Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat rasche Gesetzesänderungen angekündigt, um den Flüchtlingen in Deutschland besser helfen zu können. Bei ihrem Besuch im sächsischen Heidenau sagte sie, für Fremdenfeinde gebe es keine Toleranz.
Merkel distanzierte sie sich klar von den fremdenfeindlichen Protesten in den vergangenen Tagen: «Es gibt keine Toleranz für die, die die Würde anderer Menschen infrage stellen und die nicht bereit sind, zu helfen, wo rechtlich und menschlich Hilfe geboten ist», betonte Merkel nach dem Besuch einer Flüchtlingsunterkunft im ostdeutschen Heidenau.
Merkel bekundete ihre Solidarität mit den Unterstützern der Flüchtlinge und «denjenigen, die den Hass aushalten müssen». Noch im September würden Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, mit denen Deutschland den Flüchtlingen besser helfen könne, versprach sie zudem. Ihre Aussagen wurden von «Pfui»-Rufen und Pfiffen begleitet.
Organisierte Pöbeleien
Bereits bei der Ankunft der Kanzlerin gab es in Heidenau auch «Buh»-Rufe von Zuschauern. Aus einer Gruppe von einigen Dutzend schallte der Ruf: «Wir sind das Pack.» Als «Pack» hatte am Montag SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einem Besuch in Heidenau diejenigen bezeichnet, die in den vergangenen Tagen gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte randaliert hatten.
Vor Heidenaus Flüchtlingsunterkunft fuhren am Mittag zahlreiche Autofahrer mit ihren Wagen hupend vorbei. Mehrere hundert Menschen begrüssten jedes einzelne Auto laut rufend und mit Beifall. In sozialen Netzwerken hatten rechte Gruppen zu der Aktion aufgerufen.
Mehrere Demonstranten beschimpften die vielen Medienleute mit Sprechchören: «Lügenpresse, Lügenpresse.» Bei Merkels Ankunft wurde «Volksverräter, Volksverräter» gerufen.
Rechtsextremisten und Rassisten hatten in der Kleinstadt bei Dresden Asylbewerber bedroht und Polizisten angegriffen. Merkel war vorgeworfen worden, zu lange zu den Ausschreitungen geschwiegen zu haben. Sie wurde vor Ort von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Bürgermeister Jürgen Opitz begleitet.
Deutliche Worte von Gauck
Auch Bundespräsident Joachim Gauck setzte am Mittwoch ein Zeichen gegen Fremdenhass und besuchte ein Flüchtlingsheim in Berlin. Das Staatsoberhaupt nannte Rechtsextremisten und Ausländerfeinde Hetzer, die das weltoffene Bild Deutschlands beschädigten.
Er lobte das «leuchtende» Beispiel der freiwilligen Helfer in Deutschland. Zugleich kritisierte er die Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Heime als «Dunkeldeutschland».
Gauck warb auch um Verständnis für die Behörden: «Wir können ein Landes- oder Bundesamt, das plötzlich überrollt wird von einem Massenansturm, nicht nur tadeln.» Man müsse Geduld haben. An die Flüchtlinge gerichtet sagte er: «Es darf auch keine Anspruchshaltung entstehen.»
Deutschland sei in der Lage, die vielen hunderttausend Menschen aufzunehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien es in der damals bettelarmen und zerstörten Bundesrepublik Millionen gewesen.
Nach offizieller Prognose kommen in diesem Jahr bis zu 800 000 Flüchtlinge nach Deutschland. Das wären etwa viermal so viele Menschen wie im Vorjahr. Zur Versorgung der Flüchtlinge stellt der deutsche Staat weitere 500 Millionen Euro bereit. (sda/dpa/afp)