Portugal, Lettland und die Slowakei bewerben sich um den Eurogruppen-Vorsitz. Portugals Finanzminister Mario Centeno, sein slowakischer Kollege Peter Kazimir und die lettische Ressortchefin Dana Reizniece-Ozola haben laut EU-Vertretern ihre Kandidatur eingereicht.
Als Favorit gilt derzeit Centeno, wie EU-Vertreter am Donnerstag sagten. Die Entscheidung soll am Montag beim Treffen der Gruppe der Finanzminister aus der Eurozone in Brüssel fallen. Die Amtszeit des derzeit Vorsitzenden, des niederländischen Finanzministers Jeroen Dijsselbloem, endet am 13. Januar.
Dijsselbloem muss den Posten räumen, weil seine sozialdemokratische Partei nicht mehr der Regierungskoalition in Den Haag angehört und der Vorsitz der Eurogruppe traditionell von einem amtierenden Finanzminister ausgeübt wird.
Es gibt im Zuge der EU-Reformen aber auch Überlegungen, einen hauptamtlichen Chefposten für das Gremium zu schaffen. Der Eurogruppen-Chef organisiert die regulär einmal im Monat stattfindenden Beratungen der 19 Euro-Finanzminister und lotet Kompromisse in Streitfragen aus. Der Posten wird von dem Gremium mit einfacher Mehrheit für zweieinhalb Jahre vergeben.
Gute Chancen für Sozialdemokraten
Hinter Centeno habe sich bereits die italienische Regierung gestellt, hiess es in Regierungskreisen in Rom. Auch in hochrangigen Kreisen der deutschen SPD verlautete, Centeno sei «ein guter Kandidat». SPD-Chef Martin Schulz habe in den vergangenen Tagen mit verschiedenen EU-Regierungschefs über das Thema gesprochen.
Wie Kazimir gehört Centeno zur sozialdemokratischen Parteienfamilie in Europa, was die Chancen beider Kandidaten erhöhen dürfte, da die Präsidenten von EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament alle aus der konservativen Europäischen Volkspartei kommen.
Gewöhnlich werden die Spitzenposten in Brüssel aber im Einklang mit den Machtverhältnissen der Parteien in Europa verteilt. Am Wochenende ist ein Spitzentreffen der europäischen Sozialdemokraten in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon angesetzt.
Weg aus der Schuldenkrise
Centeno wirkte daran mit, Portugal aus der tiefen Schuldenkrise zwischen 2011 und 2014 zu führen. Seit 2015 ist er Finanzminister. Er hat zwar einige Sparmassnahmen zurückgenommen, zugleich aber auf die Einhaltung der EU-Vorgaben im portugiesischen Haushalt gepocht. Die Wirtschaft des Landes ist in diesem Jahr so stark gewachsen wie seit zehn Jahren nicht mehr.
Die Partei von Reizniece-Ozola zählt sich eher zum EVP-Flügel. Die 36-jährige Lettin hatte sich 2014 allerdings gegen den Beitritt ihres Landes zum Euro ausgesprochen.
Kazimir hat in der Slowakei strenge Haushaltsregeln durchgesetzt und war während der Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland 2015 einer der schärfsten Kritiker der Regierung in Athen.
Als möglicher Kandidat für den Eurogruppen-Vorsitz galt auch der französische Finanzminister Bruno Le Maire. Er hatte zuletzt aber erklärt, dass er genug mit den Reformen in seinem eigenen Land zu tun habe. Auch dem spanischen Ressortchef Luis de Guindos war Interesse nachgesagt worden. Er gilt aber mittlerweile als Aspirant für die Nachfolge des Portugiesen Vitor Constancio als EZB-Vizepräsident, dessen Amtszeit Ende Mai 2018 ausläuft. (sda/reu)