuchungen in den nächsten Jahren. Verschiedene Trends lassen sich jedoch bereits jetzt ableiten.
So rechnet das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) ähnlich wie beim Ende 2007 eröffneten Lötschberg-Basistunnel mit einem deutlichen Wachstum bei den Wochenend- und Tagesausflügen zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin und umgekehrt. Auch dürfte der Güterverkehr auf dieser Achse dazugewinnen.
Gotthard nicht gleich Lötschberg
Doch Aurelio Vigani, Projektleiter Verkehr im ARE, sieht auch Unterschiede zwischen den beiden NEAT-Projekten. «Der klassische Pendlerverkehr wird auf der Gotthard-Strecke weniger stark zunehmen als auf der Lötschberg-Linie», sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Grund dafür seien die grösseren Distanzen.
Die Agglomerationen im Tessin liegen weiter weg von der Deutschschweiz als etwa die Regionen um Visp und Brig im Wallis. In Pendlerdistanz werden sich die beiden Landesteile daher auch nach Vollausbau der Strecke nicht befinden: Zürich soll von Lugano aus in 1 Stunde und 40 Minuten erreicht werden.
Dafür wird der Güterverkehr mit der Inbetriebnahme des neuen Gotthard-Eisenbahntunnels stärker profitieren als beim Lötschberg. «Die NEAT durch den Gotthard ist die wichtigste Verlagerungsmassnahme des Bundes», sagte Vigano. Die Gesamtkosten im Schienengütertransport dürften mit der neuen Achse zurückgehen.
Dieser Effekt blieb beim Lötschberg-Basistunnel aus. Da dort nur eine Röhre gebohrt wurde und der Simplontunnel nicht für ein höheres Verkehrsaufkommen geeignet ist, verkehren auf dieser Strecke nicht mehr Güterzüge als noch 2007.
Bis das Gegenteil bewiesen ist
Der neue Tunnel am Gotthard hat laut dem ARE auch Auswirkungen auf die Bevölkerung, die Wirtschaft und die Raumentwicklung in den angrenzenden Kantonen Uri und Tessin. Während die Städte im Tessin gewinnen dürften, rechnet der Bund beispielsweise mit einem Bevölkerungsrückgang in der oberen Leventina.
Doch diese Szenarien müssen sich nicht unbedingt bewahrheiten, wie das Beispiel des Lötschberg-Basistunnels zeigt. Im Kandertal BE hielten sich die befürchteten Nachteile nach der Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels in Grenzen. Neue touristische Angebote federten den Wegfall der Schnellzüge ab. (sda)