Im indischen Teil Kaschmirs hat es am Freitag Zusammenstösse hunderter Demonstranten mit der Polizei gegeben. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP vor Ort berichtete, setzten die Beamten in der Stadt Srinagar Tränengas sowie kleinkörnige Munition ein.
Mehrere tausend Demonstranten versammelten sich nach dem Freitagsgebet in Srinagar. Sie warfen mit Steinen und benutzen Latten und Wellblech als improvisierte Schilde. Berichte über mögliche Verletzte lagen zunächst nicht vor.
Auch aus anderen Städten im Kaschmirtal wurden Zusammenstösse gemeldet. Regierungstruppen blockierten Strassen, die meisten Moscheen blieben geschlossen. Vor den Zusammenstössen in Srinagar hatte ein hochrangiger Behördenvertreter mitgeteilt, dass die Telefonleitungen in Kaschmir am Freitagabend nach zwölf Tagen wieder freigegeben werden sollten.
Neu Delhi hatte unlängst den in der indischen Verfassung festgelegten Sonderstatus mit Autonomierechten für den Bundesstaat Jammu und Kaschmir, den indischen Teil Kaschmirs, gestrichen und eine Ausgangssperre in der Region verhängt. Der Bundesstaat soll zudem aufgeteilt und der unmittelbaren Kontrolle Neu Delhis unterstellt werden.
Uno-Sitzung hinter geschlossenen Türen
Der Uno-Sicherheitsrat beriet das erste Mal seit fast 50 Jahren in einer Sondersitzung über den Konflikt. Die Sitzung fand hinter verschlossenen Türen statt. China hatte das Treffen des Sicherheitsrates in Gang gesetzt, nachdem Pakistan das mächtigste Uno-Gremium angesichts den «gefährdeten Weltfriedens» um eine Sitzung gebeten hatte. China gibt Indien die Schuld an den neu aufgeflammten Spannungen in der Kaschmir-Region.
Pakistan begrüsste das Treffen in New York. Die Stimmen der Menschen in Kaschmir seien weltweit gehört worden. Der indische Uno-Botschafter Syed Akbaruddin betonte dagegen, dass es sich um eine interne Angelegenheit handle, die nichts mit den Nachbarstaaten zu tun habe. Indien sei dem Frieden und der Stabilität in der Region verpflichtet.
Telefonat mit Trump
Pakistans Aussenminister Shah Mehmood Qureshi zufolge sprach Regierungschef Khan am Freitag mit US-Präsident Trump. Es habe eine «gute Diskussion» stattgefunden und beide hätten entschieden, «in ständigem Kontakt zu bleiben», sagte Qureshi in Islamabad. Trump hatte Ende Juli bei einem Treffen mit Khan gesagt, Indiens Regierungschef Narendra Modi habe ihn gebeten, im Kaschmir-Konflikt zu vermitteln. Indien wies die Angaben entrüstet zurück.
Indiens Verteidigungsminister Rajnath Singh deutete unterdessen an, dass Neu Delhi seine Selbstverpflichtung für einen Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen aufgeben könnte. «Indien hat sich streng an diese Doktrin gehalten. Was in der Zukunft passiert, kommt auf die Umstände an», schrieb Singh im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Indien hatte sich 1999 dazu verpflichtet, in Konflikten nicht als erste Partei Atomwaffen einzusetzen. Nachbarland China hat sich einem ähnlichen Grundsatz verschrieben, Pakistan nicht.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Modi-Regierung an der «No First Use»-Doktrin kratzt. 2016 hatte der damalige Verteidigungsminister Manohar Parrikar Bedenken gegenüber der Selbstverpflichtung geäussert, 2014 war ihre Überarbeitung Teil des Wahlkampfprogramms von Modis hindu-nationalistischer Partei BJP.
Der wieder aufgeflammte Kaschmir-Konflikt reicht bis zur Unabhängigkeit des ehemaligen Britisch-Indien und der damit einhergehenden Abspaltung Pakistans im August 1947 zurück. Zweimal, 1947 und 1965, führten Indien und Pakistan Kriege um die mehrheitlich muslimische Region. 1949 wurde Kaschmir von der Uno zwischen beiden Staaten aufgeteilt - beide beanspruchen die Region aber weiterhin zur Gänze. (sda/afp/dpa)