Spanien: Nach Regionalwahl in Katalonien noch härtere Grabenkämpfe absehbar

Spanien: Nach Regionalwahl in Katalonien noch härtere Grabenkämpfe absehbar

28.09.2015, 06:08

Nach dem Sieg der Unabhängigkeitsbefürworter bei der Regionalwahl in Katalonien hat die linksradikale CUP zu zivilem Ungehorsam gegenüber der spanischen Zentralregierung aufgerufen. Der Wahlausgang habe Kataloniens «Souveränität» deutlich gemacht.

Das sagte CUP-Chef Antonio Baños am Sonntag vor Anhängern in Barcelona. «Ab morgen kann und sollte das Gesetz von den Katalanen missachtet werden», fügte er mit Blick auf Vorgaben aus Madrid hinzu. Dies betreffe «ungerechte Gesetze». «Heute wurde die Republik geboren», beschwor Baños ein unabhängiges Katalonien.

Die CUP errang nach Auszählung von 97 Prozent aller Stimmen bei der Wahl am Sonntag zehn der 135 Sitze im katalanischen Regionalparlament. Das Bündnis Zusammen für das Ja kam auf 62 Sitze, so dass die Unabhängigkeitsbefürworter die absolute Mehrheit im Parlament haben. Ihr prozentuale Stimmenanteil lag den Angaben zufolge bei 47.8 Prozent der Stimmen, die Wahlbeteiligung lag bei 77 Prozent.

Regionalpräsident Artur Mas kündigte die Fortsetzung seines Unabhängigkeitskurses an. Auf Barcelonas Strassen feierten zahlreiche Befürworter der Unabhängigkeit. «Das ist genial, unbeschreiblich, überwältigend», sagte der 18-jährige Publizistik-Student Arnau Font.

Vor Mas' Bündnis und der CUP dürften allerdings noch schwierige Koalitionsverhandlungen liegen, da die CUP die Sparpolitik des konservativen Regionalpräsidenten ablehnt. Auch über die Strategie zur Erlangung der Unabhängigkeit könnte es Streit geben.

Gegen die Unabhängigkeit gestimmt

Die in Madrid regierende konservative Volkspartei (PP) sprach den Unabhängigkeitsbefürwortern den Sieg allerdings ab. Die «Mehrheit der Katalanen» habe gegen eine Unabhängigkeit gestimmt, erklärte PP-Sprecher Pablo Casado mit Blick auf den Stimmenanteil der Befürworter von unter 50 Prozent. «Wir werden die Einheit Spaniens weiter verteidigen», fügte er hinzu.

«Diejenigen, die nach Sitzen gewonnen haben, haben nicht nach Stimmen gewonnen, also haben sie das Plebiszit verloren», sagte auch der Chef der katalanischen Sozialisten, Pedro Sánchez, die 16 Sitze errangen. Seine Partei setzt sich für mehr Autonomie ein, lehnt eine Unabhängigkeit Kataloniens aber ab.

16 Prozent der Gesamtbevölkerung

Die autonome Region mit 7.5 Millionen Einwohnern ist stolz auf ihre eigene Sprache und Kultur und sieht sich von der Zentralregierung in Madrid gegängelt und wirtschaftlich ausgenutzt. Die spanische Regierung hatte im Vorfeld gewarnt, eine Abspaltung Kataloniens von Spanien sei nicht nur verfassungswidrig, sondern würde auch den Verlust der EU-Mitgliedschaft und des Euro für Katalonien bedeuten. Ferner sei die Auszahlung der Renten in Gefahr.

Auf Katalonien, dessen Einwohner etwa 16 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, entfällt etwa ein Fünftel der spanischen Wirtschaftsleistung und rund ein Viertel der Exporte. Besonders laut wurden die Rufe nach staatlicher Souveränität im Zuge der Finanzkrise und der im Jahr 2008 geplatzten Immobilienblase in Spanien. Im November 2014 verhinderte die Zentralregierung ein Unabhängigkeitsreferendum per Klage vor dem Verfassungsgericht. (sda/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!