US-Präsident Barack Obama hat die kommunistische Führung Vietnams zu einer verstärkten Beachtung der Menschenrechte aufgerufen. Die Einhaltung von Menschenrechten sei «keine Bedrohung der Stabilität».
Dies sagte Obama am Dienstag bei einer Rede in Hanoi, der auch führende Vertreter der regierenden Kommunistischen Partei beiwohnten.
Vietnam habe Meinungs- und Versammlungsfreiheit und das Recht auf Demonstrationen in seiner eigenen Verfassung verankert. «Wir, die Regierungen, müssen diese Prinzipien auch anwenden», verlangte er.
«Wenn es Meinungsfreiheit gibt, befeuert das Innovation», sagte Obama. In Vietnam ist es untersagt, den alleinigen Machtanspruch der Partei in Frage zustellen. Zahlreiche Dissidenten sind in Haft und die Medien werden kontrolliert.
Treffen mit Dissidenten
Obama traf sich von den Sicherheitskräften streng überwacht in Hanoi mit sechs Regimekritikern. Andere seien von der Teilnahme abgehalten worden, sagte Obama.
An Obamas Auftritt in Hanoi nahm die Popsängerin Mai Khoi teil, die auch «Vietnams Lady Gaga» genannt wird. Mai Khoi wurde kürzlich daran gehindert, bei Parlamentswahlen als unabhängige Kandidatin anzutreten. Die Popsängerin sagte, sie habe Obama aufgefordert, die Beziehungen zu Vietnam zu nutzen, um «spürbare Verbesserungen» herbeizuführen.
Der langjährige Dissident Nguyen Quang A sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei während des Obama-Besuchs von Sicherheitsbeamten in einen Wagen gezwungen und erst wieder freigelassen worden, als der US-Präsident bereits in die südvietnamesische Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt weitergereist sei.
Seitenhieb auf China
In seiner Rede vor den Studenten gab es auch eine Art Seitenhieb auf China, obwohl Obama den mächtigen Nachbarn nicht beim Namen nannte. «Grosse Länder sollten kleinere nicht schikanieren», sagte Obama unter dem Stichwort Südchinesisches Meer. «Streitigkeiten sollten friedlich gelöst werden.»
China beansprucht 80 Prozent des rohstoffreichen Seegebiets, auch Regionen direkt vor der Küste Vietnams. Vietnam protestiert heftig dagegen. Die USA erheben keine eigenen Territorialansprüche, pochen aber darauf, dass China dort keine exklusiven Zonen beanspruchen kann, sondern dass es sich um internationale Gewässer mit Zugang für alle handelt.
Erinnerung an Vietnam-Krieg
Obama erinnerte in seiner Rede an die fortbestehenden Schatten des Vietnam-Krieges und die Schmerzen, die damit für Millionen Vietnamesen sowie für die Hinterbliebenen der fast 60'000 getöteten US-Soldaten verbunden seien.
Die USA haben sich unter Obama stärker Asien zugewandt, um den Handel auszubauen und ihre Verbündeten im Konkurrenzkampf mit China zu stärken. Während des Obama-Besuchs wurden Handelsverträge abgeschlossen.
Obama ist nach Bill Clinton und George W. Bush der dritte amtierende US-Präsident, der nach dem Ende des Vietnam-Krieges 1975 das Land besucht. Zu Beginn seines Besuchs verkündete Obama am Montag die vollständige Aufhebung des Waffenembargos gegen Vietnam.
Obama flog am Dienstag in den Süden nach Ho-Chi-Minh-Stad weiter. Dort waren unter anderem Treffen mit Unternehmern geplant. Er reist am Mittwoch zum G7-Gipfel nach Japan weiter. (sda/afp/dpa)