Die EU-Kritiker haben gewonnen: Grossbritannien will die EU verlassen. Mit 1.2 Millionen Stimmen Vorsprung haben die Brexit-Befürworter das EU-Referendum für sich entschieden. Gemäss BBC stimmten 51.9 Prozent für «leave».
Damit steht das Vereinigte Königreich vor einem Austritt aus der Europäischen Union. Die EU-Gegner siegten mit über 1.2 Millionen Stimmen Vorsprung. Der Ja-Anteil lag bei 51.9 Prozent, wie die BBC berichtete.
Das Referendum hat die politische Spaltung des Landes sichtbar gemacht. Während die Schotten im Norden der Insel mit sehr grosser Mehrheit für den EU-Verbleib stimmten, entschieden die Wähler in England und Wales sich in den meisten Regionen klar für den Brexit. Eine klare Ausnahme bildete grössere Städte. London, die Hauptstadt, stimmte deutlich für den EU-Verbleib.
In Schottland werden daher bereits wieder Forderungen nach einer Unabhängigkeit von Grossbritannien laut. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon sagte am frühen Morgen, das Ergebnis «zeige, dass das schottische Volk seine Zukunft als Teil der Europäischen Union sieht».
Dominoeffekt?
Eine der Fragen, die sich heute stellt, ist diejenige nach dem Dominoeffekt: Wird der Brexit zum Vorbild für weitere EU-Länder? In den Niederlanden fordert der Chef der rechtspopulistischen niederländischen Partei für die Freiheit, Geert Wilders, auch in seinem Land ein EU-Referendum.
Auch die Chefin von Frankreichs rechtsextremer Front National, Marine Le Pen, fordert weitere Abstimmungen in den EU-Mitgliedsstaaten. «Sieg der Freiheit!», schrieb Le Pen auf Twitter. «Wie ich es seit Jahren fordere, brauchen wir jetzt dasselbe Referendum in Frankreich und in den Ländern der EU.»
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz geht jedoch nicht davon aus: «Die Kettenreaktion wird es nicht geben», sagte Schulz am Freitag im «Morgenmagazin» des ZDF. Zur Begründung verwies er unter anderem auf die negativen Reaktionen von Wirtschaft und Börse auf die Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der EU. «Ich glaube nicht, dass andere Länder dadurch ermutigt werden, diesen gefährlichen Weg zu gehen», sagte Schulz.
Pfund stürzt ab
Am Devisenmarkt stürzte das Pfund Sterling am Freitag um mehr als zehn Prozent auf 1.3304 Dollar ein - das war der tiefste Stand seit September 1985. Der Sieg der Brexit-Befürworter hat auch den Euro einbrechen lassen: Der Euro brach auf 1.0914 Dollar ein - der grösste Kursrückgang in der Geschichte der Gemeinschaftswährung.
Seit dem frühen Morgen kostete Euro meist leicht weniger als 1.07 Franken. Die Schweizer Währung kletterte damit auf den höchsten Stand seit August 2015. Auch der japanische Yen hat nach dem Brexit-Votum massiv an Wert gewonnen. Anleger flüchteten in die als sicherer Hafen geltende japanische Währung, hiess es aus dem Handel.
Das Votum in Grossbritannien hat auch die Kurse der britischen Banken einbrechen lassen. An der Börse in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong, wo einige der Finanzwerte gehandelt werden, ging es am Freitag prozentual zweistellig abwärts.
Auch an den Börsen in Ostasien und Australien kam es zur Talfahrt. Nach einem Auf und Ab am Morgen, notierte der Nikkei-Index in Tokio gegen Mittag Ortszeit rund 3 Prozent niedriger bei 15'742 Punkten. Der südkoreanischen Kospi gab bis zum Mittag ebenfalls kräftig nach und notierte bei 1925 Punkten ebenfalls rund 3 Prozent schwächer.
Premier Cameron als Verlierer
Premierminister David Cameron hat für einen Verbleib in der EU geworben, nachdem er in Brüssel Sonderregelungen für die Briten ausgehandelt hatte. Sein Hauptkontrahent in dem hitzigen Wahlkampf war der Londoner Ex-Bürgermeister Boris Johnson. Sein Lager propagierte eine Abkehr von der EU mit der Warnung vor einer ungebremsten Einwanderung von Ausländern.
Die EU-Anhänger um Cameron konterten mit dem Schreckensbild einer Rezession und einem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen. Ein Brexit könnte Auswirkungen weit über die Grenzen Grossbritanniens hinaus haben. (sda/reu)