Eine Berner Einzelrichterin hat am Mittwoch sechs Berner Polizisten vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Sie waren nach einer turbulent verlaufenen Personenkontrolle angeklagt worden.
Die Polizisten wollten im September 2011 auf der Wache des Berner Hauptbahnhofs einen Türken kontrollieren, der verdächtigt wurde, ohne Billett Zug gefahren zu sein. Als der Türke der Aufforderung nicht nachkam, das Telefonieren zu unterlassen, griff ein Polizist ein. In der Folge kam es zu einem Handgemenge.
Der Türke war danach dermassen aggressiv, dass die Polizei-Sondereinheit «Enzian» aufgeboten wurde und den Mann mit einer Elektroschockpistole («Taser») beschoss. Danach konnte er mit einer Spritze beruhigt und ins Spital gebracht werden. Verletzungen trug er wegen des Taser-Einsatzes aber nicht davon.
Posttraumatische Störung
Nach den Worten der Richterin handelte es sich bei diesem Vorfall einfach um eine für alle Seiten unglücklich verlaufene Situation: Der Türke leidet wegen in seiner Heimat erlittenen Gewalt unter einer posttraumatischen Störung und hat Angst vor Uniformen. Er befindet sich seit langem in psychiatrischer Behandlung.
Der Mann glaubte deshalb irrtümlicherweise, sich gegen die Polizisten wehren zu müssen. Deshalb wurde er als Folge einer sogenannten Putativnotwehr vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Beamte und versuchter einfacher Körperverletzung freigesprochen. Der Mann sagte vor Gericht selber, bei der Personenkontrolle seien plötzlich die Bilder aus der Türkei wieder hochgekommen.
Die Polizisten wurden vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der einfachen Körperverletzung freigesprochen, weil sie verhältnismässig gehandelt und keine übermässige Gewalt angewendet hätten. Auch den Taser einzusetzen, sei rechtmässig gewesen, denn der Türke habe sich mit einer Plexiglasscherbe aus der Zellenbeleuchtung bewaffnet. (sda)