Christen glauben, dass Gott Donald Trump mit viel Testosteron ausgestattet hat
Donald Trump liebt schöne Frauen. Der US-Präsident hat nie ein Geheimnis daraus gemacht. Er präsentiert sich als Kavalier, der sich herausnimmt, auch mal einer Frau ungefragt in den Schritt zu greifen. Seine Deals und Eskapaden mit den Schönen dieser Welt scheinen ihn glücklich zu machen – beides ist eng mit seiner Vorstellung von Macht verbunden.
Bei den Misswahlen, die er organisierte, hielt er sich bevorzugt in den Garderoben auf. Schließlich musste er sein Auge schulen. Als Lebemann, Grossmaul und rücksichtsloser Geschäftsmann verletzte er so ziemlich alle Ideale frommer Christen – sollte man zumindest annehmen.
Wie einen Halbgott verehrt
Umso erstaunlicher ist, dass viele Evangelikale ihn wie einen Halbgott verehren. Die Frage drängt sich auf: Wer verbiegt hier mehr die eigenen Überzeugungen? Die Antwort: Beide Seiten – und zwar so stark, dass es knirscht im Gebälk.
Bei Trump ist die Anbiederung bei den Frommen offenes politisches Kalkül. Vor den Wahlen gab er sich als lammfrommer Christ und wetterte gegen Homosexualität und Abtreibung. Damit hatte er die Fundis im Sack. Sie trugen ihn mit ihren Stimmen ins Weisse Haus.
Ihr religiöser Spagat führte sie in Erklärungsnot: Wie macht man aus einem notorischen Sünder einen Heiligen? Für Gläubige kein Problem – sie fragten Gott. Zwar antwortete er nicht in Worten, doch er sandte ihnen angeblich übersinnliche geistige Signale.
Die Botschaft: Gott habe Trump zur Umkehr bewegt, vom Saulus zum Paulus gewandelt. Und so erklärten die frommen Christen ihren Präsidenten kurzerhand zum Gesandten Gottes.
Doch auch als Paulus zeigt Trump kein christliches Verhalten. Zwei Beispiele:
Er lässt mit seinen Schlägertruppen der Einwanderungsbehörde ICE Menschen ohne US-Pass brutal durch die Strassen jagen und festnehmen. Obwohl viele von ihnen seit Jahrzehnten in den USA leben und die Drecksarbeit verrichten, bezeichnet er sie als «Ungeziefer» und «Abschaum».
Rüpelhaftes Verhalten
Außerdem missachtet Trump immer wieder Gesetze, begnadigt Schwerverbrecher und kanzelt Kritiker und Parteifreunde, die ihm widersprechen, auf primitive, ehrverletzende und rüpelhafte Weise ab.
Doch auch für dieses unchristliche Verhalten finden christliche Nationalisten eine religiöse Erklärung: Gott habe Trump mit einer Extraportion Testosteron ausgestattet. Dieses männliche Hormon solle ihm die Kraft verleihen, als Gotteskrieger das Böse zu bekämpfen. Dass dabei seine Gegner seine überschäumende Energie zu spüren bekommen, nehmen die christlichen Nationalisten als Kollateralschaden hin.
Ein paar Stimmen aus dem evangelikalen Spektrum:
Pastor Paul Begley, der auf YouTube gern seine prophetische Gabe zur Schau stellt, spricht regelmässig über Trump. Gott habe ihm die Manneskraft gegeben, um das Böse effizient zu bekämpfen – manchmal fällt in seinen Predigten sogar das Wort Testosteron.
Mark Taylor, Feuerwehrmann und selbsternannter Prophet, schwärmt wörtlich:
Pastor John Shorey erklärte in einem Podcast, Trump habe «die Energie und die Kraft, die wie Testosteron wirkt, um diese enorme Verantwortung zu schultern».
Dunkelheit bekämpfen
Der christliche Influencer Caleb Wakefield sieht Trump als «von Gott aufgeladen mit Stärke, Charisma und – ja – Testosteron, um die Mächte der Dunkelheit zu bekämpfen».
Die Argumentation zeigt die religiöse Verblendung vieler Evangelikaler. Glauben sie tatsächlich, Gott sitze vor einem riesigen Tank voller Testosteron und bediene bei der Geburt eines Jungen persönlich das Hähnchen?
Diese Vorstellung ist tiefster Aberglaube, der an mittelalterliche Verhältnisse erinnert. Künftig könnte jeder Sexualstraftäter argumentieren, er sei schuldlos, weil Gott ihn mit zu viel Testosteron ausgestattet habe.
Christliche Nationalisten streben den Gottesstaat an.
Christliche Nationalisten brauchen ihren «Sünder» Trump mit seinen autokratischen Allüren als Instrument für ihre politischen Ziele. Sie streben einen christlichen Gottesstaat an und wollen in einem ersten Schritt die Religionsfreiheit abschaffen.
Ironie des Schicksals: Gerade christliche Einwanderer hatten einst erfolgreich für diese Freiheit gekämpft, weil sie in Europa und teilweise auch in den USA verfolgt wurden. Nun wittern sie Morgenluft und empfinden die Religionsfreiheit als Hemmnis.
Im nächsten Schritt wollen sie biblische Verhältnisse schaffen und Frauen das Stimm- und Wahlrecht entziehen. Ihr Traum: Christliche Werte und Normen als oberste Richtschnur für Justiz und Politik – sprich eine Verfassung und Gesetze im Sinne biblischer Gebote.
Die Parallelen zu islamistischen Scharia-Forderungen sind unverkennbar.
Tech-Milliardäre sind mit im Boot
Zurzeit marschieren christliche Nationalisten und Tech-Milliardäre in vielen Bereichen in dieselbe Richtung. Gelingt ihnen die Machtübernahme, wird der fragile Burgfrieden wohl zerbrechen. Der Bruderkrieg zwischen den Christen und den Tech-Giganten würde mit hoher Wahrscheinlichkeit von letzteren gewonnen – dank ihres Geldes und ihrer Kontrolle über die künstlichen Intelligenz.
Elon Musk hat mit seiner Säuberungscrew DOGE bereits gezeigt, wie das funktionieren kann: Seine jungen Mitarbeitenden stürmten Ämter, entließen Vorgesetzte und saugten unzählige sensible Daten ab.
Nur die Wählerinnen und Wähler können dieses unheilige Bündnis aus radikalen Christen und Tech-Milliardären stoppen. Ob sie die Gefahr erkannt haben, bleibt fraglich. Die Geschichte kennt viele Fälle, bei denen das Volk trotz Warnungen auf autokratische Populisten hereinfiel. Oder religiöse Führer.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.
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