Nach Ansicht der Anklage ist der 50-Jährige, der vor dem Zuger Obergericht steht, ein gefährlicher Raubmörder, der lebenslang verwahrt gehört. Die Verteidigung beschrieb ihn am Donnerstag hingegen als vergleichsweise harmlosen Mann, der im Koks-Wahn ausgerastet ist.
Das Obergericht befasst sich am Donnerstag und Freitag in zweiter Instanz mit den Vorgängen vom Februar 2009 in einer Zuger Attikawohnung. Das Zuger Strafgericht hatte den Beschuldigten im Oktober 2013 wegen mehrfachen Mordes, Raubes, Brandstiftung und anderer Delikte zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und Verwahrung verurteilt. Beide Parteien legten Berufung ein.
Klar ist: An jenem Februartag betrat der Beschuldigte die Wohnung der vermögenden 54-jährigen Frau, wo auch die 36-jährige Haushalthilfe anwesend war. Als er ging, lagen beide Frauen tot und gefesselt am Boden, ein Feuer brannte, verlöschte bald von selbst - und einige Wertsachen fehlten. Einige Wochen später wurde der Mann verhaftet; er sitzt seither in Haft.
Gemäss Staatsanwältin Gabriela Alther war der Beschuldigte mit Raubabsichten gekommen. Die Mieterin liess ihn ein, da sie ihn als Handwerker kannte. Der Schweizer strangulierte die Haushaltshilfe mit einem kräftig um den Hals gezurrten Wäschestück und tötete auch die Wohnungsmieterin.
Dann steckte er einiges an Wertgegenständen und mehrere Kreditkarten ein, legte ein Feuer um die Spuren zu verwischen, und verliess die Wohnung.
Die Anklägerin bekräftigte ihre Forderung nach lebenslänglicher Verwahrung, bei der im Unterschied zur herkömmlichen nicht regelmässig überprüft wird, ob sie noch gerechtfertigt ist. Für die laut zwei Gutachtern dissoziale Persönlichkeitsstörung des mehrfach vorbestraften Beschuldigten gebe es keine Therapiemöglichkeiten. Die Wiederholungsgefahr sei hoch.
Keine Raubabsichten
Von Raubabsichten könne keine Rede sein, konterte der Verteidiger, der nach dem erstinstanzlichen Urteil eingewechselt worden war und seinem Vorgänger kräftig an den Karren fuhr. Sein Mandant sei in die Wohnung der 54-Jährigen gekommen, um im Gespräch seine Affäre mit ihr zu beenden. Sie habe einen epileptischen Anfall erlitten und sei daran auch gestorben.
Als die Haushälterin erschrocken geschrien habe, sei er in Panik geraten und habe sie mit dem nächstbesten Gegenstand - eben dem Wäschestück - stranguliert. Dabei habe er in einer Kokain-Psychose gehandelt. Das sei zwar eine Tötung, räumte er ein, aber kein Mord.
Nachher habe er wirr und unlogisch gehandelt, als er das Ganze als Raub habe wirken lassen wollen. Das Mitlaufen-Lassen von einigen Wertgegenständen sei bloss als Diebstahl zu werten. Anwalt Daniel U. Walder forderte einen Freispruch von den Anklagepunkten mehrfacher Mord und Raub. Eine Freiheitsstrafe «deutlich unter zehn Jahren» sei angemessen. Auf eine Verwahrung sei zu verzichten.
Rückweisungsantrag
Der Verteidiger kritisierte die Untersuchungsbehörden als voreingenommen. Von Anfang an habe man seinen Mandanten «zum Doppelmörder stilisiert». Er beantragte Rückweisung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Allenfalls müsste man das Ganze an die Staatsanwaltschaft zurückweisen mit dem Auftrag, alles neu aufzurollen - diesen Entscheid überlasse er dem Gericht.
Die Verhandlung vor dem Obergericht wird am Freitag fortgesetzt. Ob das Urteil noch am selben Tag eröffnet wird, ist unklar. (sda)