Syrien: Syrische Oppositionsdelegation in Genf zu Gesprächen eingetroffen

Syrien: Syrische Oppositionsdelegation in Genf zu Gesprächen eingetroffen

30.01.2016, 20:48

Die wichtigste syrische Oppositionsgruppe bei den UNO-Friedensgesprächen ist in Genf eingetroffen. Sie liess offen, ob sie sich auf Verhandlungen mit der syrischen Regierung einlässt. Kurdische Vertreter reisten ab, weil sie keine Gesprächs-Einladung bekommen hatten.

Zunächst müssten humanitäre Fragen geklärt werden, sagte der Hohe Verhandlungsrat (HNC) der syrischen Opposition. Dazu gehöre, dass die willkürlichen Angriffe der Regierung und Russlands auf Spitäler, Märkte und Schulen gestoppt würden.

Der UNO-Sondergesandte Staffan de Mistura hatte am Freitag trotz Widerstands der Opposition erste Gespräche mit Vertretern der syrischen Regierungsdelegation aufgenommen.

Die von Saudi-Arabien unterstützte Opposition warf de Mistura Parteilichkeit vor. Der Chef des wichtigsten syrischen Oppositionsbündnisses, Chaled Chudscha, sagte der arabischen Zeitung «Al-Sharq al-Awsat», De Mistura habe sich die «iranische Agenda» zu eigen gemacht. Iran ist neben Russland der wichtigste Verbündete des syrischen Regimes und setzt Kämpfer im Bürgerkriegsland ein.

«Diskussionen, nicht Verhandlungen»

Der HNC hatte seine Teilnahme an dem Genfer Treffen erst im letzten Moment bestätigt und für Samstagabend sein Eintreffen in Genf angekündigt. Ein HNC-Sprecher sagte, eine Delegation des Bündnisses werde wahrscheinlich am Sonntag mit de Mistura zusammentreffen.

Im Kurzbotschaftendienst Twitter verkündete die Allianz, sie beteilige sich in Genf an «Diskussionen, nicht Verhandlungen». Das Bündnis hatte zuvor tagelang in Riad über eine Teilnahme an den Genfer Gesprächen beraten.

«Wir kommen nach Genf, um auszuloten, wie ernst die internationale Gemeinschaft ihre Versprechen nimmt, und wie ernst es das Regime mit der Erfüllung seiner humanitären Verpflichtungen meint», sagte Oppositionssprecher Rijad Naasan Agha der Nachrichtenagentur Reuters. Insbesondere müssten Hilfskonvois auch in die von Rebellen gehaltenen Gebiete durchgelassen werden, wo die Menschen in Not seien.

Weitere Menschen in Madaja verhungert

Der Organisation «Ärzte ohne Grenzen» zufolge sind in der von Regierungstruppen belagerten Stadt Madaja auch nach Eintreffen der ersten Hilfslieferungen in diesem Monat noch 16 Menschen verhungert. Insgesamt waren es demnach seit Dezember 46. Dutzende seien vom Hungertod bedroht.

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich erleichtert über den Beginn der Verhandlungen und sprach von einem ermutigenden Signal. Er habe viel Verständnis für die Sorgen der Opposition, die fürchte, dass sie in langwierige Verhandlungen ohne echte Fortschritte verwickelt werde, während in Syrien die Menschen weiter litten.

Auch der russische Vize-Aussenminister Gennadi Gatilow begrüsste die Teilnahme der Opposition. Zunächst gehe es sowieso nicht um direkte Verhandlungen der Kriegsparteien, sondern um Einzelgespräche mit dem UNO-Vermittler. Vorbedingungen dürfe es jedoch nicht geben.

Indirekte Gespräche

Die Genfer Gespräche sollen indirekt geführt werden - das heisst, die Delegationen befinden sich in getrennten Sälen, UNO-Vermittler pendeln zwischen ihnen hin und her.

Grundlage des Dialoges ist eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates vom 18. Dezember. Diese sieht einen Zeitplan zur Beendigung des Konflikts mit einem Waffenstillstand, der Bildung einer Übergangsregierung innerhalb von sechs Monaten, der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und Wahlen innerhalb von 18 Monaten vor. Die letzten Syrien-Gespräche waren im Februar 2014 ergebnislos zu Ende gegangen.

Monatelange Gespräche geplant

Für die Friedensgespräche sind nach UNO-Vorstellungen sechs Monate eingeplant. Die erste Phase dürfte nach Einschätzung de Misturas zwei bis drei Wochen dauern und soll einen «echten Waffenstillstand» zum Ziel haben.

Anschliessend soll eine politische Gesamtlösung erarbeitet werden, um den Krieg zu beenden, der bislang mindestens 250'000 Menschen das Leben gekostet und mehr als zehn Millionen aus ihrer Heimat vertrieben hat. (sda/afp)

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