Fujimoris überraschende Begnadigung löst Proteste in Lima aus

Fujimoris überraschende Begnadigung löst Proteste in Lima aus

25.12.2017, 14:12

Der zu 25 Jahren Haft verurteilte frühere Präsident Perus, Alberto Fujimori, ist an Weihnachten überraschend von Staatschef Pedro Pablo Kuczynski begnadigt worden. Viele vermuten einen «Deal» mit der Opposition. In Lima wurde protestiert.

In der peruanischen Hauptstadt kam es trotz Weihnachten umgehend zu Protesten auf den Strassen. Im Internet entlud sich Zorn über den wie Fujimori 79 Jahre alten Sohn eines vor den Nazis nach Peru geflüchteten deutschen Tropenarztes. Denn die Begnadigung kommt zu einem brisanten Zeitpunkt, von einem «Deal» ist die Rede.

Mehre Abgeordnete drohten mit dem Verlassen der Regierungskoalition. Noch vor wenigen Tagen demonstrierten die Menschen für Kuczynski, da er auf Betreiben der stärksten Oppositionspartei, der von Fujimoris Tochter Keiko geführten Fuerza Popular (FP) des Amtes enthoben werden sollte. Die Rechtspopulistin hatte die Stichwahl 2016 gegen den liberalen Kuczynski knapp verloren, der nach seinen Initialen «PPK» genannt wird. Dieser warnte eindringlich vor einem Putsch gegen die Demokratie.

«Aus humanitären Gründen»

Fujimori war 2007 unter anderem als Mitverantwortlicher für 25 Morde und zwei Entführungen während seiner Amtszeit (1990 bis 2000) zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. Die Begnadigung erfolge aus «humanitären Gründen», teilte die Präsidialkanzlei mit. Der Ex-Präsident gilt als herzkrank. Er war am Samstag ins Spital gebracht worden.

Der Sohn von nach Peru emigrierten japanischen Eltern machte sich laut Justiz schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig, auch Korruption wurde ihm zur Last gelegt. Er liess Sicherheitskräfte rigoros gegen linke und angebliche subversive Kräfte vorgehen, das Parlament wurde entmachtet.

Tausende Frauen zwangssterilisiert

In der Zeit sah sich der Staat durch die Terrororganisation Leuchtender Pfad (Sendero Luminoso) existenziell bedroht. Zudem wurden Zehntausende indigene Frauen zwangssterilisiert, um ihre Kinderzahl zu reduzieren, sie wurden als Entwicklungshemmnis für Peru gesehen.

Dem derzeitigen Präsidenten Kuczynski wurde eine Verwicklung in den Korruptionsskandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht vorgeworfen. Seine Beratungsfirma Westfield Capital soll von 2004 bis 2006 Zahlungen in Höhe von 782'000 US-Dollar von Odebrecht erhalten haben, als er Minister im Kabinett von Präsident Alejandro Toledo war.

Er und Odebrecht betonten die Rechtmässigkeit, es sei um konkrete Leistungen und nicht um Schmiergeld gegangen. Zudem sagte Kuczynski, dass er damals gar nicht für die Firma verantwortlich gewesen sei.

Absetzung Kuczynskis galt als sicher

Die Absetzung Kuczynskis galt eigentlich als sicher. Dann stimmten plötzlich nur 78 Abgeordnete am Donnerstagabend nach 14-stündiger Debatte dafür - das waren neun Stimmen weniger als benötigt. Zur Schlüsselfigur wurde ein anderes Kind des inhaftierten Fujimori.

Sohn Kenji steht seinem Vater wesentlich näher als die FP-Chefin Keiko. Er und neun weitere Abgeordnete der Fujimori-Partei enthielten sich - anders als erwartet. Angeblich soll im Gegenzug die Freilassung des Vaters zugesichert worden sein.

Fujimori hat aber auch weiterhin viele Anhänger. Diese halten ihm zugute, dass er während seiner Amtszeit die Guerillaorganisation Leuchtender Pfad bezwang, die zunehmend die Unterstützung der Bevölkerung verloren hatte. In Konflikten mit den Rebellen waren rund 70'000 Menschen getötet worden. Zudem hatte Fujimori eine Wirtschaftskrise im Land beenden können.

Kuczynski kann nun seine Amtszeit bis 2021 weiterführen. Er studierte unter anderem in Princeton und Oxford, in den 1960er Jahren war er auch für die Weltbank tätig. «PPK» setzt stark auf Freihandel und Öffnung, gerade mit Europa und dem pazifischen Raum. Mitte Januar 2018 wird Papst Franziskus in Peru erwartet. (sda/dpa/reu/afp)

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