Nationalrat streitet über Höhe und Verbuchung der Asylausgaben

Nationalrat streitet über Höhe und Verbuchung der Asylausgaben

30.11.2016, 08:36

Direkt im Anschluss an das Stabilisierungsprogramm hat der Nationalrat am Mittwoch die Beratung über eine weitere finanzpolitische Vorlage aufgenommen: das Budget für 2017. Zu reden geben dürften die Asylkosten sowie die Einhaltung der Schuldenbremse.

Dieses in der Bundesverfassung verankerte Instrument soll den Bundeshaushalt vor strukturellen Ungleichgewichten bewahren und damit verhindern, dass die Schulden ansteigen wie in den 1990er-Jahren. Das Credo lautet: Über einen Konjunkturzyklus hinweg dürfen die Ausgaben nicht grösser sein als die Einnahmen.

Aktuell lässt die Schuldenbremse ein Defizit von rund 350 Millionen Franken zu. Der Bundesrat will bei Einnahmen von 68.793 Milliarden Franken Ausgaben von 69.412 Milliarden Franken budgetieren. Damit würde ein Defizit von 619 Millionen Franken resultieren.

Um die Regeln der Schuldenbremse trotzdem einhalten zu können, will der Bundesrat 400 Millionen Franken als ausserordentliche Ausgaben verbuchen. Damit würde das Defizit 219 Millionen Franken betragen und wäre konform mit der Schuldenbremse.

Umstrittenes Vorgehen

Dieser Trick sorgte in der Finanzkommission des Nationalrats aber für Kritik. Deshalb beantragt sie ihrem Rat, die Asylausgaben im Budget zu kürzen - um 344 Millionen Franken. Hinzu käme eine Kreditsperre auf 60 Millionen Franken.

Von den Kürzungen gingen 294 Millionen Franken zulasten der Sozialhilfe von Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen. 50 Millionen sollen bei den Betriebsausgaben der Empfangs- und Verfahrenszentren gekürzt werden.

Doch auch dieses Konzept ist nicht in Stein gemeisselt. Nur eine knappe Mehrheit von 13 gegenüber 12 Stimmen stellte sich in der Kommission dahinter.

Rotstift beim Bundespersonal

Weniger ausgeben will die Nationalratskommission ferner beim Bundespersonal. Sie beantragt Querschnittskürzungen von 50 Millionen Franken. Mit 13 zu 12 Stimmen abgelehnt hat sie dagegen einen Antrag auf Kürzungen von 60 Millionen Franken bei den externen Beratern. Die Gelder für die Informations- und Kommunikationstechnik will die Kommission um 17 Millionen Franken kürzen.

Mehr ausgeben als der Bundesrat will sie für die Landwirtschaft. Für die Direktzahlungen beantragt die Kommission rund 62 Millionen Franken mehr. Die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte nach dem sogenannten «Schoggigesetz» will sie um 27 Millionen Franken erhöhen, die Beiträge an die Qualitäts- und Absatzförderung um 2.5 Millionen Franken.

Damit bleibt die Kommission bei der Landwirtschaft auf jenem Kurs, den der Nationalrat schon beim Stabilisierungsprogramm und beim vierjährigen Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft eingeschlagen hat.

Mehr Geld für Bildung

Das gilt auch für die Bildung, Forschung und Innovation. Hier will die Kommission ebenfalls im Einklang mit früheren Beschlüssen des Nationalrats mehr ausgeben als der Bundesrat.

Die Grundbeiträge für Universitäten sollen um 14 Millionen Franken, jene für Fachhochschulen um 10 Millionen aufgestockt werden, die ETH soll 40 Millionen Franken mehr Geld zugesprochen bekommen. Auch die Forschungseinrichtungen sollen 10 Millionen Franken mehr erhalten.

Fragezeichen SIFEM-Kredit

Eine weitere Änderung betrifft die SIFEM, die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes. Im Voranschlag des Bundesrat ist eine Umwandlung der Darlehen an die SIFEM in Eigenkapital vorgesehen.

Die Finanzkommission hat einstimmig beschlossen, dazu einen Bericht zu verlangen: Der Bundesrat soll erst darlegen, weshalb er diese Umwandlung beantragt. Folgt ihr der Nationalrat und streicht diesen Punkt aus dem Voranschlag, sinken sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben um 374 Millionen Franken.

Weniger ausgeben als der Bundesrat will die Nationalratskommission ausserdem für das Bundesamt für Statistik (minus 11 Millionen Franken) und für das Gleichstellungsbüro (minus 1 Million).

Langes Hin und Her erwartet

Insgesamt will die Finanzkommission die Ausgaben im Voranschlag 2017 um 632 Millionen Franken auf 68.780 Milliarden Franken kürzen. Resultieren würde damit ein Defizit von 361 Millionen Franken. Mit der Kreditsperre auf ungebundene Ausgaben will die Kommission dieses auf 301 Millionen Franken bringen.

Ab nächster Woche ist dann der Ständerat am Drücker. Seine vorberatende Kommission beantragt für das Bundesbudget 2017 zusätzliche Ausgaben in der Höhe von 136 Millionen Franken. Auch dieser Vorschlag ist nicht konform mit den Regeln der Schuldenbremse.

Die Mitglieder der Ständeratskommission sind sich des Problems bewusst. Sie haben angekündigt, in der Wintersession bei den Beratungen im Rat eine Lösung vorzuschlagen. (sda)

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