Chinas Ministerpräsident Li Keqiang und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wollen einen Handelskrieg zwischen China und der EU vermeiden. Bis Jahresende soll eine Lösung im Streit um die Einstufung Chinas als Marktwirtschaft gefunden werden.
Dies forderten beide am Montag bei den vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Peking. «Wir wollen keinen Handelskrieg, weil dies für keinen von Vorteil wäre», sagte Li auf einer Medienkonferenz. Während er allerdings betonte, sein Land habe bereits alle Bedingungen erfüllt, mahnte Merkel erneut chinesische Massnahmen gegen die Überkapazitäten für Stahl an.
Der sich anbahnende Streit zwischen der EU und China überschattete die bilateralen Regierungskonsultationen, zu denen Merkel mit sechs Ministern und einer Wirtschaftsdelegation nach Peking geflogen war. Bei den Konsultationen wurden 24 Vereinbarungen geschlossen, darunter Wirtschaftsabkommen mit einem Wert von 2.73 Milliarden Euro. In einer elfseitigen Erklärung wird auf einer Reihe von Feldern eine intensivere Zusammenarbeit festgelegt.
Li: Kein Zusammenhang mit Stahlexporten
Bei Chinas Betritt zur Welthandelsorganisation WTO 2001 war eine 15-jährige Übergangsfrist festgelegt worden, die Ende 2016 endet. China pocht deshalb darauf, von der EU dann als Marktwirtschaft eingestuft zu werden. Danach dürfte die Verhängung etwa von Schutzzöllen gegen das Land schwieriger werden, weshalb die Regierung in Peking an dieser EU-Zusage interessiert ist.
Einige EU-Regierungen lehnen aber aus gleichem Grund die Zubilligung des Status ab. Es wird befürchtet, dass China Sanktionen gegen Firmen in der EU verhängen könnte, wenn es nicht als Marktwirtschaft anerkannt wird.
«Wir haben unsere Verpflichtungen erfüllt, nun sind andere dran», sagte Li. Er bestritt einen Zusammenhang zwischen dem Marktwirtschaftsstatus und der chinesischen Stahlproduktion. Man dürfe nicht nur das Volumen, sondern müsse auch den Wert der jeweiligen Stahlimporte und -exporte auf den Weltmärkten sehen.
«Es tut uns nicht gut, das Ganze zu sehr zu emotionalisieren», warnte Merkel. Eine Lösung könnte Regierungskreisen zufolge so aussehen, dass China zwar den Marktwirtschaftsstatus erhält, aber eine ganze Reihe von Sektoren aufgeführt wird, in denen China noch Hausaufgaben machen muss.
Zusammenarbeit in Drittländern
Zugleich bekräftigte sie, dass Deutschland offen als Investitionsstandort auch für chinesische Firmen sei. Man erwarte aber, dass China im Gegenzug ausländische Unternehmen in China gleich behandle und die Wirtschaft weiter liberalisiere.
«Ein qualitativer neuer Ansatz ist, dass wir auch in einer Vielzahl von Drittlandprojekten aktiv sind», sagte Merkel mit Hinweis auf mehrere Vertragsabschlüsse wie den gemeinsamen Aufbau einer Bergbauausbildung und eines Katastrophenschutzes in Afghanistan.
Vorgesehen sind auch deutsch-chinesische Entwicklungshilfeprojekte in Afrika. Siemens möchte zudem zusammen mit chinesischen Partnern Infrastrukturprojekte in Asien bauen. «Das ist eine Dimension, die es bisher so nicht gab und die durchaus eine grosse Zukunft hat», sagte Merkel.
In der Debatte um den Kauf deutscher Hochtechnologie durch chinesische Firmen plädierte Merkel für eine Gleichbehandlung deutscher Unternehmen in China und eine weitere Öffnung des Marktes. «Wir erwarten Reziprozität auch auf der chinesischen Seite», sagte die Kanzlerin zur Übernahme des deutschen Roboterbauers Kuka.
Sie betonte auch die Bedeutung eines sicheres Rechtsumfelds in China. Deshalb sei Deutschland der Rechtsstaats- und Menschenrechtsdialog mit China sehr wichtig. Wenn es Probleme für die Arbeit von Handelskammern, politischen Stiftungen oder Wissenschaftsorganisationen durch das neue Gesetz für Nichtregierungsorganisationen in China gebe, werde man dies eng mit Peking besprechen. (sda/reu/dpa)